Conviva Ludibundus
festzustellen entsprang nur seiner Gründlichkeit und Genauigkeit. Er wollte neue Arbeit. Er steht moralisch äußerst hoch. Wir könnten von ihm lernen. So einfach war es. Eine neue schöne Arbeit, und eine, die ihm liegen wird, mit der er naturgemäß verbunden ist. Ich stellte ihm die Aufgabe. Und so erlosch die vorige. Sie existiert für ihn nicht mehr, er fragt nicht mehr danach.
Daher die Stille, sagte ich, unheimlich, wie nichts mehr durch die Röhren tickt, auch scheint es etwas luftiger im Chang.
Das also war es.
Wollen Sie gar nicht wissen, womit er jetzt beschäftigt ist?
Ehrlich, ich wagte kaum zu fragen.
Er legt rund um die Doktor-Droll-Insel Muschelgärten an, er züchtet Grüne Medaillons… In kurzer Zeit wird er die Produktionsziffern von Ihrem alten Garten verzehnfacht haben. Zugrunde liegen die Ziffern Ihrer besten Ernten.
Mittelzwerck stand im weißen Saal schneeweiß und mächtig da. Durch den weißen Hintergrund geschah die Täuschung, als seien Tisch und Saal sein Körper, auf dem ein runder, straffbespannter Kopf saß, der glänzte wie lackiert.
Ja, sagte Freund Mittelzwerck, entscheidende Ideen kommen über Nacht, man geht mit ihnen schwanger, und plötzlich werden sie geboren, vorausgesetzt, man ist nicht unfruchtbar, da ist die Schwangerschaft nur eingebildet, es kommt nur Luft heraus, da mag man noch so drängen.
Klimm sagte, ich möchte Ihren Vorschlag aufgreifen, den Ludibundus treffender zu benennen.
Ist Ihnen etwas eingefallen?
Vielleicht weiß Herr Professor Philemon etwas?
Mittelzwerck sah mich an, als ob er sagen wollte, von dem da kommt nichts mehr.
Wie wär’s mit „unser maritimer Bruder“? fragte Klimm.
Man könnte es erwägen.
Warum nicht unser kleiner Mittelzwerck. Die Mittelzwercke, fuhr es mir heraus.
Kutz kniff den Mund zusammen, um nicht zu lachen.
Klimm und Frau Mittelzwerck betrachteten den Fußboden.
Der Kapitän sah undurchdringlich geradeaus, bewegten sich die Spitzen seiner Teufelsohren?
Ich würde sagen, sagte Doktor Klimm…
Ich meine auch, Kollegen, ich danke Ihnen sehr, besonders Ihnen, verehrter alter Freund. Aus Ihrem Mund ist es mir eine große Ehre.
21
Zwischen mir und Friederike Kutzenbacher gab es während der Zeit unseres Zusammenwohnens nie Störungen. Dabei hätte ein normaler Mensch und erst recht ein normaler Greis es sicher als nervenzerrüttend empfunden, dauernd mit den merkwürdigen Gegenständen der Kutzenbacher konfrontiert zu werden. Mir machte es aber nichts aus, mich öfter an der Kapitänskiste zu stoßen, mit dem Fuß in einer Trawlnetzmasche hängenzubleiben oder von Malfarben bekleckst zu werden. Sogar die krächzenden Seemannsgesänge ertrug ich ohne Schaden für meine Psyche.
Ich besitze ein zusammenlegbares Wesen, ich kann mich innerlich zusammenklappen, nichts sehen, nichts hören, und durch diese innere Fähigkeit scheint es mir auch zu gelingen, mich unter engsten Raumverhältnissen, wo andere sich als sperrigen Gegenstand empfinden, noch einigermaßen bequem untergebracht zu fühlen.
Friederike schien nie das Gefühl zu haben, sich unmäßig auszubreiten. Wo sie sich niederließ, da war sie eben, überzeugt, daß niemand etwas dagegen haben könnte, wenn auf Tisch, Bett, Stuhl und überall auf dem Fußboden ihre verschiedenen Utensilien herumlagen. Vielleicht rechnete sie auch mich dazu.
So verstanden wir uns glänzend. Aber sobald das Gespräch auf den conviva ludibundus kam, gab es Meinungsverschiedenheiten.
Friederike fragte, ob die Ludibundi schön seien.
Ich hielt das für nebensächlich. Es sind Strukturen, sagte ich, die sich unter bestimmten Bedingungen herausbilden. So kann man sie weder für schön noch für häßlich halten. Diese Strukturen sind eben notwendig. Der Ludibundus compositus baut sich nicht aus ästhetischen Gründen zu einer menschenähnlichen Gestalt auf, sondern aus hydroökonomischen Erfordernissen. Die grüne Muschel ist nicht aus ästhetischen Gründen grün, sondern wegen ihres hohen Chlorophyllgehalts. Die Menschen reden sich ein oder bekommen eingeredet, die Natur sei schön, aber alles in ihr hat praktische biologische Ursachen.
Ich befürchtete schon, Friederike würde wie die Naturschwärmerinnen, die mich von dauerhaften Beziehungen zu Frauen zeit meines Lebens abschreckten, in Verzückung geraten, wenn ein Ludibundus zu uns hereinspaziert käme.
Ich begleitete
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