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Cosmic Trigger (Band 2)

Cosmic Trigger (Band 2)

Titel: Cosmic Trigger (Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert A. Wilson
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aus, als hätten sie
einen Abgrund an Depression und Verzweiflung erreicht, den ich in meinen
traurigsten Stunden noch nicht erreicht hatte. Einige von ihnen spielten an
einem Tisch Karten, aber sogar sie sahen mehr tot als lebendig aus. Das einzige
Gefühl, das ich jenseits der Depression spüren konnte, war die Langeweile von
Männern, die bereits sehr lange gelangweilt waren und erwarteten, für alle
Ewigkeit genauso gelangweilt zu sein.
    Ich sagte mir selber, dass das kein
Staatsgefängnis sei. Es war nur ein Distriktgefängnis. Niemand hier hatte
lebenslänglich. Sie konnten wirklich nicht so gelangweilt sein. Ich muss wohl
zu viel in ihre Körpersprache hineininterpretieren. Aber dennoch: Ich habe
Zombies in Horrorfilmen gesehen, die mehr menschliche Hoffnung und Gefühle in
ihren Gesichtern ausdrückten als die Männer in diesem Käfig.
    Ich war an der Reihe, die
Fingerabdrücke abgenommen zu bekommen. Ich ging nach vorne, verlor die
gefangenen Männer aus den Augen und streckte meine Hand gehorsam nach vorne.
Ich erinnerte mich an all die Male, in denen ich diese Hand vorgestreckt hatte,
um sie vom Stahlstab der Mutter Oberin misshandeln zu lassen. Du hältst deine
Hand in solchen Situationen deswegen nach vorne, weil du weißt, dass etwas noch
Schlimmeres geschieht, falls du dich weigerst.
    Um mich herum spürte ich die Männer
mit ihren Gewehren. Die Vertreter von Recht und Ordnung, aus populärer Sicht
der Dinge. Angeworbene Gewehre, die sicherstellen sollen, dass Besitz gestohlen
bleibt, nach den Anarchisten. Ich betrachtete sie verstohlen. Keiner von ihnen
sah wie ein Nazi oder ein Sadist aus. Sie waren einfach nur gute alte Jungs,
die für den Sheriff arbeiteten, weil ihnen die Ausbildung fehlte, um einen
besser bezahlten Job zu bekommen. Unter anderen Umständen würde es mir
vielleicht sogar Spaß machen, mit einem von ihnen ein Bier zu trinken.
    Sie hatten die Autorität, “vernünftige
Gewalt“ anzuwenden, wenn ich ihnen irgendwie Widerstand leistete. Einer von
ihnen könnte auf mich schießen, nicht tödlich, und die anderen würden pflichtbewusst
bestätigen, dass ich gefährlich und “außer Kontrolle“ war. Sie könnten mich
sogar erschießen, und wenn sie auf dem Zeugenstuhl die richtige Geschichte
erzählten, würde die Jury sie freisprechen.
    Zwei Jahre zuvor hatte ich an der
“School of Living Library“ 46 die meisten Klassiker der anarchistischen Theorie gelesen.
Der Staat sei von Eroberern geschaffen worden, sagten diese Bücher, um die
Völker zu überwachen, die sie versklavt hatten. Die Revolutionen des 18.
Jahrhunderts hatten versagt, weil wir, anstatt den Staat abzuschaffen und die
Gesellschaft als freiwillige Kommunen und Syndikate zu organisieren, den Staatsapparat
aus Dummheit aufrechterhalten hatten, weil wir dachten, wir könnten ihn durch
demokratische Wahlen “kontrollieren“. Diese Wahlen können den Staat nicht
kontrollieren, weil die großen Piraten, die die Erde und ihre Ressourcen
besitzen, auch den Staat besitzen und wissen, wie man Wahlen kauft.
    “Nun den nächsten Finger, bitte...“
Der Beamte, der mir die Fingerabdrücke abnahm, schien freundlich. Falls er an
Rassentrennung glaubte und dachte, wir seien “Kommies“, weil wir uns dagegen
wehrten, zeigte sich seine Meinung jedenfalls nicht in seinen Handlungen.
    Wilhelm Reich widersprach der
anarchistischen Analyse. Der Staat überlebte nicht, weil einige große Piraten
ihn brauchten, um uns effizienter ausrauben zu können; er sagte: Er überlebte,
weil die Massen neurotisch auf einer kindischen Ebene gefangen waren. Sie brauchten
eine Papa-Figur über sich. Deshalb überlebte “Gott“ die Attacken der
Rationalisten, sagte Reich, und deshalb habe der Feminismus auch nach 200
Jahren patriarchalischer Struktur noch keinen ernsthaften Schaden angerichtet.
    “Bitte kommen Sie hier entlang.“ Ein
anderer Beamter führte uns die Treppe hinauf. “Bitte setzen Sie sich hin.“
    Wir waren alleine. Wir konnten ein
Fenster öffnen, rausspringen und versuchen wegzurennen. Das schien nicht sehr
klug, und wir waren nicht verzweifelt genug, das in Betracht zu ziehen. Ich
bezweifle, dass wir einen halben Block weit gekommen wären, bevor jemand mit
einer Waffe gesagt hätte: “Halt, im Namen des Gesetzes“, oder was auch immer
sie sagen. Außerdem hatten wir nicht vor, zu Flüchtlingen zu werden. Wir hatten
vor, in den Knast zu gehen, um gegen die Rassentrennung zu protestieren. Wir
schauten auf eine große Kamera

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