Cosmic Trigger (Band 2)
Erfahrung, da ich daran gewöhnt bin, alleine auf der
Vortragsplattform zu arbeiten und auch “Risiken einzugehen“ (indem ich Humor
verwende, der manche vor den Kopf stoßen mag). Es stellte sich heraus, dass
Mike und ich gut zusammenarbeiteten, und da wir Gehirnmaschinen vorstellten,
zogen wir ein sehr merkwürdiges Publikum an – eine Mischung aus Ärzten,
Psychiatern und New Agern, die eine sehr instabile Mixtur ergaben. Ich bin
davon überzeugt, dass die eine Hälfte des Publikums die andere Hälfte als so
abgedreht betrachtete, dass es dort keine Verbindungen mehr gab, aber das war
in Ordnung. Sie alle verschafften mir neue Einsichten in das, was in Europa im
Jahr des Gorby Acids passierte.
An 1989 dachte ich die ganze letzte
Dekade hindurch, weil ich 1981 Bucky Fullers Critical Path gelesen
hatte, in dem er behauptete, dass wir bis 1989 entweder einen nuklearen Krieg
oder einen radikalen Wandel der ganzen Weltordnung haben würden. Fuller hatte
bereits vorher viele korrekte Prophezeiungen abgegeben, deshalb wartete ich auf
1989, um zu sehen, was passieren würde; aber ich hatte niemals Gorby Acid
erwartet.
In Zürich, wo unsere Tour begann,
wurde mir gesagt, dass Gorby der populärste Politiker des 20. Jahrhunderts sei.
“Warum nicht?“, fragte eine Fotografin rhetorisch. “Er ist der erste
Staatsmann, der seit dem Wiener Kongress eine neue Idee hatte.“ (Das war 1812,
falls ihr das vergessen habt.)
Gorbys Gesicht war 1989 auf dem Acid,
weil er dieselbe Art von Leuten ansprach, die 1978 Illuminatus Fans
waren, als das Auge-in-der-Pyramide-Acid rauskam.
Ich werde mich bemühen, nicht
eifersüchtig zu sein.
Jeder in Zürich hatte eine Vorstellung
davon, wann die Berliner Mauer fallen würde. Die meisten sagten in den
Mittneunzigern; ein paar Optimisten meinten die frühen 1990er...
Ich erinnere mich, wie ich 1986 mit
einem Schauspieler namens Tobias an der Mauer stand, der zu mir sagte: “Schau
die Vögel an. Sie fliegen hin und her über die Mauer, als ob es sie nicht
gäbe.“ Ich hatte die Graffiti untersucht, die die westliche Seite der Mauer
dekorierten, und stellte fest, dass sie Kommunismus und Kapitalismus
gleichermaßen feindselig gegenüberstanden; ihre Einstellung war reiner
Anarchismus oder Nihilismus oder vielleicht einfach tiefer Zynismus allen
Politikern gegenüber.
“Meinst du, sie wird jemals fallen?
Während unserer Zeit?“, fragte ich.
“Nein“, sagte Tobias bitter. “Nicht in
meiner Zeit...“
Aber das war 1986, und 1989 fragte
jeder in Zürich, wie bald die Mauer wohl fallen würde. Ich dachte an Fraktale,
diese völlig unvorhersagbaren mathematischen Funktionen, die vor kurzem in
einer Wissenschaft nach der anderen entdeckt worden waren.
Im Juni hatte ich in Washington den
Vortrag eines Mathematikers, Theodore J. Gordon, vor der World Future
Society gehört, in dem er aufzeigte, dass die fraktale Unvorhersagbarkeit
in jedem System ansteigt, in dem der Informationsfluss ansteigt. Da es keinen
Zweifel gibt, dass der Informationsfluss sich heutzutage exponentiell erhöht,
dachte ich, dass wir in jedem sozialen System immer mehr fraktale Instabilität
sehen würden, und der technische Begriff dafür ist “Chaos“.
Mathematisches “Chaos“ in sozialen
Systemen bedeutet nicht notwendigerweise Aufstand und Brandstiftung. Es
bedeutet einfach nur das völlig Unerwartete.
Ein solches Chaos kann, so denke ich,
durch das Bild des russischen Bürokraten, der auf Droge ist, symbolisiert
werden, das vor allen anderen den utopischen Traum der 1980er symbolisiert.
Aber welche Worte rufen schließlich besser die ‘90er hervor als Glasnost (Informationsfreiheit) und Perestroika (Neustrukturierung)?
In Heidelberg hörte ich vom Tod eines
Mannes, der mich fasziniert hatte, obwohl ich ihn wahrscheinlich nie getroffen
habe. Ursprünglich hatte ich von seinen Abenteuern in einem Artikel gelesen,
der mir im Sommer 1988 nach einem Vortrag in Hamburg gegeben worden war. Es war
die schlechte Kopie eines Artikels von Clifford Stoll vom Lawrence Berkeley
Laboratorium mit dem Titel “Stalking the Wily Hacker“ 57 ( Communications of the Association
of Computing Machinery , Vol. 31, No. 3). Der Mann, der mir den Artikel gab,
sagte nur: “Das wird Sie amüsieren.“
Stolls Artikel behandelte einen
deutschen Hacker, der von seinem Zuhause in Hannover aus jeden Teil des
amerikanischen Verteidigungssystems durchdrungen hatte. Er hatte die Computer
der LBL und Lawrence Livermore
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