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Conviva Ludibundus

Conviva Ludibundus

Titel: Conviva Ludibundus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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ab, ich gehöre eigentlich nicht dazu. Der Beruf dieser Kapitäne brachte es mit sich, sehr lange sitzen zu müssen, und da die Kabinen mit den Radarschirmen und Skalen meist überheizt und mit trockner Luft gefüllt waren, mußten sie notgedrungen bei der Arbeit eine Flasche griffbereit stehen haben, und da die Arbeit eine anspruchsvolle war, eine verantwortungsvolle, zu der man fit sein muß, waren dem Wasser in der Flasche viele Nähr- und Kräftigungsstoffe beigefügt. So konnte man am Bauchumfang eines Kapitäns ablesen, welche Art Schiff er fuhr.
      Der nahezu philosophische Kapitän steuerte, wie er mir sagte, bereits ein halbuniverselles Fahrzeug mit vielen Schalt- und Ablesemöglichkeiten. Sein Gesicht glänzte weißlich und rund, er war von innen her gut eingefettet, er sagte, es wäre für mich nicht die übliche Prestigeangelegenheit, das „Totalmobil 01“ zu fahren, und ich glaube auch nicht, daß es das bei den meisten meiner Kollegen wäre. Es ist ein seelisches Bedürfnis. Denn wo werden einem Menschen so viele Möglichkeiten geboten, aus sich herauszugehen und über sich hinauszuwachsen wie bei der Lenkung eines solchen Mobils. Wo gibt es so viele Schaltmöglichkeiten, wo kann sich der Mensch sonst schaltend dermaßen bewähren, wo fühlt er echt, welche Rolle er im Weltmaßstab eigentlich spielt? Früher, da fühlte sich der Mensch dadurch bestätigt, daß er ein Pferd in seine Gewalt bringen konnte, auf ihm rasend schnell seinen Feinden entkommen oder ein Ziel eher als sie erreichen konnte. Auch der Schwimmer, der mit den Wellen kämpfte, bestätigte sich selbst. Auch das Beherrschen eines superschnellen Autos bestätigte die menschliche Persönlichkeit. Aber war das nicht, verglichen mit dem „Totalmobil 01“, eine eingleisige Sache? War da nicht viel Hektik und körperlicher Aufwand? Jetzt sitzt der Mensch lässig am Steuerpult des Totalmobils, kühl, unerschütterlich, er läßt die Schalter spielen. Ein Druck, mit einem leichten Tippen des Zeigefingers mühelos ausgeführt, kann dem gewaltigen Mobil eine vollkommen andere Richtung geben, kann es zu jeder dem Kapitän notwendig erscheinenden Funktion veranlassen. Hier kommt man eben in den psychischen Genuß der menschlichen Vollendung. Lässigkeit, ein Druck, und schon geschieht’s. Auf diese Stufe möchte natürlich jeder kommen, ein lässiger Zauberer sein, der noch nicht einmal einen Stab schwingen oder Abrakadabra sagen muß. Es ist einfach eine seelische Stärkung. So löst man Probleme. Dahin werden wir auch auf anderen Gebieten kommen.
      Aber, wandte ich ein, es bleibt auch beim Totalmobil dem Kapitän überlassen, den Kurs zu bestimmen, er muß, bevor er schaltet, nachdenken, ob er richtig schalten wird.
      Er schaltet auf Grund der Daten, die ihm laufend auf den Schirmen, Skalen und auf den Leuchtbändern geliefert werden. Niemals muß er sich in den blauen Dunst hinein entscheiden, und die Durchführung erfolgt reibungslos, eben durch diesen eleganten, kaum spürbaren Schalterdruck, das leise Tippen. Und all das vorsintflutliche He, Ho, setzt dieses Segel oder jenes, kappt die Rah, Volldampf voraus und alle Mann an die Pumpen, dieses Gezerr und Gezottel mit einer buntscheckigen unübersehbaren Mannschaft, die auch noch bei jeder Gelegenheit meuterische Tendenzen zeigt, Sie brauchen das nur in den alten SeefahrerRomanen nachzulesen, also das alles entfällt. Man schaltet souverän, sauber und niemals auf Mutmaßungen hin, sondern auf Grund genauer wissenschaftlicher Daten. Erst in einem Totalmobil gibt es den wirklichen Kapitän, den absoluten, seine Bedeutung steht im Verhältnis zur Zahl der Schaltmöglichkeiten, die er hat.
      Wenn ich es recht kapiere, sagte ich, das Totalmobil macht den Kapitän. Dann hat es ihn also auch mehr oder weniger im Griff.
      Keineswegs, er schaltet ja.
      Wenn nun aber diese elektronische Faktenzuträger, die das jeweilige Schalten des Kapitäns bedingen, auf Erscheinungen stoßen, die sie nicht verarbeiten können, die ihnen unbekannt sind, die von ihnen nicht aufgefangen werden können, wenn diese Strukturen, die Professor Mittelzwerck erforschen will, so geartet sind, daß keines der Geräte auf sie anspricht, oder so, daß die Geräte Falsches über sie reproduzieren, Irreführendes, wenn also etwas Undeutbares auf dem Schirm erschiene, was würden Sie dann tun?
      Um das zu beantworten, müßte ich erst einmal wissen, wie Sie sich das Undeutbare vorstellen, in welcher Form es

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