Coolman und ich - Auf die harte Tour (German Edition)
ich mal bei der englischen Königin im Garten ihres Palastes eingeladen war. Na ja, richtig eingeladen war ich eigentlich nicht, und dass es sich um die Queen handelte, habe ich auch erst ziemlich spät bemerkt, weil ich sie die ganze Zeit für die Gärtnerin gehalten habe.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Die nette alte Dame sitzt auf einem Stuhl und schaut aus dem Fenster. Das Gewitter ist vorüber, und es gibt jetzt sogar einen Regenbogen, der sich in schillernden Farben über den ganzen Horizont erstreckt.
Auf dem Schoß der alten Dame hockt der dicke Kater, der sich mit seiner rechten Tatze einen Keks von dem Silbertablett angelt und ihn sich zwischen seine kleinen spitzen Zähne schiebt.
»Könnte ich vielleicht auch etwas Tee haben?«, frage ich die nette alte Dame höflich, als ich mich auf einen Stuhl ihr gegenüber setze.
»Danke der Nachfrage, aber bis auf mein rechtes Knie tut mir nichts weh«, antwortet sie.
»Tee! Kann ich bitte auch eine Tasse Tee haben?«, wiederhole ich meine Frage, diesmal etwas lauter.
»Nein, ich habe keine nasse Fee gesehen. Aber bist du nicht ein bisschen zu alt, um an so etwas zu glauben?«, sagt die Alte und zwinkert mir zu.
Vielleicht macht sie sich ja auch nur über mich lustig.
»Tee!«, schreie ich und bewege meine Lippen dabei so überdeutlich, dass selbst ein Maulwurf mir das Wort von den Lippen ablesen könnte.
»Leider haben wir keinen See. Hier gibt es nur einen Fluss. Aber wie unhöflich von mir: Ich hab dich noch gar nicht gefragt, ob du etwas Tee und ein paar Kekse möchtest?«
Ich nicke nur, weil ein vernünftiges Gespräch sowieso unmöglich ist. Die nette alte Dame gießt mir eine Tasse ein und reicht mir den Teller mit den Keksen.
Dann fängt sie an zu erzählen, so wie alte Leute das gerne tun, die nicht oft Besuch bekommen. Ich höre zu, knabbere an meinem Keks, der wirklich lecker ist, nippe an dem Tee und schaue zu, wie sich der Regenbogen langsam auflöst.
Die nette alte Dame hat das Schlösschen und die Ländereien von ihren Vorfahren geerbt. Ihre Familie lebt hier schon seit Generationen und war früher ziemlich vermögend. Aber das ist schon lange her. Um halbwegs über die Runden zu kommen, hat die nette alte Dame Teile ihres Anwesens an das Camp Kinderglück vermietet. Trotzdem reicht das Geld vorn und hinten nicht, und irgendein Konzern will alles kaufen, um hier eine Skilanglaufhalle zu bauen, in der man das ganze Jahr über auf einer Fünf-Kilometer-Rundstrecke unter Neonröhren im Kreis laufen kann.
Während die alte Dame erzählt und erzählt, hat sich der Kater davongemacht. Wahrscheinlich hat er die Geschichte schon tausendmal gehört und langweilt sich. Ich langweile mich auch. Deswegen stehe ich auf und gehe ans Fenster. Mein Blick fällt in ein Tal, durch das sich ein Fluss windet. Rechts und links des Flusses sind jeweils eine Handvoll Zelte aufgebaut. Die auf der rechten Seite sind alle olivgrün und wirken auf mich, als wären sie noch aus den Napoleonischen Kriegen. Sie stehen in einem Kreis, der so rund ist, als hätte ihn jemand mit einem riesigen Zirkel gezogen.
Die meisten der Zelte auf der anderen Uferseite sind rosa, und in ihrer Aufstellung ist beim besten Willen keine Ordnung zu erkennen. Von hier oben sehen sie aus, als hätte man einen Eimer mit Spielzeugzelten einfach auf den Boden ausgekippt. In der Mitte des Chaos steht eine schwarze Hütte, und die kann nur meiner Schwester Anti gehören. Schwarz ist Antis Lieblingsfarbe. Die beiden Camps sind durch eine Holzbrücke verbunden, auf der sich genau in der Mitte ein Gitter befindet, das die eine von der anderen Seite trennt.
»Wenn deine Sachen trocken sind, kannst du zu den anderen Kindern gehen«, sagt die nette alte Dame, die ebenfalls aufgestanden ist und jetzt neben mir am Fenster steht.
»Kann ich nicht hier bei Ihnen bleiben?«, frage ich.
»Natürlich kannst du deinen Eltern schreiben. Am rechten Ufer wohnen übrigens die Knaben. Die werden von Major Horst betreut. Ein ganz reizender Mann und so schneidig«, erklärt sie mir. »Am linken Ufer sind die Mädels. Die Leitung hat ein Mädchen mit Namen Anti. Ein bezauberndes Geschöpf – und so hilfsbereit!«
Das muss eine andere Anti sein. Meine Schwester ist weder bezaubernd noch hilfsbereit.
Die nette alte Dame dreht sich um und geht ins Bad, um meine Sachen zu holen. Kurz darauf höre ich einen lauten Schrei: »Du böses, böses Katerchen! Was hast du nur wieder angestellt!«
Als ich bei ihr
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