Cordina's Royal Family 1-4
noch rechtzeitig ein. Selbst Hunde konnte man nicht außer Acht lassen, nicht, wenn sie ein Geschenk des russischen Botschafters waren.
Bennett hatte Mühe, die Unruhe der Tiere zu zügeln. „Ich sehe dich heute Morgen das erste Mal hier draußen.“
„Heute ist auch der erste Vormittag in dieser Woche, an dem ich keine Termine habe.“ Gabriella lächelte ein wenig unsicher darüber, ob sie sich schuldig oder erfreut fühlen sollte. Verlegen standen Bruder und Schwester einen Moment voreinander und suchten nach den richtigen Worten.
„Du hast ja deinen amerikanischen Schatten gar nicht bei dir“, prustete Bennett plötzlich los und grinste Gabriella an. Sie runzelte die Stirn. „Das ist Alex’ Spitzname für Reeve“, fuhr er jetzt sicherer fort. „Eigentlich mag ich ihn. Ich glaube, auch Alexander schätzt ihn, sonst würde er bestimmt viel förmlicher und unterkühlter reagieren. Ihm fällt es halt nur schwer, gerade zum jetzigen Zeitpunkt einen Fremden hier zu akzeptieren.“
„Man hat keinen von uns vorher gefragt, oder?“
„Nun, ich habe nichts gegen ihn. Stört es dich nicht wenn er dauernd um dich herum ist?“
Gabriella war inzwischen seit einer Woche wieder im Palast, aber Reeve war ihr noch ebenso fremd wie ihre eigene Familie. „Nein, allerdings manchmal…“ Sie warf einen Blick auf die prachtvollen Rabatten im Garten.
„Bennett, sag mir, habe ich schon immer so stark den Wunsch gehabt, von hier fort zu sein? Jeder ist so aufmerksam, so nett zu mir, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass ich irgendwohin müsste, wo ich Luft habe, wo ich allein bin, wo ich im Gras liegen und alles um mich herum vergessen kann.“
„Deshalb hast du doch diesen kleinen Bauernhof gekauft.“
Hastig machte sie einen Schritt auf ihn zu. „Bauernhof?“
„Ach, wir nennen ihn so, obwohl es eigentlich nur ein Stück unbebauten Landes ist. Manchmal drohst du uns damit, einmal dort ein Haus bauen zu lassen.“
Ein Bauernhaus, sann sie nach, ganz wie Reeve. „Bin ich damals auf dem Weg dorthin …“
„Ja.“ Die Hunde wurden unruhig, und Bennett ließ ihnen freien Lauf. „Ich war nicht hier, sondern in der Schule. Und wenn Vater seinen Willen bekommt, bin ich leider nächste Woche schon wieder in Oxford.“
Plötzlich fühlte Gabriella sich zu diesem Jungen, der an der Schwelle zum Mann stand und dem Einfluss des Vaters entgehen wollte, hingezogen. Sie hakte ihn unter und sagte impulsiv: „Bennett, mögen wir uns?“
„Welch alberne … wir mögen uns, wir sind sogar sehr gute Freunde. Du warst stets mein Fürsprecher bei Vater.“
„So? In welcher Hinsicht?“
„Nun, immer wenn ich in Schwierigkeiten war …“
„Was bei dir die Regel zu sein scheint?“
„Ja, allerdings“, bestätigte Bennett, machte aber keinen unzufriedenen Eindruck bei seinen Worten.
„Und ich?“ fragte Gabriella.
„Oh, du bist viel diskreter. Vater sagt immer, du seist das einzige seiner Kinder, das mit Vernunft gesegnet ist.“
„Du meine Güte!“ Gabriella krauste die Nase. „Und du kannst mich noch immer leiden?“
Mit einer brüderlichen Geste, die so natürlich, so herzlich war, dass ihr die Tränen in die Augen schössen, zerzauste Bennett ihr das Haar. „Mir ist es viel lieber, dass du vernünftig bis. Mir wäre Vernunft bei mir nur im Wege!“
„Und Alexander? Wie komme ich mit ihm zurecht?“
„Oh, gut.“ Er antwortete mit der Toleranz des jüngeren für seinen Bruder.
„Er hat es von uns allen am schwersten. Er kann keinen zweiten Blick auf eine Frau werfen, ohne dass die Presse es gleich aufbläht. Alex hat Diskretion zu einer Kunst entwickelt. Man erwartet von ihm einfach, dass er alles noch besser macht als andere. Und er muss sein ständig aufbrausendes Temperament zügeln. Vom Thronerben erwartet man, dass er keine Skandale oder Szenen – weder in der Öffentlichkeit noch im Privatleben – hat.“
Bennett lächelte ihr zu, und mit einer raschen Geste zog er sie an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich vermisse dich, Brie. Hoffentlich erinnerst du dich bald.“
„Ich werde mich bemühen.“
Mehr als jeder andere verstand Bennett offensichtlich, dass man Liebe nicht erzwingen konnte. Als er sie losließ, klang seine Stimme wieder locker und unbesorgt. „Ich muss jetzt die Hunde wegbringen, ehe sie den ganzen Garten umgewühlt haben. Soll ich dich zurückbegleiten?“
„Nein, danke, ich bleibe noch einen Augenblick. Heute Nachmittag habe ich eine Anprobe
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