Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
Pfeil aus dem Köcher zog.
»Wenn Ihr mir oder Hildegarde nicht glaubt, dann habt wenigstens den gesunden Menschenverstand, den Mann zu beobachten und Euch selbst zu überzeugen.«
Peril blickte ihr finster nach, als sie sich abrupt umdrehte und zur Küchentreppe ging. Er wusste, dass Hadric ihr wunder Punkt war. Er wusste auch, dass Hadric all das war, was sie gesagt hatte, und vermutlich Schlimmeres – unzuverlässig, unbeliebt, und oft glänzte er durch Abwesenheit. Und es war durchaus nicht unwahrscheinlich, dass jemand mit den Räubern unter einer Decke steckte; er hatte ebendiese Möglichkeit am vorigen Abend mit Michael und Simon erörtert. Wenn alles, was sie sagte, so vernünftig war, warum war er dann immer noch so verdammt widerwillig, ihr und ihrer Quelle zu vertrauen?
Er trank sein Ale aus und wünschte sich, dass ihn nicht ständig diese Zweifel ankämen. Er hatte nun mal auf Whitmore die Hosen an, verdammt. Er traf die Entscheidungen, und er blieb ihnen treu. Wenn nicht, würde er die Achtung seiner Männer und seiner Feinde gleichermaßen verlieren. Er war der Herr im Haus, und sie war seine Frau. Sie musste lernen, ihm den Respekt und den Gehorsam entgegenzubringen, die sie ihm gelobt hatte.
Doch dann kam ihm wieder in den Sinn, wie verletzt und erbost ihre Stimme geklungen hatte. Einen Augenblick lang wünschte er, er könnte seine letzten Worte zurücknehmen oder doch abmildern. Das hatte er doch nicht gewollt … Er rieb sich die schmerzende Stelle an seiner Brust.
Was immer ihre Fehler sein mochten, sie war immer offen zu ihm gewesen. Sie hatte ihm weit mehr von ihrer Zeit und Energie und ihren Fähigkeiten geopfert, als er zu erwarten ein Recht hatte. Vor allem war sie nie eitel oder doppelzüngig oder – das gestand er sich seufzend ein – nachtragend. Sie bat nie um etwas für sich selbst. Und selbst jetzt, als sie sich so hartnäckig einmischte, war es für eine Idee, aus der er und seine Leute Nutzen ziehen sollten.
Er sah, dass Michael und Simon ihn im Blickfeld hatten, winkte sie zu sich und sah sich vorsichtig im Saal um.
»Sucht Hadric«, sagte er mit gesenkter Stimme. »Er ist in den letzten Tagen schwer zu finden. Meldet mir, wo er ist und was er tut.«
Michael nickte. Er begriff den Ernst der Lage.
»Und Michael …«
»Ja, Mylord?«
»Lasst ihn nicht wissen, dass er beobachtet wird.«
Was folgte, war der längste Tag, den Eloise seit ihrer Ankunft auf Whitmore verbracht hatte. Peril schickte seine Männer aus, um die Feldarbeiter und anderen Leibeigenen abzuholen und innerhalb der Burgmauern unterzubringen. Als sie mit Sack und Pack und Kind und Kegel durch die Tore kamen, musste für ihre Unterkunft und Verpflegung gesorgt werden. Nach kurzem Schlummer im Großen Saal stieg Peril auf sein Pferd und ritt mit einem anderen Trupp Männer aus, um sich um das Vieh auf den Weiden zu kümmern. Offenbar verschwendete er keinen Gedanken daran, wie und von wem der Zustrom an Menschen organisiert werden sollte.
Gereizt meinte Eloise zu Sir Ethan: »Es wäre schön gewesen, wenn Seine Lordschaft uns gegenüber seine Pläne erwähnt hätte. Dann wären wir immerhin darauf vorbereitet.« Sie stand inmitten des Gewusels aus überladenen Eselskarren, auseinander gerissenen Familien und gackernden Hühnern.
»Zum Planen war keine Zeit, Mylady. Da schon zwei Katen niedergebrannt sind, wollte Seine Lordschaft nicht auch noch Menschenleben gefährden.«
Das klingt edel und großherzig genug, sagte sie sich. Aber Peril musste ja auch nicht die Folgen seines Edelmuts und seiner Großherzigkeit ausbaden.
»Wo ist der geschätzte Hadric, dem es obliegt, das alles hier zu regeln?«
Sir Ethan antwortete mit einem bedauernden Achselzucken.
Also übernahm Eloise das Kommando und begann mit der Betreuung der Flüchtlinge. Den größten Teil des Vormittags hielt sie auf der Treppe des Weberhauses Hof, schlichtete Streit um die Unterbringung und wegen der Knappheit an Stroh und Feuerholz, sowie Auseinandersetzungen wegen der Kinder oder der gemeinschaftlichen Nutzung verschiedener persönlicher Haushaltsgüter. Als die Sonne zu sinken begann, war Eloise nahe daran, sich die Haare zu raufen.
Wie konnten diese Menschen nur so verdrossen und streitsüchtig sein, wenn man ihnen gerade sicheres Asyl auf der Burg gewährt hatte?
Sobald es irgendwie ging, stahl sie sich davon und stellte Hildegarde dieselbe Frage. Gemeinsam beobachteten sie das Lager, wo die meisten umgesiedelten Leibeigenen
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