Corum 03 - Das Ende der Götter
Schatten, die sich aus dem Osten näherten. Gut zwanzig waren es. Er machte Jhary darauf aufmerksam.
»Wir kehren am besten zum Tempel zurück und warnen Aleryon und Rhalina.«
»Glaubt Ihr denn nicht, daß sie im Tempel der Ordnung am sichersten sind?«
»Nicht mehr, Jhary.«
Die schwarzen Schatten flogen niedrig und entschlossen. Riesige Schwingen schlugen in gleichmäßigem Rhythmus. Schrille Schreie gellten durch die Abendluft. Es waren wilde und doch gleichzeitig melancholische Schreie, die Schreie verdammter Seelen. Doch was dort flog, waren Tiere. Vögel mit langen, schlangenartigen Hälsen, deren schmale Köpfe sich unruhig bewegten, und deren Augen den Boden absuchten. Auch die Augen blickten wild und melancholisch zugleich, als flehten sie um Erlösung. Aus ihren Mündern, sie hatten keine Schnäbel wie normale Vögel, ragten lange scharfe Fangzähne. Auf ihre breiten schwarzen Rücken geschnallt, trugen sie die Streitwagen der Denledhyssi. In diesen standen die Mabden-Mörder. Und allen voraus eine kräftige Gestalt mit einem Flügelhelm und einem gewaltigen eisernen Schwert. Sie vermeinten sein Gelächter zu hören, obwohl es sicher nur das Schreien der schwarzen fliegenden Bestien war.
»Das ist Glandyth«, murmelte Corum mit verzerrtem Lächeln. »Ich fürchte, wir werden kämpfen müssen. Wenn ich Hilfe herbeizurufen vermag, kann diese einstweilen Glandyth beschäftigen, während wir Rhalina und Aleryon warnen.«
Er hob seine gute Rechte zu seinem fremdartigen Auge, um den Schild hochzuheben, damit er in die Unterwelthöhle schauen könne, wo jene harrten, die er mit der Macht der Hand Kwlls und des Auges Rhynns erschlagen hatte. Denn diese waren jetzt seine Gefangenen. Sie warteten darauf gerufen zu werden, damit sie sich Opfer suchen könnten, die ihre Stelle in jener Unterwelt einnehmen muß-ten, damit sie selbst erlöst würden. Aber der Schild bewegte sich nicht. Es war, als wäre er mit dem Auge darunter verwachsen. Corum zog mit aller Kraft. Er hob die Hand Kwlls, die über übernatürliche Kraft verfügte, aber sie weigerte sich, den Schild auch nur zu berühren. Jene fremdartigen Körperteile, die ihn schon so oft gerettet hatten, verwehrten ihm nun die Hilfe.
War die Macht des Chaos bereits so groß, daß sie sogar Kwlls Hand und Rhynns Auge zu bannen mochte?
Grenzenlose Verzweiflung packte Corum und aus seinem eigenen Auge liefen Tränen. Er begann zum Tempel der Ordnung zurückzulaufen.
DAS SECHSTE KAPITEL
Der schwache Gott
Als Corum und Jhary mit schwerem Herzen zum Tempel der Ordnung zurückkehrten, sahen sie, daß Rhalina am Portal auf sie wartete. Sie lächelte.
»Er ist hier! Er ist gekommen!« rief sie. »Lord Arkyn ist.«
»Und Glandyth kommt aus dem Osten«, keuchte Jhary. »Wir müssen mit dem Himmelsschiff fliehen. Etwas anderes können wir nicht tun. Corums Macht ist dahin. Weder die Hand noch das Auge gehorchen ihm mehr.«
Corum stapfte mit schweren Schritten in den Tempel. Er war verbittert und wollte Arkyn seine Meinung sagen. Corum hatte dem Lord der Ordnung zur Rückkehr verholfen, aber nun ließ der Gott ihn offenbar im Stich.
Etwas schwebte am hinteren Ende des Tempels, in der Nähe Aleryons, der mit bleichem Gesicht am Boden saß und sich mit dem Rücken gegen die Wand lehnte. Was war es? Ein Gesicht? Ein Körper? Corum strengte sein Auge an, aber je intensiver er schaute, desto schwächer schien die Erscheinung zu werden.
»Lord Arkyn?«
»Aye«, flüsterte eine kraftlose, weit entfernt klingende Stimme.
»Was ist geschehen? Warum sind die Mächte der Ordnung so schwach?«
»Sie sind nur dünn über die beiden Domänen verteilt, die wir beherrschen. Mabelrode schickt all seine Hilfskräfte, um jene zu unterstützen, die hier dem Chaos dienen. Wir kämpfen auf zehn Ebenen, Corum. Zehn Ebenen und wir haben die Macht hier noch nicht lange. Unsere Kräfte sind noch nicht sehr stark.«
Corum hielt ihm seine nutzlose fremdartige Hand entgegen. »Warum gehorchen mir Kwlls Hand und Rhynns Auge nicht mehr? Sie waren unsere einzige Hoffnung, Glandyth zu schlagen!«
»Ich weiß ihr müßt fliehen. Bringt euer Himmelsschiff durch die Dimensionen sucht das ewige Tanelorn. Es gibt eine Verbindung zwischen deiner Hilflosigkeit und Tanelorn.«
»Eine Verbindung? Welcher Art?« »Ich kann es nur fühlen. Der ständige Kampf hat mich geschwächt, Corum. Ich bin so müde. Meine Kräfte lassen nach. Findet Tanelorn!«
»Wie soll ich das? Jhary vermag das Himmelsschiff
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