Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
Nach den Aussagen der Schäfer gab es nur eine Erklärung dafür: Geisterwölfe, die der Fluch schickte.
Die Milchmädchen und Gänsehirtinnen hatten eine handfestere Erklärung ihrer Schwierigkeiten parat. Bekamen die Kühe und das Federvieh ausreichend Futter und Wasser, dann gaben sie viel Milch und legten gut, sagten sie. Gab es dagegen wenig Korn und musste man das Futtergetreide rationieren, sank auch die Produktion von Milch und Eiern.
Auf dem Rundgang durch Molkerei, Vorratskammer, Scheunen und Geflügelställe begutachtete Eloise die Gebäude und die Gerätschaften. An den Milchkannen, Butterfässern, Käsetrögen und Eimern aus Metall gab es nichts zu beanstanden. Auch der aus Stein und Holz gebaute Taubenschlag war gut in Schuss, wenngleich leer. Allerdings gab es hier auch nichts, womit man einen Schatzkanzler zufrieden stellen oder einen ungehaltenen König besänftigen könnte.
Auf dem Rückweg zum Wohnturm kam ihnen ein Bursche entgegengerannt, der ihnen bekannt vorkam. Er rief aufgeregt nach Seiner Lordschaft.
»Was gibt’s denn?« fragte Whitmore, bevor er in ihm den Stallburschen erkannte, den er beim Stallmeister und Pflüger zurückgelassen hatte.
»Sie pinkeln, Mylord!« keuchte der Junge.
Eloise raffte die Röcke und rannte den beiden nach. Tatsächlich – vor dem Stall standen die beiden Streithähne Rücken an Rücken und wirkten sehr erleichtert.
Der Earl blieb vor ihnen stehen, sah beide prüfend an und verschränkte die Arme.
»Nun? Wer tat’s als Erster?« fragte er.
»Keiner, Mylord«, sagte er.
»Es geschah gleichzeitig«, bemerkte der Pflüger, ohne aufzusehen.
Peril musterte die unglücklichen Gesichter der Zuschauer, darunter befanden sich auch einige seiner Soldaten. Dann hatten sie umsonst gewettet. Er lächelte. Wie es oft geschah, hatten die Männer, denen eine Lektion erteilt worden war, gemeinsam gehandelt, um ihre Würde zu bewahren und die Wetten der Zuschauer zunichte zu machen. Er zog seinen Dolch und durchschnitt den Strick.
»Nun, wer bekommt Pferde?« fragte der Earl.
»Er«, sagte der Stallmeister und beäugte seinen ehemaligen Gegenspieler.
»Und was werdet Ihr mit den Pferden tun?« fragte er den Pflüger.
»Nicht zusammen mit den Ochsen anspannen«, erklärte jener. »Sie werden getrennt gestriegelt und gefüttert. Und er behält die Aufsicht über die Pferde.«
Eloise sah, wie der Earl jedem Mann die Hand schüttelte und dann mit beiden in den Stall ging, um Zugpferde auszuwählen. Unwillkürlich musste sie schmunzeln. Vielleicht war so ein sturer und halsstarriger Herr genau der richtige Mann für diese sturen und steifnackigen Menschen.
Als sie in den Saal zurückkamen, brummte Peril der Schädel, und auch die Wunden schmerzten ihn. Er wollte nur etwas kaltes Bier, warmes Brot mit knuspriger Kruste und frischen Käse. Er musste sich mit saurem Bier begnügen, halb verkohltem Brot und einer grauen Brühe, die er lieber nicht näher untersuchen wollte. Doch Eloise starrte ihn unverwandt an, als ob sie ein Hühnchen mit ihm rupfen wollte.
»Was ist denn?« fragte er.
»Ein Herr wird nach seiner Gastlichkeit beurteilt. Wenn Ihr Euren Männern und Gästen solche Kost vorsetzt, nimmt es nicht wunder, dass Euer Ruf bei den Nachbarn darunter leidet.« Pikiert sah sie auf das flüssige graue Etwas, in dem unansehnliche Klumpen schwammen.
»Ich habe Wichtigeres zu tun als …«
»… Euch an ungenießbarer Suppe den Magen zu verderben? Schweine würden dieses Zeug hier nicht anrühren.«
Er knallte seinen Becher auf den Tisch. Für heute hatte er genug an Erniedrigung und Belehrung einstecken müssen.
»Nun, das werden wir ja sehen.« Er sprang auf, schnappte sich ihre Schale und ging damit zum Ausgang. Eloise musste rennen, um Schritt zu halten, als er im Eiltempo an den Pferdeställen und der Molkerei den Hang hinuntermarschierte. Dort unten lag der anrüchigste Teil von Whitmore, der Schweinekoben.
Äußerst schwungvoll leerte er den Inhalt der Schale in einen alten Holztrog, der angefüllt war mit nicht näher bestimmbaren Resten. Dann stellte er sich erwartungsvoll daneben, als mehrere Ferkel angelaufen kamen, um die Bereicherung ihres Speisezettels zu beäugen. Eins nach dem anderen schnüffelten sie daran und kosteten, und eins nach dem anderen zogen sie sich gleich wieder zurück. Er erbleichte, als ihm die schreckliche Wahrheit dämmerte: Er hatte soeben etwas gegessen, was seine Schweine nicht fressen wollten.
Eloise erachtete es
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