Copy
»Unzuverlässigkeit« ihrer Ditos erwähnt und darauf hingewiesen, dass die meisten einfach verschwanden und nie zurückkehrten. Selbst die wenigen Golems, die ihre Aufgaben erfüllten, brachten nur fragmentarische Erinnerungen heim, denn – das wusste ich jetzt – auf die übrigen Erfahrungen erhob die in ihrem Hirn versteckte Proto-Beta-Persönlichkeit Anspruch. Aus Ritus Blickwinkel betrachtet musste das Kopieren sehr ineffizient und unzulänglich ausgesehen haben, bevor sie die Wahrheit über Beta herausfand.
Aber als sie Bescheid wusste… Warum gab sie das Kopieren nicht einfach auf?
Rationalisieren. Die Menschen sind sehr talentiert, wenn es darum geht, Gründe dafür zu finden, Dummes anzustellen. Vielleicht war Ritu wegen der modernen Bigotterie in Bezug auf jene besorgt gewesen, die sich nicht kopieren können – manchmal gelten solche Leute als leer, ohne Seele.
Vielleicht hatte sich Ritu auch nur deshalb weiterkopiert, weil ein offizieller Repräsentant von Universal Kilns Duplikate verwenden muss, selbst wenn nur jede vierte oder fünfte Kopie wirklich ihren Aufgaben gerecht wurde. Den Verlust konnte sie sich zweifellos leisten.
Vielleicht wollte sie unbedingt vorgeben, genauso zu sein wie alle anderen.
Ich vermutete noch einen weiteren Grund. Einen Drang von unten. Einen inneren Druck, dem sie nachgeben musste, indem sie ihren Kopf dem Seelensieb aussetzte und ihre Stehende Welle in weichen Ton übertagen ließ. Eine Art Sucht, zusammen mit der Blindheit der eigenen Sucht gegenüber, die Junkies aller Art entwickeln.
Kein Wunder, dass Ritu Jahre brauchte, um ihr Problem laut auszusprechen.
Ich hatte mich gefragt, wie es Beta gelungen war, unseren Weg durch die Wüste zu verfolgen und den Sicherheitsschirm der militärischen Basis zu durchdringen. Die Antwort lautete: Das war überhaupt nicht nötig gewesen! Beta hatte still in Ritu gewartet und Druck aufgebaut, bis die Anspannung für sie unerträglich wurde. Daraufhin hatte sie sich von Corporal Chen und mir entfernt und war zu einem der großen Auto-Kiln geeilt. Mit der Selbstverachtung aller Süchtigen, die ihrer Sucht nachgeben, hatte sie sich den Ranken des Tetragrammatrons hingegeben und vor dem beharrlichen, stärkeren anderen Ich kapituliert – einem Meisterdieb und Verzweifelten, einer rücksichtslosen Persönlichkeit, die sich über jede Autorität der von Gesetzen bestimmten externen Welt hinwegsetzte.
Kein Wunder, dass ich Beta nie mit einer Realperson in Verbindung bringen konnte! Ich dachte an die endlosen Stunden, die ich als Schwarzer damit verbracht hatte, Fragmente von Betas Sprechmustern, und anderen persönlichen Eigenheiten zu analysieren und im Netz nach jemandem mit ähnlichen Eigenschaften zu suchen. Mit dieser anstrengenden Schufterei gelingt es einem guten Detektiv, selbst den schlauesten Schurken zu finden, früher oder später.
Doch in diesem besonderer Fall war all die harte Arbeit vergebens. Denn der Schurke hatte ein perfektes Versteck, und Ritu sprach ganz anders als Beta.
Hier war sie nun, meine Nemesis, mein Moriarty. Sie ging direkt neben mir durch den dunklen Tunnel, mit Furcht und Scham in den dunklen Augen. Wie lange hatte der geheime Persönlichkeitswechsel angedauert, bis Ritu schließlich erst argwöhnisch und sich dann des Verbrechers in ihrer anderen Hälfte bewusst geworden war?
Hatte sie mich aus diesem Grund engagiert? Um auf die Hilfe von Betas erfahrenem Widersacher zurückgreifen zu können? Dass ihr Vater vermisst wurde, hatte zu Anfang vermutlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Yosil Maharal wurde erst wichtig, als man ihn tot in den Resten seines Autos fand.
Und doch… Es musste noch mehr geben.
Ich schüttelte den Kopf, und Emotionen machten es mir schwer, mich zu konzentrieren – wilder Zorn brodelte in mir!
Als wir am Dienstabend aufgebrochen waren, hatte Ritu um die Möglichkeit großer Gefahr gewusst. Warum hat sie mich nicht gewarnt? All die Stunden und Tage in der Wüste, dann in der unterirdischen Anlage… und nie hatte sie auf den ihr wachsenden Druck hingewiesen. Auf den Haufen Dämoneneier, die sie in sich trug, und deren Brut schlüpfen konnte, sobald sich Gelegenheit bot.
Verdammt ichbezogene, egozentrische…
Etwas von meinen emotionalen Reaktionen musste sich bemerkbar gemacht haben – oder vielleicht zerriss die grimmige Realität unserer Situation Ritus letzte Illusionen. Was auch immer der Fall sein mochte: Nachdem wir eine Zeit lang schweigend
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