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Cosmic Trigger

Titel: Cosmic Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Anton Wilson
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qualvoller Augenblick. Wir hatten beide das Gefühl, daß mit unserem Einkommen eine cryonische Aufbewahrung unmöglich sei, und wir versuchten den Tod Lunas mit dem größtmöglichen Gleichmut zu ertragen. Würde es eine unnötige Grausamkeit bedeuten, Arien zu bitten, eine langdauernde Hoffnung der Wiederbelebung in Betracht zu ziehen?
    Innerhalb weniger Sekunden, nachdem ich eine Erklärung gestammelt hatte, meinte Arien: »Ja. Auch wenn es bei Luna nicht funktioniert, so trägt jeder cryonische Aufschub dem Wissen der Wissenschaft bei. Eines Tages wird jemand davon profitieren.«
    »O mein Schatz«, entgegnete ich und begann wieder zu weinen. Wie Luna lehrte mich Arien einmal mehr, das Rad des Karma zu stoppen und negative Energie in positive umzuwandeln, bevor man sie weitergibt.
    Der folgende Tag war ein Melodrama, da Luna nicht eines natürlichen Todes gestorben war und wir einen Präzedenzfall statuierten: niemand hatte je zuvor ein Opfer eines Mordes cryonisch aufzubewahren versucht. Michael McNeil und Dr. Segall konsultierten einen Anwalt, bevor sie sich direkt mit dem Leichenbeschauer und dem Staatsanwalt in Verbindung setzten: eine falsche Bewegung, und wir hätten das Spiel verlieren können, verstrickt in den Schlingen der Bürokratie und dem Geschäftsalltag der Polizei. Glücklicherweise erwies sich der Leichenbeschauer als ein äußerst aufgeschlossener Mann, der sofort von der Idee des cryonischen Glücksspiels eingenommen war. 12 *
    12 * Prof. R. C. W. Ettinger hat einen detaillierten mathematischen Beweis verfaßt: Wie auch immer man das Für und Wider der cryonischen Konservierung kalkuliert, und wie auch immer man die Richtung der wissenschaftlichen Fortschritte einschätzt, es ergibt sich eine Chance über Null. Feuer- oder Erdbestattung ergibt eine Chance von genau Null.
    Nachdem zunächst alles gutging, kam der nächste Schlag. Paul Segall rief mich an, um mir zögernd mitzuteilen, daß Lunas Körper in der Zeit zwischen dem Mord und dem Zeitpunkt, zu dem sie gefunden worden war, bereits so großen Schaden erlitten hätte, daß eine cryonische Konservierung in der Tat zwecklos erschien.
    »Ich schlage eine Konservierung des Gehirns vor«, meinte er.
    Ich begriff sofort: das gab uns zwei Chancen, die zu dieser Zeit denkbar sind (Hirntransplantation und/oder Klonen), und wer weiß wie viele andere wissenschaftliche Alternativen in der Zukunft, die wir uns jetzt gar nicht vorstellen können.
    »Tu es«, entschied ich.
    Und so wurde Luna Wilson, die das klare Licht zu malen versucht hatte und das lieblichste Kind gewesen war, das ich je gekannt habe, zum ersten Mordopfer, das auf eine cryonische Zeitreise ging, mit der Möglichkeit einer Wiedererrettung. Wir sind die erste Familie in der Geschichte, welche die gottgleiche Macht aufhebt, die jeder Mörder ergreift, wenn er ein Leben zu beenden beschließt. Indem ich mir voll und ganz über die Auswirkungen unseres Tuns im klaren war, wußte ich die Antwort an jene, die mich danach fragen würden, wie es in den darauffolgenden Monaten geschah: »Sind Sie immer noch gegen die Todesstrafe?« Die Antwort ist natürlich, daß ich überzeugter denn je dagegen bin. Ich habe einen grundsätzlichen Entscheid für das Leben und gegen den Tod getroffen, und meine ganze Psychologie hat sich in diesem Prozeß gewandelt. Wenn ich mich darauf besinne, daß alle Realitäten neurologische Konstruktionen und für den Beobachter relativ sind, habe ich mich nun dennoch einer Realität verpflichtet, die über allen Alternativen steht: der Realität von Jesus und Buddha, in welcher die Ehrfurcht vor dem Leben das höchste Gebot ist.
    Ich erinnere mich immer und immer wieder an die berühmten Zeilen aus Macbeth:
     
    Jetzt hat die Höll ihr Meisterstück gemacht!Der kirchenräuberische Mord brach auf Des Herrn geweihten Tempel und stahl weg Das Leben aus dem Heiligtum
     
    Diese Zeilen hatten mir damals in der High School zu denken gegeben: Duncan wurde in seinem Schlafzimmer ermordet, nicht in einer Kirche. Später begriff ich natürlich, daß Shakespeare die mittelalterliche Metapher gebrauchte, in der unser Körper der Tempel der Seele ist. In dieser Metapher ist jeder Mord ein Sakrileg: denn der Körper ist das Haus Gottes, und ihn zu töten, heißt, Gott ein wenig aus dem Universum zu vertreiben.
    Opfere Vieh, klein und groß; nachher ein Kind.
    Und ich dachte an den armen John Keel, als die Brücke zusammenstürzte und hundert Lokalgottheiten tötete, die meisten

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