Coruum Vol. 1
O’Shadiif glaubte nicht ohne weiteres daran, dass die erste Kultur aus Coruum vernichtet worden war. Ashia war bei weitem zu naiv. Er würde sich bald um sie kümmern müssen, vielleicht wurde sie früher entbehrlich als er angenommen hatte.
Immerhin war Harkcrow auch gestorben, und es bestand die berechtigte Chance, dass mit ihm auch der letzte Mitwisser in den Reihen der Sieben Königreiche dahingegangen war.
Mit einer Hand fuhr er sich gedankenverloren durch den sorgfältig gestutzten Händlerbart. Die Perlen klingelten leise.
Mit leiser Stimme sprach er in den Raum: »Pleet, wann erreichen wir den Rendezvouspunkt?«
Ein Holodisplay in der Mitte seines Gemachs erwachte zu Leben. Das Bild des Landsuchers auf der Brücke der Si’Recostra erschien.
»In fünfzehn Minuten, Cektronn.« Der Gildenoffizier im Display vollführte eine tiefe Verbeugung.
Ten O’Shadiif schaltete es mit einer Fingerbewegung ab. Er verfluchte zum wiederholten Mal die rückständige Technologie der Gilde und der Unsichtbaren Flotte. Seine Jacht raste mit Höchstgeschwindigkeit von einem Sprungpunkt zum nächsten auf den Weg in die Mitte der Nebelwelten.
Um sich nicht mit den gigantischen Treibstoffmengen für den Hyperraumsprung abschleppen zu müssen, hatte er eine ganze Reihe von Versorgungsschiffen zu den entsprechenden Stationen seiner Reise beordern müssen, damit sich die Si’Recostra an den Potentialpunkten mit entsprechendem Treibstoff für die Sprungdurchführung versorgen konnte. Alles Spuren, die nicht mehr zu verwischen waren.
Der nächste Sprung wäre der letzte. Er würde ihn direkt in das Zielsystem der Benedictine bringen. Wenn ihn seine Ahnung nicht trog, konnte er von ihr die richtigen Informationen erhalten. Hoffentlich noch rechtzeitig.
Ashia
»Sie sind eingetroffen, Dawn.« Tulier Ul’Ambas machte mir Meldung mit einer leichten Verbeugung. Unser Verhältnis schien wieder zu stimmen.
Ich schenkte ihm ein Lächeln.
»Danke, Kapitän.« Es wurde auch Zeit. Die Schiffe der Unsichtbaren Flotte hatten sich um einen Tag verspätet.
Ich hatte den Tag genutzt, das weitere Umfeld von Coruum zu scannen – und war auf ein zweites Depot in unmittelbarer Umgebung gestoßen. Es war diesmal wirklich ein Standarddepot, unberührt, unentdeckt, unauffällig – weniger als einhundert Kilometer vom ersten entfernt. Die Kommunikationseinrichtung reagierte auf meine Routinebefehle und identifizierte sich als Extraktionsdepot von Tikal, letztmalig versiegelt 29.226, gut ein Jahr nach dem Depot in Coruum.
Aber das waren auch schon alle Informationen, die ich bekam. Die dortige Extraktionshistorie war ebenfalls gelöscht worden. Mein Eindruck war, dass Ten O’Shadiif diese Entdeckung noch mehr beunruhigt hatte, als die neuen Fragen, die sich nach meinem Besuch in Coruum gestellt hatten.
Erwartungsgemäß trug er mir auf, auch das zweite Depot vollständig zu zerstören.
Im Navigationshologramm der Ashantie waren zwei neue Symbole erschienen, ihre Kursvektoren schnitten sich mit unserem in der Umlaufbahn um den Planeten.
Nur zwei Schiffe!
»Das ist nicht viel.« Lumidor wandte sich in seinem Exor zu mir um. »Ein schneller Truppentransporter und ein Zerstörer mit zwei angedockten Jagd-Korvetten.«
»Es wird reichen müssen, Erster. Wir wollen ja nicht den ganzen Planeten auseinandernehmen.«
Tulier Ul’Ambas sah mich entsetzt an.
»Ich scherze, Kapitän!« sagte ich lächelnd in seine Richtung.
»Eine Meldung, Kapitän!« Einer der Brückenoffiziere informierte ihn.
In der Mitte der Brücke erschien das Bild eines in Schwarz gepanzerten Soldaten ohne Helm und in unbestimmbarem Alter.
Ein Schauer überkam mich. Das waren keine Truppen der Unsichtbaren Flotte. Das waren Z-Zemothy Kampftruppen. Auf seiner linken Brustplatte hatte der Soldat das Symbol seiner Einheit eingraviert. Ein Planet, der gerade auseinander brach. Darunter eine liegende Acht auf einem gepunkteten Querstrich. Ein anonymer Dienstgrad. Keine Identifikation möglich.
Sein bleiches Abbild sah sich auf der Brücke der Ashantie um und konzentrierte sich dann auf mich. Das Gesicht mit hoher Stirn – wie aus Stein gemeißelt – eingerahmt von kurzen braunen Haaren und von tiefen Falten durchfurcht. Kleine, schwarze Pupillen blickten zwischen den Blenden der Augenschilde ohne zu zucken geradeaus. Schmale Lippen sprachen.
»Ich bin Ambre El’Sadooni, Befehlshaber der Zerbe-Einheit.«
Er neigte den Kopf. »Ich stehe unter Eurem Kommando,
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