Corum 03 - Das Ende der Götter
sind gefangen!« rief Jhary.
»Dann müßt Ihr versuchen, das Schiff durch die Ebenen zu steuern. Nur so können wir ihnen vielleicht noch entkommen.«
»Aber es ist möglich, daß diese Chaos-Kreaturen ebenfalls die Mauer zwischen den Dimensionen zu durchdringen vermögen.«
Hoffnungslos hackte Corum mit seiner Klinge auf die Zungen ein, aber genausogut hätte er auch gegen Rauch kämpfen können. Die Zungen zerrten weiter am Schiff und zogen es immer näher an die Streitwagen heran. Die Denledhyssi erwarteten bereits mit Triumphgeheul, auf das Schiff springen zu können, um die Fliehenden zu erschlagen.
Doch mit einem Mal verschwammen die riesigen schwarzen Schwingen, und die Stadt unter ihnen schien wie in einem Schleier zu versinken. Blitze zuckten durch die plötzliche Finsternis. Purpurne Lichtkugeln tauchten auf. Das Schiff zitterte wie ein furchtsames Wild, und Corum spürte, wie eine wohlbekannte Übelkeit ihn befiel. Wütend schlugen die schwarzen Flügel um sich, als sie wieder klarer zu sehen waren. Jhary hatte also richtig vermutet. Die schrecklichen Geschöpfe vermochten ihnen durch die Dimensionen zu folgen!
Jharys Hände huschten über die Kristalle. Das Schiff schaukelte und war nahe am Kippen. Wieder kam das Zittern, die Blitze und die purpurnen Kugeln, und eine aufgewühlte Wolke aus rotem und orangem Licht umhüllte sie.
Die Rauchzungen, die sie festgehalten hatten, waren verschwunden. Doch die schwarzen Kreaturen flogen weiter. Sie sahen sie durch das Zickzack von absoluter Finsternis und blendender Helle. Auch ihre Schreie waren zu hören, genau wie die wüsten Flüche Glandyth-a-Kraes. Doch dann umgab sie Grabesstille.
Corum vermochte Rhalina nicht mehr zu sehen, genausowenig wie Jhary. Nur das Schiff spürte er noch unter seinen Füßen.
Sie trieben durch totale Schwärze und absolute Stille. Sie befanden sich im Nichts zwischen den Ebenen.
ZWEITES BUCH
In dem berichtet wird, wie Corum und seine Gefährten die volle Bedeutung des Chaos erfahren und auf welches Ziel es hinarbeitet, und in dem sie noch mehr über die Natur der Zeit lernen.
DAS ERSTE KAPITEL
Das entfesselte Chaos
»Corum?«
Es war Rhalinas Stimme.
»Corum?«
»Ich bin hier!«
Er streckte seine rechte Hand aus und tastete nach ihr. Endlich berührten seine Finger ihr Haar. Er legte seinen Arm um ihre Schultern.
»Jhary?« rief er. »Jhary, seid Ihr da?«
»Ich bin hier. Ich versuche alle möglichen Einstellungen, aber die Kristalle reagieren nicht. Ist das hier der Limbus, das Nichts, Corum?«
»Vermutlich. Wenn wir nicht atmen könnten, und es nicht verhältnismäßig warm hier wäre, würde ich annehmen, daß das Schiff im leeren Raum, im Kosmos jenseits des Himmels treibt.«
Bedrücktes Schweigen senkte sich über sie.
Plötzlich durchbrach ein schmaler Streifen goldenes Licht die absolute Finsternis, schien sie in zwei Hälften zu teilen. Während sie selbst sich noch in der Dunkelheit befanden, verbreitete der Lichtstreifen sich und schob die andere Hälfte der Finsternis wie einen Vorhang in die Höhe.
Obwohl sie sich gegenseitig noch nicht zu sehen vermochten, erlebten sie doch, wie die gewaltige goldene Hälfte sich veränderte.
»Was ist das, Corum?«
»Ich weiß es nicht, Rhalina. Ihr, Jhary?«
»Dieser Limbus ist vielleicht die Domäne des kosmischen Gleichgewichts ein neutrales Gebiet, wohin sich normalerweise weder Götter noch Sterbliche verirren.«
»Glaubt Ihr, wir sind durch Zufall hier hereingetrieben?«
»Ich weiß es nicht.« Plötzlich erhob sich wie hinter einem hochgezogenen Vorhang ein Bild vor ihnen:
Alles war riesig, aber im richtigen Verhältnis zueinander.
Ein Reiter trieb sein Pferd über eine Wüste unter einem weißen und purpurnen Himmel. Der Berittene hatte milchweißes Haar, das hinter ihm im Winde wehte. Seine Augen waren rot und von wilder Bitterkeit erfüllt. Seine Haut war weiß wie gebleichte Knochen. In der Statur ähnelte er den Vadhagh. Auch er hatte kein ganz menschliches Gesicht. Er war ein Albino und trug eine schwarze barocke Rüstung, die auf feinste geschmiedet und verziert war. Ein großer Helm bedeckte seinen Kopf. An seiner Seite hing ein Schwert.
Dann wechselte das Bild und der Albino saß nicht mehr auf einem Pferd. Er ritt auf einer Kreatur, die ein wenig jenen ähnelte, von denen sie verfolgt worden waren. Es schien ein Drache zu sein. Das schwarze Schwert hielt der Albino in der Hand. Ein eigenartiges dunkles Leuchten ging von dieser Waffe
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