Cordina's Royal Family 1-4
würde sagen, Reeve MacGee hat ein bewundernswertes System geschaffen, aber kein unüberwindbares.”
„Interessant.” Er griff nach der kleinen Porzellanfigur eines Falken und betrachtete sie. „Und haben Sie eine Theorie, wie dieses System unterlaufen werden könnte?”
„Von innen heraus.” Sie nippte wieder an ihrem Cognac.
„Und das Zentrum?”
„Genauso.”
„Dieses Stück, das die Prinzessin geschrieben hat, wird in ein paar Tagen uraufgeführt. Es wäre doch amüsant, eine kleine Störung zu inszenieren.” Er lächelte in sich hinein.
„Welcher Art?”
„Oh, ich spreche nur theoretisch, Sie verstehen. Die Fürstenfamilie würde sich nicht allzu behaglich fühlen, sollte der Abend irgendwie gestört werden. Ich würde das nur ungern verpassen. Werden Sie da sein?
„Man erwartet mich.” Hannah musste ihn zu etwas Endgültigem drängen. „Ich weiß gern, woran ich bin, Monsieur.”
„Dann wäre es klug von Ihnen, im Publikum zu bleiben. Ich möchte Sie nicht verlieren.”
Hannah änderte ihre Taktik. „Darf ich aus persönlicher Neugier fragen, weshalb Sie solches Interesse an der Fürstenfamilie haben? Das fasziniert mich, weil ich Sie so sehe, wie ich mich selbst einschätze, nämlich als Mensch, der sich am meisten für Profit und persönlichen Vorteil interessiert.”
„Profit ist immer wünschenswert.” Er stellte den Porzellanfalken ab.
„Persönlicher Vorteil kann unterschiedlichster Natur sein, stimmt’s?”
„Solange er Befriedigung bringt”, erwiderte Hannah. „Die Entführung der Prinzessin Gabriella oder die Drohung gegen die Bissets zur Erzwingung Ihrer Freilassung aus dem Gefängnis war eine Sache. Aber Sie sind nicht mehr im Gefängnis.” Erneut sah sie sich bewundernd in dem Raum um. „Ich möchte annehmen, dass Sie sich jetzt ertragreicheren Dingen zuwenden.”
„Jedes Geschäft muss zu einem Abschluss gebracht werden.” Zum ersten Mal registrierte sie eine Emotion, als er das Glas fester umklammerte. „Alle Schulden müssen zurückgezahlt werden. Die Zinsen für zehn Jahre sind hoch, sehr hoch. Geben Sie mir Recht?”
„Ja. Rache oder Vergeltung, wenn Ihnen das Wort lieber ist. Ich verstehe, es ist so schön, wie Diamanten es sind.” Und wenn sie ihn so ansah, wusste sie, dass er vor nichts Halt machen würde, um die Schulden einzutreiben. „Monsieur, Sie haben es so eingerichtet, dass ich in den Palast gelangen konnte. Ich werde dort bleiben, bis Sie Ihren Befehl ändern, aber ich möchte auch einige Anweisungen erhalten.” Sie machte eine lässige Geste. „Immerhin ist es Ihre Rache, nicht die meine. Ich habe nie blindlings drauflos gearbeitet.”
„Ein Mann, der alle seine Karten auf den Tisch legt, verliert seine Wirkung.”
„Zugegeben. Das trifft auch auf einen Mann zu, der seine Werkzeuge nicht schärft und sie bestmöglich einsetzt. Ich bin drin in der Sache, Monsieur. Ein Plan für die weitere Vorgehensweise wäre nützlich.”
Deboque legte seine Hände aneinander, so dass die Diamanten funkelten. „Lassen Sie mich eine Frage stellen. Wenn ein Mensch den anderen vernichten will, was tut er?”
„Am einfachsten ist es, sein Leben zu beenden.”
Deboque lächelte, und da sah Hannah das Teuflische. Es war mit Klasse überzogen, mit Eleganz verhüllt, aber sehr real. „Ich bin kein einfacher Mann. Tod ist endgültig, und selbst wenn er langsam geschieht, ist er bald vorüber. Um einen Menschen zu zerstören, die Seele, das Herz, ist mehr erforderlich als eine Kugel in den Kopf.” Er sprach von Armand, das war klar. „Um jemanden wirklich zu vernichten, nimmt man ihm das Wertvollste.”
Ihr Herz begann zu hämmern, doch sie sprach mit kühler Bewunderung.
„Seine Kinder?”
„Sie sind genauso intelligent wie schön.” Er beugte sich zu ihr und legte eine Hand auf ihre. Da spürte sie seine böse, tödliche Ausstrahlung. „Um jemanden leiden zu lassen und seine Seele zu zerstören, entreißt man ihm, was er am meisten liebt, und lässt ihn dann damit leben. Sind seine Kinder und Enkel tot, sein Land ins Chaos gestürzt, hätte ein Mann nichts zurückbehalten außer Elend. Und ein Land ohne Erben wird instabil und profitabel, wenn man schlau ist.”
„Sie alle”, sagte Hannah. Sie dachte an die kleine Marissa, die so hübsch und sanft war, und an Dorian mit seinem schmutzigen Gesicht und dem strahlenden Lächeln. Die Angst um sie alle war plötzlich so stark, dass Hannah fürchtete, sich durch irgendetwas zu verraten. Sie
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