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Corkle 1

Corkle 1

Titel: Corkle 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas
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den Schlüssel ins Schloß und drehte ihn um.
    Die Stimme kam aus dem tiefen Schatten links von mir.
    »Guten Morgen, Herr McCorkle. Ich warte schon eine ganze Weile auf Sie.«
    Es war Maas.
    Ich stieß die Tür auf. »Die Polizei sucht nach Ihnen.«
    Er trat aus dem Schatten. In der einen Hand hielt er die vertraute Aktentasche, in der anderen die Luger. Sie zeigte nicht auf mich. Sie hing einfach locker an seiner Seite.
    »Ich weiß. Eine bedauerliche Affäre. Ich befürchte, ich muß mich zu Ihnen einladen.«
    »Das ist nett«, sagte ich. »Das Bad liegt rechts, und frische Handtücher sind im Wäscheschrank. Frühstück gibt es um zehn, und wenn Sie irgendeinen besonderen Wunsch haben, sagen Sie es nur dem Hausmädchen.«
    Maas seufzte. »Ihr Englisch ist sehr schnell, Herr McCorkle, aber mir scheint, daß Sie Witze machen. Das war doch ein Witz, oder?«
    »Ich nehm’s an.«
    Wieder seufzte Maas. »Wollen wir hineingehen? Sie zuerst, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Ich habe nichts dagegen.«
    Wir gingen hinein, ich zuerst. Ich trat an die Bar und goß mir einen Drink ein. Maas sah mir mißbilligend zu. Vielleicht weil ich ihm nichts anbot. Zum Teufel mit ihm. Es war mein Schnaps.
    Ich trank den ersten und füllte mir gleich nach. Dann setzte ich mich in einen Sessel, legte ein Bein über die Armlehne und zündete mir eine Zigarette an. Bestimmt führte ich eine sehr gute Schau vor. Gelassen, nonchalant. Der Inbegriff eines weltgewandten Barbesitzers. Maas stand mitten im Zimmer, fett, in mittleren Jahren, müde. Die Aktentasche hielt er mit der linken Hand, in der rechten baumelte nach wie vor die Luger. Sein brauner Anzug war zerknittert, sein Hut war verschwunden.
    Ich sagte: »Ach, zum Teufel auch. Stecken Sie die Waffe fort und nehmen Sie sich was zu trinken.«
    Er sah auf die Pistole, als wäre ihm gerade ein zweiter Daumen gewachsen, und schob sie ins Schulterhalfter. Er schenkte sich ein Glas ein.
    »Darf ich mich bitte setzen?«
    »Legen Sie die Füße hoch, wenn Sie wollen. Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
    »Sie haben eine sehr hübsche Wohnung, Herr McCorkle.«
    »Vielen Dank. Ich habe sie mir ausgesucht, weil ich ungestört sein wollte.«
    Er nippte an seinem Glas. Sein Blick wanderte durch den Raum. »Sie wundern sich wohl, daß ich hier bin.«
    Das schien mir keine Antwort zu erfordern.
    »Wissen Sie, die Polizei sucht nach mir.«
    »Ich weiß.«
    »Dieser unglückselige Vorfall heute nachmittag.«
    »Er war besonders unglückselig, weil er sich in meiner Bar abspielte. Und nur aus Neugier, wer hat sich den Treffpunkt ausgesucht? Sie oder Ihr verstorbener Freund?«
    Er sah mich nachdenklich an. »Ihr Whisky ist ausgezeichnet, Herr McCorkle.«
    Ich bemerkte, daß sein Glas leer war. »Bedienen Sie sich.«
    Er ging zur Bar und drehte mir den Rücken zu, während er eingoß. Ich sah den Rücken an und dachte, daß er ein schönes Ziel für ein Messer bieten würde, wenn ich eines gehabt und mich daran erinnert hätte, wie man es wirft. Oder ich hätte ihn mit dem Schüreisen niederschlagen können. Oder mit einem Klammergriff packen. Ich hätte eine Menge tun können, aber ich blieb im Sessel sitzen, trank meinen Whisky, rauchte meine Zigarette, bot das vollkommene Bild der Untätigkeit, die der Unentschlossenheit entspringt. Maas drehte sich mit dem Glas in der Hand um, ging müde durch den Raum und ließ sich in einen Sessel sinken. Er trank einen Schluck und seufzte anerkennend. An diesem Abend schien er voller Seufzer zu sein.
    »Es war ein so langer Tag«, sagte er.
    »Jetzt, da Sie es erwähnen – ich muß Ihnen zustimmen. Es tut mir auch leid, daß ich Sie auf die unfreundliche Tour mit ›Hier ist Ihr Hut, warum haben Sie es so eilig?‹ drängen muß, aber ich bin müde. Ich habe heute vormittag eine Verabredung mit der Polizei, die mir ein paar Fragen stellen will. Und dann geht es auch darum, daß das Lokal weitergeführt werden muß. Damit decke ich meinen Lebensunterhalt. Wenn Sie also nichts dagegen haben, wäre ich Ihnen sehr verbunden – Sie ahnen nicht, wie sehr –, wenn Sie freundlicherweise verschwinden könnten.«
    Maas lächelte flüchtig. »Ich fürchte, das ist unmöglich. Wenigstens für einige Stunden. Ich brauche einen Platz, wo ich schlafen kann. Die Couch hier genügt mir völlig. Gegen Mittag bin ich fort.«
    »Sehr gut. Um elf Uhr bin ich bei der Polizei. Ich bin kein verschwiegener Mensch, ich rede gern. Es würde mir nichts ausmachen, der Polizei zu erzählen,

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