Corkle 1
aber sorgen Sie dafür, daß sie den Mund hält. Und gehen Sie ihr nicht an die Wäsche.«
»Mein Gott, das habe ich ihr doch alles schon gesagt, aber sie macht sich trotzdem Gedanken.«
»Erzählen Sie es ihr noch mal. Und jetzt hören Sie zu: Ich habe in Berlin einen getroffen, der weiß, wo ein Lincoln Continental von 1940 zu haben ist, nämlich in Kopenhagen. Er wurde unmittelbar vor dem Krieg geliefert, und der Besitzer konnte ihn vor der Besatzung verstecken. Schaffen Sie mir Hilde vom Hals, dann finanziere ich Ihnen den Wagen.«
Karl war verrückt nach alten Autos. Er hatte alle einschlägigen Zeitschriften abonniert und fuhr ein dreifenstriges Ford Coupé von 1936, das er einem amerikanischen Gl für 1500 DM abgekauft hatte. Ich glaube, er lackierte den Wagen gerade eigenhändig zum elften Mal. Er hatte einen alten Oldsmobile-Motor und konnte meinen Porsche mühelos abhängen. Wenn ich ihm eine Goldmine angeboten hätte, wäre er nicht glücklicher gewesen.
»Machen Sie keine Witze«, sagte er.
»Ich mache keine Witze. Ich bin einem Air-Force-Captain begegnet, der mir davon erzählt hat. Der Mann will tausend Dollar dafür. Wenn sich die Geschichte hier beruhigt hat, gebe ich Ihnen tausend Dollar, dann können Sie hinfahren und sich das Ding holen. Er läuft gut, wurde mir gesagt.«
»Und Sie wollen mir die Kohle leihen?«
»Wenn Sie Hilde ruhighalten.«
»Mach ich, selbstverständlich. Was für eine Farbe hat er denn?«
»Mixen Sie die Manhattans.«
Karl versank in eine Art Glücksrausch, und ich setzte mich an einen Tisch und steckte mir eine Zigarette an. Ich überlegte, ob ich etwas trinken sollte, entschied mich aber dagegen. Es war kurz nach zwölf, noch zu früh für Gäste. Ich begann, die Zigarettenlöcher auf dem anderthalb Quadratmeter großen Teppichstück links von meinem Sessel zu zählen. Dann zählte ich die rechts. Zusammen waren es sechzehn. Ich überlegte, wieviel ein neuer Teppich kosten würde, und kam zu der Ansicht, daß es sich nicht lohnte. In der Stadt gab es eine Firma, die Teppiche reparierte, indem sie kleine Flicken in fast passendem Farbton an den Brandstellen einsetzte. Durch verschüttete Getränke würden sich die neuen Flicken bald anpassen. Ich beschloß, die Firma anzurufen.
Ich hörte, wie die Tür zur Straße geöffnet wurde, und sah blendendes Sonnenlicht, als zwei Männer hereinkamen. Der eine hatte irgend etwas mit der amerikanischen Regierung zu tun, den anderen kannte ich nicht. Sie übersahen mich an meinem Tisch links von ihnen. Mit dem üblichen Knurren über das Katakombendunkel im Lokal gingen sie zur Bar.
Sie bestellten Bier. Als Karl sie bedient hatte, fragte der eine, dem ich schon begegnet war: »Ist McCorkle da?«
»Da drüben sitzt er, Sir«, antwortete Karl.
Ich drehte mich im Sessel um. »Kann ich Ihnen helfen?«
Sie nahmen die Gläser und kamen zu mir herüber. »Hallo, McCorkle. Ich bin Stan Burmser. Wir haben uns bei General Hartseil kennengelernt.«
»Ich erinnere mich«, sagte ich, und wir reichten uns die Hand.
»Das ist Jim Hatcher.«
Wir schüttelten uns gleichfalls die Hand.
Ich bat sie, Platz zu nehmen, und bestellte mir bei Karl einen Kaffee.
»Sie haben ein hübsches Lokal hier, Mr. McCorkle«, sagte Hatcher. Er hatte einen knappen, schroffen Tonfall, der nach oberem Michigan klang. Wahrscheinlich irrte ich mich.
»Danke.«
»Mr. Hatcher und ich hätten uns gern mit Ihnen unterhalten«, sagte Burmser. Er klang nach St. Louis. Er sah sich im Raum um, als ob ein Dutzend Leute ihn zu belauschen versuchten.
»Gern«, sagte ich. »Wir haben hinten ein Büro. Nehmen Sie einfach Ihre Gläser mit.«
Wir standen auf und wanderten im Gänsemarsch zu dem Büro, einem kleinen Raum mit Schreibtisch, drei Aktenschränken, einer Schreibmaschine und drei Stühlen. Außerdem gab es den ganz interessanten Kalender einer Dortmunder Brauerei.
»Setzen Sie sich, meine Herren«, sagte ich und ließ mich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch nieder. »Zigarette?«
Burmser nahm eine, Hatcher schüttelte den Kopf. Dann lehnten wir uns alle zurück, nippten an unseren Getränken, und Burmser und ich bliesen Hatcher mit Zigarettenrauch an. Es schien ihn nicht zu stören.
»In den Botschaftszirkeln machen Sie sich ziemlich rar«, sagte Burmser.
»Wenn man eine Kneipe hat, wird man zum Einsiedler.«
Hatcher war anscheinend der Ansicht, damit sei den gesellschaftlichen Verpflichtungen Genüge getan. »Der Grund, weshalb wir hier sind,
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