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Corkle 1

Corkle 1

Titel: Corkle 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas
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Zigarette austrat. Er las mir meine Aussage vor. Ich hatte sie auf Deutsch abgegeben, und sie erschien mir länger, detaillierter, pedantischer und methodischer, als ich sie in Erinnerung hatte. Sie hatte den merkwürdigen Klang der eigenen Stimme, die aus dem Mund eines anderen kommt.
    »Erscheint Ihnen das so korrekt, Herr McCorkle?«
    »Ja.«
    »Ihre Angestellten, der Barmann und die Kellnerin, sind bereits bei uns gewesen und haben ähnliche Aussagen gemacht. Wollen Sie sie lesen?«
    »Nur wenn sie stark von meiner abweichen.«
    »Das tun sie nicht.«
    Ich nahm den Füller, den er mir reichte, und unterschrieb drei Kopien. Die Feder kratzte etwas. Ich gab ihn Wentzel zurück.
    »Ich nehme an, Sie haben von diesem Maas nichts gehört?«
    »Nein.«
    Wentzel nickte. Er schien weder überrascht noch enttäuscht zu sein. »Ihr Kollege, Herr Padillo – war er über den gestrigen Vorfall sehr besorgt?«
    Es hatte keinen Sinn, in diese Falle zu tappen. »Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Ich nehme an, daß es ihm Sorgen machen wird.«
    »Aha.« Wentzel stand auf. Ich stand auf. Der Mann am Fenster blieb sitzen, versunken in den Anblick der Ziegelmauer.
    »Falls sich Weiterungen ergeben, die Sie betreffen, Herr Mc-Corkle, werden Sie von uns hören.«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Und sollte dieser Maas versuchen, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, werden Sie uns doch gewiß benachrichtigen?«
    »Mache ich.«
    »Dann ist das wohl alles, glaube ich. Vielen Dank.« Wir schüttelten uns die Hand. »Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich.
    »Auf Wiedersehen«, sagte der Mann auf dem Stuhl am Fenster.
    Maas hatte, auf der Couch zusammengerollt, fest geschlafen, als ich an diesem Morgen meine Wohnung verließ. Nach allem, was ich wußte, war er wohl noch da. Es war noch nicht Mittag, der Zeitpunkt seiner Verabredung. Ich verließ das Polizeigebäude im Zentrum Bonns und ging um die Ecke in eine Bierstube.
    Ich stellte mich zu den übrigen Morgentrinkern an den Tresen und bestellte ein Pils und einen Weinbrand. Ich sah auf meine Uhr. Es war elf Uhr fünfundzwanzig. Meine Vernehmung bei Wentzel hatte keine zwanzig Minuten in Anspruch genommen. Der Weinbrand war leer, aber mein Bierglas noch fast voll. Ich entschloß mich zu einem weiteren Kognak. »Noch einen Weinbrand, bitte.«
    »Ein Weinbrand«, wiederholte der Barmann, stellte ihn mit einer schwungvollen Handbewegung vor mich und murmelte: »Zum Wohlsein.«
    Es war Zeit für nüchterne Überlegung, für Raffinesse und gerissene Tücke. Hier stand McCorkle, ein friedlicher Kneipenwirt, und hatte einige der teuflischsten Köpfe Europas gegen sich. Maas zum Beispiel. Er mußte einen teuflischen Kopf haben. Ich dachte an den kleinen fetten Mann, konnte mich aber nicht dazu bringen, ihn zu verabscheuen oder gar zu hassen. Mit etwas Mühe hätte ich wahrscheinlich ein paar Ausreden für sein Verhalten finden können. Dann war da Padillo, Gott allein wußte, auf dem Weg wohin. Wie gut kannte ich Padillo? Nicht besser als den Bruder, den ich nie hatte. Es gab eine Menge Fragen, deren Antworten nicht gerade auf dem Boden eines Glases zu liegen schienen, deshalb ging ich auf die Straße hinaus, stieg in meinen Wagen und fuhr nach Godesberg.
    Die Routine des Öffnens, der Überprüfung der Speisenkarte, der Abrechnung, des Ausschreibens von Bestellungen nahm die nächste halbe Stunde in Anspruch. Karl stand etwas mürrisch hinter der Bar.
    »Ich hab die Polente noch nie angelogen.«
    »Sie kriegen einen Bonus.«
    »Das wird mir im Knast viel nützen.«
    »Sie kommen nicht in den Knast. Sie sind nicht wichtig genug.«
    Er fuhr sich mit dem Kamm durch sein langes blondes Haar. Weiß der Himmel, wem er in dieser Woche ähnlich zu sehen versuchte. »Also, ich hab nachgedacht und finde nicht, daß wir wegen Mike lügen müssen.«
    »Was heißt hier ›wir‹?« fragte ich. »Haben Sie schon wieder mit dem Personal rumgemacht?«
    »Ich habe Hilde gestern abend nach Hause gebracht; sie war ganz verstört und hat angefangen, Fragen zu stellen.«
    »War das, bevor oder nachdem Sie sie aufs Kreuz gelegt haben? Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen Ihre Finger vom Personal lassen. Sie gehören zur Geschäftsführung.« Das tat ihm gut. »Wenn sie wieder damit anfängt, sagen Sie ihr einfach, Padillo hätte Ärger wegen Weibergeschichten.«
    »Das ist nicht gelogen«, sagte Karl.
    »Sagen Sie ihr, er wäre vor einem eifersüchtigen Ehemann davongelaufen. Sagen Sie ihr, was Sie wollen,

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