Coq 11
oder die Person direkt und diskret headhunten.«
»Ich werde ihn diskret aufsuchen«, sagte Mouna al-Husseini nachdenklich.
Die anderen tauschten unsichere Blicke. Sie wussten nicht, ob sie höflich lachen sollten.
»Vielleicht sollte er nicht älter als fünfzig sein«, fuhr sie plötzlich fort. »Für einen Vizeadmiral ist das kein Alter, oder was meinst du, Alexander Iljitsch?«
»Wer vor dem fünfzigsten Lebensjahr den Rang eines Vizeadmirals erreicht, muss eine überaus glänzende Karriere hinter sich haben«, antwortete der Fregattenkapitän höflich.
Sie trommelte mit dem Kugelschreiber auf ihre Notizen. Genau wie die anderen hatte sie sich die erforderlichen Eigenschaften Punkt für Punkt aufgeschrieben. Nach einer Weile seufzte sie tief und schaute auf.
»Gentlemen«, sagte sie und ließ den Blick langsam von einem zum anderen wandern. »Es verhält sich folgendermaßen: Den beschriebenen Mann gibt es tatsächlich. Ein weiterer Pluspunkt: Er ist ein alter Freund von mir. Wir haben in alten Zeiten einige Operationen gemeinsam durchgeführt und sind uns auch auf menschlicher Ebene recht nahe gekommen. Vor zehn Jahren hat er sich zurückgezogen, und zwar auf eine Weise, die nur Nachrichtenoffizieren zur Verfügung steht. Daher kann nur jemand wie ich ihn finden. Wenn ich das getan habe, werde ich ihm ein Angebot machen, das er nicht ablehnen kann. Und wenn dieser Mann an Bord der K 601 geht, ist die Ordnung garantiert wiederhergestellt. Noch Fragen?«
Die Aufforderung, Fragen zu stellen, war offensichtlich ironisch gemeint. Niemand sagte ein Wort.
»Nun gehen wir folgendermaßen vor«, fuhr sie energisch und voller Tatendrang fort, »Sie setzen das Programm in die Tat um, das wir hier vorliegen haben. Allerdings mit gewissen Korrekturen. Stellen Sie weibliche Lehrkräfte ein, die den Russen Englischunterricht und den Palästinensern Russischunterricht erteilen können. Verbessern Sie die technischen Fortbildungen und bauen Sie in Ihren Laboratorien, was Sie benötigen. Ich werde zu meiner Zentrale nach …, das spielt keine Rolle, fahren. Jedenfalls liegt sie nicht um die Ecke. Von dort aus werde ich unseren Helden Russlands und Vizeadmiral finden. Gentlemen, das war alles für heute!«
Entschlossen erhob sie sich und zwang die anderen, ebenfalls aufzustehen und rechts um, links um, vorwärts Marsch zu machen.
Den Fregattenkapitän packte sie allerdings am Uniformärmel und forderte ihn auf, sich wieder zu setzen. Sie schloss die Tür hinter den anderen und rieb sich, nachdem sie sich ihm gegenüber niedergelassen hatte, die Hände, als würde sie frieren.
»Ich habe von diesem Mann gehört«, flüsterte er.
»Tatsächlich? Er hat doch hauptsächlich im Nachrichtendienst gearbeitet.«
»Das habe ich auch, vergiss nicht, dass ich beim GRU bin. So haben wir uns schließlich kennengelernt.«
»Gut, dann brauch ich dir nicht viel zu erklären. Ich wollte nur sichergehen, dass wenigstens du mich nicht für verrückt hältst. Solange ich weg bin, trägst du hier schließlich die Hauptverantwortung.«
»Kein Problem, ich weiß, dass es ihn gibt. Auf zur frohen Jagd!«
Einen Tag später stürmte sie mit wirrem Haar und Ringen unter den Augen in ihr Büro in Tunis, arbeitete stundenlang hoch konzentriert und schlief schließlich über der Akte des Mannes ein, der im Augenblick anscheinend als Einziger die unerwarteten Probleme lösen konnte, die auf ihr und dem Projekt lasteten. Ihre Mitarbeiter, die sie in diesem Zustand bereits erlebt hatten, trugen sie auf das große französische Besuchersofa in ihrem Dienstzimmer und zogen sich zurück.
Am nächsten Morgen duschte sie in Ruhe, wusch und fönte ihre Haare, zog sich frische Kleider an und ging ausgiebig frühstücken. Sie mochte das tunesische Frühstück, am liebsten mit viel rotem Pfeffer. Danach schaffte sie es sogar, mit einem ihrer normalen Kunden ein Geschäft zu diskutieren, ließ das Ganze aber vorerst am Preis scheitern. Vielleicht würde er mit einem neuen Angebot zurückkommen, vielleicht auch nicht. Momentan war es ihr vollkommen gleichgültig. Offiziell betrieb sie eine Import-Export-Firma; die Rolle der Geschäftsfrau spielte sie auf Arabisch genauso gut wie auf Französisch.
Zurück in ihrem Büro, das von ihrem Stellvertreter hastig geräumt worden war, vertiefte sie sich wieder in die Akte.
Die Karriere des Mannes war einzigartig in der Geschichte der Geheimdienste, das ging schon aus den ersten Seiten hervor. Außerdem war er,
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