Coruum Vol. 2
du ehrenvoll sterben und ich werde deinem König gegenüber im höchsten Lob von dir sprechen.«
Der junge Krieger aus Coruum erwiderte nichts, sondern verstärkte den Druck seiner linken Hand auf den Hals des Königssohns ein wenig, worauf dieser zu röcheln begann. »Solltest du einen Versuch wagen zu entkommen, werde ich dich mit Vergnügen dem Todesgott opfern und Sonne des Königs wird dein schlagendes Herz essen.«
Jaguarundi zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Hohepriester es ernst meinte. Die Krieger hatten sich geteilt und begannen sich langsam an der Wand lang zu ihm zubewegen. Der Fremde sah ihn gleichgültig an, vielleicht war er gespannt darauf zu sehen, wie seine Vasallen dieses Problem lösen würden. Jaguarundi würde nun beweisen müssen, dass es auch ihm Ernst war, den Königssohn zu töten, würden sie ihn nicht gehen lassen. Mit einer schnellen Bewegung stach er die Obsidianklinge ein paar Zentimeter tief seitlich von rechts in den Brustkorb des vor ihm Stehenden. Sonne des Königs versteifte sich schlagartig. Jaguarundi zwang ihn mit einer winzigen Bewegung des Messers auf die Zehenspitzen und schob ihn langsam vor sich her zum Ausgang.
»Du wirst nicht entkommen, Krieger. Du wirst sterben.« Die Augen des Hohepriesters sprühten vor Hass.
Jaguarundi schob seinen Gefangenen an der weißen Steinbank vorbei, weiter auf den vom Vorhang versperrten Ausgang zu. Die beiden Krieger befanden sich nun zu seinen Seiten an den Wänden des Tempels, vermieden jedoch hastige Bewegungen. Der Sohn des Königs hatte wohl doch ein gewisses Gewicht, stellte er befriedigt fest. Da er keine Hand frei hatte, drehte er sich mit Sonne des Königs vor der Brust durch den Vorhang und befand sich mit ihm allein auf dem kleinen Innenhof, direkt vor der blau leuchtenden Scheibe mit dem kleinen Opfermesser. Gedämpfte aufgeregte Stimmen aus dem Inneren des Tempels drangen an sein Ohr. Er hatte nicht mehr viel Zeit. Sein Gefangener stöhnte vor Schmerz. Jaguarundi fasste einen Plan.
Mit einem schnellen Ruck zog er die Klinge aus der Brust des Königssohns und stieß ihn vor dem Eingang zum Tempel auf den regennassen Boden.
»Euer Verrat wird keinen Bestand haben, Feigling!«, zischte er Sonne des Königs zu, drehte sich um und riss mit einer entschlossenen Bewegung das goldene Opfermesser aus der leuchtenden, blauen Scheibe. Dann rannte er durch den Gewölbegang zurück auf das oberste Plateau der Hauptpyramide und lauschte.
Ein leises Summen und unterdrückte Schreie waren aus dem Gang hinter ihm zu vernehmen. Mit einem kurzen Blick vergewisserte er sich, dass die Wachen am unteren Ende der östlichen Repräsentationstreppe auf ihren Posten waren – sie hatten nichts bemerkt. Der junge Krieger steckte das Opfermesser in seinen Lederpanzer, dankte K’inich Ajaw , dem Sonnengott, für das gute Schicksal, umrundete den oberen Tempel auf dem Plateau und machte sich an den gefährlichen Abstieg, die durch einen Wolkenbruch nass und schlüpfrig gewordene westliche Repräsentationstreppe hinab.
Er hatte fast das unterste Plateau der Pyramide erreicht, als laut aufgeregte Rufe von oben an sein Ohr drangen. Die beiden Wachen am Fuße dieser Treppe – nur noch wenige Stufen unter ihm – drehten sich halb um und hoben den Blick zum Tempel.
Sie sahen die Silhouette seines Oberkörpers gegen die Fackeln des obersten Pyramidenplateaus nur für Sekundenbruchteile, bevor sie von dem Coruumer Krieger umgerannt wurden.
Jaguarundi entriss einem der beiden den Speer und rammte ihn dem anderen in die Brust, nahm dessen Speer und schlug ihn dem ersten Krieger fest an die Schläfe. Dann nahm er mit der freien Hand einen rechteckigen Lederschild vom Boden auf und rannte so schnell er konnte in südwestlicher Richtung über den zentralen Platz der Palastanlage. Sein Ziel war eine kleine Nische neben einer brusthohen Plattform am südlichen Rand der mehr als zehn Schritte hohen Kalksteinmauer, die den Platz der Sieben Inschriften umgab.
Zusammengekauert verharrte er an die Wand der kleinen Plattform gepresst und beruhigte seinen Herzschlag. Er legte Schild und Speer zu Boden und fühlte nach dem goldenen Opfermesser. Ja – er hatte es nicht verloren . Mit dem Obsidiandolch schnitt er einen Streifen Baumwolle aus seinem Untergewand und wickelte das Opfermesser darin ein. Es würde neben seiner Geschichte der Beweis für das Vorhaben des Hohepriesters gegen das Volk von Coruum sein. Sein Blick fiel auf Knochenschädel – in
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