Cotton-Malone 03 - Der Pandora-Pakt
gehen. Sonst kommt ja wohl nichts in Frage.«
»Es gibt diese Dinger wirklich«, sagte Cassiopeia.
»Freut mich zu hören, aber was zum Teufel sind Elefantenmedaillons?«
»Vor zweitausenddreihundert Jahren«, begann Thorvaldsen, »nachdem Alexander der Große Kleinasien und Persien erobert hatte, richtete er sein Augenmerk auf Indien. Aber seine Armee ließ ihn im Stich, als er erst einen kleinen Teil des Landes eingenommen hatte. Er schlug in Indien mehrere Schlachten und stieß zum ersten Mal auf Kriegselefanten. Sie richteten in den makedonischen Reihen schwere Verwüstungen an, und Alexanders Männer hatten entsetzliche Angst vor ihnen. Später wurden zur Erinnerung an diese Begebenheit Medaillons geprägt, die Alexander Auge in Auge mit den Elefanten zeigen.«
»Die Medaillons«, übernahm Cassiopeia, »wurden nach Alexanders Tod geprägt. Wir haben keine Ahnung, wie viele es damals waren, aber heute weiß man nur von acht Medaillons. Die vier, die bereits entwendet wurden, das Medaillon, das heute Nacht gestohlen wurde, zwei weitere, die in privater Hand sind, und eins, das im Kulturgeschichtlichen Museum in Samarkand ausgestellt wird.«
»In der Hauptstadt der Zentralasiatischen Föderation?«, fragte Malone. »Die gehört zu dem Gebiet, das Alexander erobert hat.«
Thorvaldsen saß gebeugt in einem der Klubsessel; sein Buckel drückte seinen Hals nach vorn und das fleischige Kinn auf die magere Brust. Cassiopeia fiel auf, wie erschöpft ihr alter Freund aussah. Er trug wie üblich einen sackartigen Pullover und übergroße Kordhosen. Die Art Kleidung, die seine Entstellung durch den Buckel kaschieren sollte. Cassiopeia bedauerte es, Henrik in die Sache verwickelt zu haben, doch er hatte darauf bestanden. Er war ein guter Freund. Und jetzt würde sich zeigen, ob auch Malone ein guter Freund war. »Was weißt du über den Tod von Alexander dem Großen?«
»Ich habe einiges darüber gelesen. Eine Menge Märchen und einige Berichte, die widersprüchliche Fakten enthielten.«
»Sagt das dein eidetisches Gedächtnis?«
Er zuckte die Schultern. »Damit bin ich geboren.«
Sie lächelte. »Was im Juni 323 v. Chr. geschah, hat die Weltgeschichte entscheidend beeinflusst.«
Thorvaldsen gab ihr einen Wink. »Schieß los. Erzähl es ihm. Er muss Bescheid wissen.«
Und sie fing an zu erzählen.
Am letzten Tag im Mai nahm Alexander in den Stadtmauern Babylons an einem Diner teil, zu dem einer seiner Vertrauensmänner geladen hatte. Alexander sprach einen Toast aus, trank einen großen Becher unverdünnten Wein und schrie dann laut auf, als hätte er einen heftigen Schlag erhalten. Er wurde rasch zu Bett gebracht, wo ihn ein Fieber heimsuchte, doch er spielte weiter Würfelspiele, arbeitete mit seinen Generälen Pläne aus und brachte die angemessenen Opfer dar. Am vierten Tag klagte er über Müdigkeit, und einige seiner Gefährten merkten, dass es ihm an der üblichen Energie fehlte. Er ruhte mehrere Tage und schlief im Badehaus, weil es dort kühler war. Trotz seines geschwächten Zustands ließ Alexander der Infanterie befehlen, in vier Tagen marschbereit zu sein, und seiner Flotte gab er Order, in fünf Tagen abzulegen. Er plante, nach Westen zu ziehen und Arabien zu erobern. Am 6. Juni fühlte er sich schwächer und übergab seinen Ring an Perdikkas, damit dieser die Regierungsgeschäfte fortführen konnte. Das löste eine Panik aus. Seine Truppen fürchteten, er sei gestorben, und um sie zu beruhigen, gestattete Alexander ihnen, an seinem Bett vorbeizuziehen. Er begrüßte jeden mit einem Lächeln. Als der letzte Mann weg war, flüsterte er: »Wo wird man nach meinem Tod einen König finden, der solche Männer verdient?« Er ordnete an, dass seine Leiche nach seinem Tod zum Tempel des Amun in Ägypten gebracht werden solle. Aber keiner seiner Gefährten wollte, dass er von seinem Tod und seiner Bestattung sprach. Sein Zustand verschlechterte sich so, dass ihn seine Gefährten am 9. Juni fragten: »Wem hinterlässt du dein Königreich?« Ptolemaios behauptete, Alexander habe »dem Klügsten« gesagt. Seleukos hatte »dem Rechtschaffensten« verstanden. Peithon erinnerte sich an die Worte »dem Stärksten« . Es wurde heftig darüber diskutiert, wer recht hatte. Früh am Morgen des nächsten Tages in seinem dreiunddreißigsten Lebensjahr und zwölf Jahre und acht Monate nach Antritt seiner Herrschaft starb Alexander III. von Makedonien.
»Über seine letzten Worte wird bis heute diskutiert«, sagte
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