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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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technisch äußerst begabt erwiesen. In Montrose House hingen eine Zeit lang Zeichnungen von angeblich voll funktionstüchtigen Verbrennungs- und Elektromotoren, Hebekränen und Ähnlichem, die die Jungs im Alter von zwölf und dreizehn ausgeführt haben sollen.
    In der Jugend bestand der einzige Unterschied zwischen den beiden darin, dass der jüngere Bruder John Marwan nicht nach Eton gehen wollte, sondern das Internat in Rugby vorgezogen hat.
    Wenn Söhne aus der Oberschicht an die Uni kommen, studieren sie meistens lieber Betriebswirtschaft als etwas unter engli­schen Gentlemen so Verachtetes wie Technik oder Naturwissen­schaften, die zur Domäne der Mittelschicht gehören. Doch dass die Brüder Howard sich über diese Konvention hinwegsetzten, ist leicht zu verstehen.
    Peter Feisal promovierte im Alter von knapp neunzehn Jahren in Cambridge mit einer Arbeit über Elektromagnetismus. Ich kann das hier nicht näher erörtern, nicht nur aus Zeitmangel, sondern auch, weil mir die intellektuellen Möglichkeiten fehlen. Seine Doktorarbeit wurde extrem gut benotet, und eine Professur lag nicht mehr in unerreichbarer Ferne. Aber beachten Sie bitte das Datum seiner Disputation: Es war der 11. September 2001.
    Sein jüngerer Bruder, John Marwan, schloss seine Dissertation nie ab. Auch er hat in Cambridge studiert, beschäftigt sich aber momentan sehr erfolgreich mit einer neuen Technologie zur Visualisierung komplexer Daten. Dieses Gebiet scheint für die Computerspielindustrie von enormer wirtschaftlicher Bedeutung zu sein.
    Zufälligerweise brachen die beiden jungen Männer 2002 am Jahrestag von 9/11 mit ihrem Vater Ab und nahmen wieder den Familiennamen Husseini an. Man könnte sagen, sie sind zum Islam konvertiert. Peter Feisal kleidet sich seitdem exotisch, beide haben die Moschee oben in Finsbury Park beschnuppert, und nun hängen sie bei der Moschee im Regent’s Park herum.
    Diese beiden jungen Männer sind der Feind aus unseren schlimmsten Alpträumen. Sie stammen nicht aus der zweiten Generation von Einwanderern wie unsere U-Bahn-Bomber aus Leeds. Sie stammen, wenn man ernsthaft nachrechnen möchte, aus der vierten Generation.
    Die beiden brauchen nicht im Internet nach Bauanleitungen für Bomben oder Mixturen für interessante Giftgase zu suchen, weil sie Wissenschaftler auf genialem Niveau sind.
    Sie, meine Herren, die Sicherheitsdienste in Großbritannien, können zwar mittlerweile ein ganzes Viertel im nördlichen London, wo angeblich alle Einwanderer Muslime sind, einkreisen und eine Art Ausgangssperre verhängen oder eine Handvoll Leute aufgreifen und für unbestimmte Zeit einsperren, aber gegen die Brüder Husseini, ehemals Howard, sind Sie machtlos.
    Das sind nicht irgendwelche Kanaken. Die beiden sind Eton, Rugby und Cambridge.
    Sie sprechen nicht nur ein so exzellentes Englisch, dass selbst die derbsten und vulgärsten Ausdrücke einen poetischen Klang bekommen. Sie verkehren auch in denselben Kreisen wie Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Polizeichefs. Eton, Rugby und Cambridge sind über jeden Terrorismusverdacht erhaben. So wie übrigens Cambridge einst über jeden Spionageverdacht erhaben war.
    Wir haben es also mit den gefährlichsten Terroristen zu tun, die es in Großbritannien je gegeben hat.«
    So weit der Vortrag. Mouna guckte auf die Uhr und stellte fest, dass sie viel Zeit gespart hatte. Nun kam der entscheidende Abschnitt, den sie in der vergangenen Nacht wieder und wieder leise geübt hatte.
    »Nehmen wir also an, gefährlichere Terroristen habe es in Großbritannien nie gegeben. Sie, also der MI5, müssten nun in erster Linie analysieren, wie diese Gefahr entstanden ist. Erst dann sollte man überlegen, wie man vorbeugend gegen solche Terroristen vorgehen kann, ohne dass die Welt untergeht, man seinen Job verliert oder man bis zur Pensionierung nur noch Fahrraddiebstähle zu Protokoll nehmen oder Strafzettel ausstellen darf.
    Meine Organisation, Dschihas al-Rasd, kann Sie in zwei Punkten unterstützen. Wenn Sie bereit sind, uns zuzuhören, können wir Ihnen das eine oder andere erklären. Und wir sind in der Lage, Gefahrenpotenziale zu entdecken, bevor Sie es tun. Auch hier in London.«
    Unter ihrem Make-up brach kalter Schweiß aus. Aber diese Bande von Flegeln spendete mehr als höflich, ja sogar herzlich und lächelnd Beifall. Vor allem die Bemerkung mit den vulgären Ausdrücken – alle hatten an die gleichen Wörter gedacht –, die aus dem Mund der beiden Brüder einen

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