Cook, Robin
bin mir über gar nichts sicher«, entgegnete Deborah. »Außer über eins: dass alles, was ich tue, meinem freien Willen entspringt.« Zur Bekräftigung ihrer Worte hielt sie Joanna eine Hand hin, und sie besiegelten ihren Entschluss mit einem kräftigen Handschlag. »Also – packen wir’s!«, drängte Deborah und lächelte etwas gezwungen.
Sie gingen den gleichen Weg zurück durch den Tunnel mit den Heizungsrohren. Dabei wurden sie, ohne es auszusprechen, ständig von der Angst begleitet, jeden Moment ihren Verfolgern in die Arme zu laufen. Schließlich erreichten sie ohne Zwischenfall die Gabelung, von der aus der Gang zu den Mitarbeiterunterkünften führte. Das einzige Problem war, dass zu ihrem Entsetzen das Licht der Taschenlampe immer schwächer wurde.
Etwa hundert Meter nach dem Abzweig gabelte sich der Weg erneut. Leider gab es diesmal keinen Eckstein, der ihnen den Weg wies.
»So ein Mist!«, fluchte Deborah und leuchtete mit der zusehends versagenden Taschenlampe in beide Gänge. »Hast du eine Ahnung, wo es langgehen könnte?«
»Ich würde sagen, wir halten uns links. Wie wir wissen, befindet sich die Anlage mit den Unterkünften zwischen der Farm und den frei stehenden Häusern, also müsste der rechte Gang zu den Mitarbeiterunterkünften führen.«
Deborah sah Joanna entgeistert an. »Du erstaunst mich stets aufs Neue. Woher kommt bloß deine plötzliche Findigkeit?«
»Von meiner traditionellen Houstoner Erziehung, über die du immer so abfällig herziehst.«
»Ach so, na dann will ich nichts gesagt haben!« entgegnete Deborah mit einem leicht verächtlichen Unterton.
Nach weiteren fünf Minuten kamen sie erneut an eine Gabelung, von der jedoch anders als bei den vorherigen nicht nur zwei, sondern in einer langen Reihe jede Menge einzelne Gänge abzweigten.
»Wahrscheinlich führt jeder Gang zu einem der frei stehenden Häuser«, vermutete Deborah.
»Das wäre auch mein Tipp«, pflichtete Joanna ihr bei.
»Und hast du vielleicht eine Eingebung, die dir verrät, welchen Gang wir als Ersten probieren sollen?«
»Nein, leider nicht. Also macht es wohl Sinn, sie der Reihe nach auszuprobieren.«
Am Ende des ersten Gangs fanden sie eine schlichte getäfelte Tür. Sie öffneten sie und warfen einen Blick in den dahinter liegenden Keller. Er war einigermaßen renoviert worden und daher auf keinen Fall der von Spencer Wingate. Da sie ihn in seinen Weinkeller begleitet hatten, wussten sie genau, wie es in Wingates Keller aussah. Sie gingen zurück und probierten den nächsten Gang. Er endete vor einem einfachen, unbearbeiteten Türverschlag aus Eichenholz.
»Diese Tür sieht schon etwas vielversprechender aus«, stellte Deborah fest und schüttelte die Taschenlampe mehrmals, um das letzte verbleibende Licht aus ihr herauszuholen. Diese Prozedur hatte sie während der vergangenen Minuten ständig wiederholen müssen; die Batterien näherten sich unweigerlich ihrem Ende.
Sie reichte Joanna die Taschenlampe und versuchte die Tür aufzudrücken. Sie schabte laut über den Granitboden, weshalb sie sie etwas anhob. Auf diese Weise ließ sie sich geräuschlos öffnen. Sie nahm die Taschenlampe zurück, schüttelte sie erneut und richtete den zusehends schwächer werdenden Strahl in den Keller. Im schwachen Licht sahen sie die Tür von Wingates Weinkeller. Das Vorhängeschloss war noch nicht wieder zugedrückt worden.
»Bingo!«, rief Deborah. »Das ist er.«
Sie tasteten sich vorsichtig über den feuchten Boden bis zur Kellertreppe vor. Deborah stieg hinauf, Joanna folgte ihr. Am oberen Ende der Treppe hielten sie inne und sahen sich unschlüssig an. Ein schwacher Lichtstrahl fiel durch den Schlitz unter der Tür zur Wohnung.
»Ich glaube, wir müssen uns fürs Erste auf unsere Ohren verlassen«, flüsterte Deborah.
»Etwas anderes bleibt uns wohl kaum übrig«, entgegnete Joanna. »Wir wissen nicht einmal, ob er überhaupt wach ist. Hast du eine Ahnung, wie spät es wohl sein mag?«
»Nicht wirklich. Ich schätze, es dürfte so etwa ein Uhr sein.«
»Das Licht ist jedenfalls an«, stellte Joanna fest. »Also ist er vermutlich wach. Wir sollten versuchen, ihn nicht zu sehr zu erschrecken. Möglicherweise hat er einen Alarmknopf, den er drückt, wenn er sich erschreckt.«
»Ein guter Hinweis«, entgegnete Deborah.
Sie presste ein Ohr gegen die Tür und lauschte. Dann drückte sie vorsichtig die Klinke herunter und schob die Tür einen Spaltbreit auf. Als von der anderen Seite keine
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