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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Millionären feierte er nie Partys und veranstaltete keine Sauereien, sodass die Reinigungsarbeiten eher symbolischen Charakter hatten. Immerhin hatten die beiden Schwestern etwas zu tun.
    Als das Ganze begonnen hatte, waren sie zu dritt am Strand gewesen, hatten im Sand gesessen und ihn schon von Weitem angelaufen kommen sehen. Corazón und Teresia begannen auf­geregt durcheinanderzureden, als sie seinen verflucht attraktiven Körper zu beschreiben versuchten. Er benehme sich, wie sie fast bedauernd bemerkten, stets wie ein Gentleman, vielleicht sei er aber auch schüchtern oder schwul. Vermutlich Letzteres. Aller­dings besäße er einige pornografische Bilder von nackten Frauen, die sich auf Klippen in »nordischem Licht« sonnten – was immer das sein mochte. Außerdem hingen bei ihm einige verrückte Gemälde von weißen Wildkaninchen im schneebedeckten Kanada oder irgendwo in Alaska und Kunstwerke aus Mexiko. Er kenne sich damit viel besser aus als sie und habe ihnen viel über die mexikanischen Revolutionäre Emiliano Zapata und Pancho Villa erzählt.
    Die beiden kamen immer mehr ins Schwärmen, während ihre große Schwester mit wachsender Neugier den Läufer betrachtete, der sich allmählich näherte.
    Er habe einen unglaublichen Weinkeller mit Weinen, die nicht aus Kalifornien stammten, und massenhaft seltsame Bücher, deren Buchstaben man gar nicht entziffern könne. Er trainiere wie ein Verrückter, täglich zwei Stunden Laufen, eine morgens und eine abends. Außerdem absolviere er jeden Tag eine Stunde Krafttraining in seinem eigenen Fitnessraum. In seinem Keller mache er regelmäßig Schießübungen und schwimme manchmal bis zu eine Stunde im Pool. Das sei alles, womit er sich beschäftige. Ach nein, er besäße auch eine riesige Plattensammlung mit unzähligen Schnulzen und höre sich oft auf seiner Terrasse so alten Scheiß an. Er sei aber trotzdem ein super Typ, keine Frage. Wäre schade, wenn er schwul wäre.
    Linda Martinez hatte den Beschreibungen der Schwestern nur noch mit halbem Ohr gelauscht und stattdessen blinzelnd den Mann mit dem Pferdeschwanz und dem Stirnband betrachtet, der mit lockeren Laufschritten näher kam. Sein Alter musste irgendwo zwischen fünfunddreißig und fünfundvierzig liegen, es war aufgrund seines durchtrainierten Körpers schwer zu bestim­men. Er lief ohne sichtbare Anstrengung und hörte dabei Musik. Die kleinen Stöpsel in den Ohren waren deutlich zu erkennen.
    Das Wasser war an diesem Tag eiskalt gewesen, der Wind hatte ablandig geweht, und eine rote Fahne am Turm der Strandwacht Badeverbot wegen zu starker Strömung angezeigt. Sie konnte sich noch an alles erinnern.
    Direkt vor ihnen spielte ein älteres Paar mit seinem Pudel, der eine rosa Bademütze und eine Art Schwimmweste trug, die ihm das Schwimmen erheblich erschwerte.
    Plötzlich ergriff die Strömung Besitz von dem Pudel und zog ihn aufs Meer hinaus. Die Lage des Hündchens wurde von Sekunde zu Sekunde bedrohlicher, und das Paar begann, panisch zu schreien.
    Zu diesem Zeitpunkt war Hamlon nur noch ein paar Meter von ihnen entfernt. Er sah das Tier, das von der Strömung hinaus ins offene Meer getragen wurde, blieb stehen, senkte den Kopf, als würde er tief durchatmen. Dann nahm er ohne Eile seinen Walkman ab, schüttelte die Joggingschuhe von den Füßen, zog sich das ausgeblichene Sweatshirt mit dem Aufdruck der UCSD über den Kopf und watete einige Meter in das eisige Wasser hinein, dessen Kälte ihm nicht das Geringste auszumachen schien. Er verschwand kopfüber in einem Strömungswirbel, schwamm mit kraftvollen und ruhigen Zügen zu dem Hund, packte ihn an der Schwimmweste und hielt ihn fröhlich in die Höhe, um dem verzweifelten Paar am Strand die Nachricht seiner glücklichen Rettung zu übermitteln. Derweil wurden er und der Pudel wie von unsichtbarer Riesenhand weiter hinausgetragen.
    Er schwamm jedoch, mit dem Tier in der einen Hand und immer noch ohne Eile, in Richtung Land. Wegen der starken Strömung dauerte es eine Weile. Die Strandwächter, die von ihrem Turm heruntergestiegen waren, beschlossen nach kurzem Zögern, dass es nicht nötig war, sich ins Wasser zu werfen. Sie erkannten, dass der Mann da draußen wusste, was er tat, und nicht zum ersten Mal gegen die eiskalte Strömung schwamm.
    Am Strand angekommen warf Hamlon den Pudel scherzhaft seinem Frauchen zu, die sich sofort daran machte, das geliebte Tier abzuküssen. Das eigentliche Ziel war aber offenbar, dem zu diesem Zeitpunkt

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