Coolman und ich. Ein Job für alle Fälle (German Edition)
Außerdem sieht es jetzt sogar viel besser aus als vorher, finde ich.
Endlich mal eine gute Idee von COOLMAN. Während sich das Badezimmer unter mir langsam wie eine Badewanne mit Wasser füllt, ziehe ich mich zum Fenster hoch. Das ist gar nicht so schwer. Mein Kopf ist schon in Freiheit, meine Schultern auch.
Zumindest fast.
Beinahe jedenfalls.
Oder eben doch nicht.
Ich stecke fest!
Sosehr ich mich auch bemühe, ich kann weder vor noch zurück. Mein Schicksal ist besiegelt. Ich werde verhungern, weil jetzt hier draußen selbst die Seife für mich unerreichbar ist.
Nach kurzem Abwägen meiner Situation habe ich genau drei Möglichkeiten:
1) Ich halte so lange die Luft an, bis ich erstickt bin. Das würde meine Leidenszeit erheblich verkürzen.
2) Ich brülle die ganze Nachbarschaft zusammen, bis jemand die Feuerwehr und die Lokalzeitung alarmiert.
3) Ich warte, bis die Eltern von der kleinen miesen Kröte nach Hause kommen und von dem Fluss, der durch ihr Haus fließt, zu mir geführt werden. Dann werden sie mich befreien. Oder mich umbringen, wofür jeder Richter dieser Welt vollstes Verständnis hätte.
Ich entscheide mich trotzdem für Nummer drei, und das heißt, dass ich viel Zeit habe, bis Lena und ihre Eltern zurückkommen. Es ist nämlich Lenas kleiner Bruder, der da unten vor dem Megafernseher hockt, als könnte er kein Wässerchen trüben.
Lena und ich, wir waren mal ein Paar, dann wieder nicht, dann wieder ... vielleicht, vielleicht aber auch nicht ... So genau kann ich das gar nicht sagen. Es war alles etwas verwirrend. Zuletzt war sie jedenfalls ziemlich sauer auf mich, weil ich bei einem Film, in dem wir beide mitgespielt haben, mehr Applaus bekommen habe als sie, und deswegen wollte ich ihr ...
Wisst ihr was, ich erzähle euch die Geschichte lieber von Anfang an. Zeit habe ich ja genug, und dann versteht ihr auch, warum ich diesen lebensgefährlichen Job als Babysitter überhaupt angenommen habe.
Daran ist – Überraschung, Überraschung – COOLMAN nicht ganz unschuldig.
Also schmeißen wir die Zeitmaschine an. Alles einsteigen! Wir reisen eine Woche zurück in die Vergangenheit.
EINE WOCHE VORHER
Ich liege in meinem Bett und warte. Ich warte darauf, dass Lena mich anruft. Das tue ich jeden Tag, seit wir aus Berlin wieder zurück sind. Lena habe ich die letzten zwei Monate nur in der Schule gesehen. Dort spricht sie kein Wort mit mir. Abgesehen von »Hau ab!«, »Mach, dass du wekommst!« oder »Verpiss dich, du Vollidiot!«. Jetzt sind Osterferien, und ihre Beleidigungen fehlen mir.
Ich glaube auch nicht, dass sie das wirklich alles ernst meint. Es rutscht ihr so raus, und nachher tut es ihr bestimmt leid. Auch wenn sie sich das nicht anmerken lässt.
Ich muss ihr einfach Zeit geben, bis sie endlich spürt, dass sie ohne mich nicht leben kann. Jungen in meinem Alter haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa achtzig Jahren, und das heißt, ihr bleiben noch gut achtundsechzig Jahre, in denen sie mich jederzeit anrufen kann.
Aus Antis Zimmer nebenan dröhnen die Bässe ihrer Anlage. Es hört sich an, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer rhythmisch gegen die Wände hauen. Meine Schwester heißt eigentlich Antigone, aber sie nennt sich schon seit Jahren nur noch Anti. Das passt auch viel besser zu ihr: Sie hat schwarz gefärbte Haare, trägt ausschließlich schwarze Klamotten, und ihre Vorstellung vom Leben sieht auch recht düster aus. Sie ist eine echte Stimmungskanone, meine Schwester.
Meine Eltern mischen sich da nicht ein. Die sind ziemlich tolerant. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sie Schauspieler sind. Sie treten hier am Stadttheater auf, und das bedeutet, dass ich die Abende oft allein mit Anti verbringen muss. Das ist nicht unbedingt ein Vorteil, wenn man – so wie ich – Horrorfilme nicht besonders mag. Ansonsten sind meine Eltern in Ordnung. Abgesehen davon, dass sie ständig vor mir rumknutschen müssen. Andere Kinder haben normale Eltern, also geschiedene. Meine sind immer noch verliebt. Was nicht weiter schlimm wäre, wenn sie es nicht andauernd zeigen würden.
Ich schüttle den Kopf, um das Bild meiner knutschenden Eltern aus meinem Gehirn zu vertreiben. Das klappt. Dafür habe ich jetzt Lenas Bild vor meinem inneren Auge. Ich schüttle noch einmal den Kopf. Aber ihr Bild verschwindet nicht, sondern bleibt, als hätte es sich auf meiner inneren Festplatte eingebrannt. Für immer!
Vielleicht hat COOLMAN recht. Vielleicht ist das ja
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