Cotton Malone 04 - Antarctica
Konservativer noch ein Liberaler, sondern stand irgendwo dazwischen, was die Medien gerne einen Mann der Mitte nannten. Seit dreißig Jahren war er mit derselben Frau verheiratet, ohne den kleinsten Hinweis auf einen Skandal. Er war beinahe zu vollkommen. Abgesehen natürlich von dem Gefallen, den Ramsey ihm einmal hatte leisten müssen.
»Eine nette Art, seinen Freunden zu danken«, sagte Ramsey.
»Wer sagt denn, dass Sie unser Freund sind?«
Ramsey legte müde die Stirn in Falten, doch er fing sich schnell wieder. Er hätte es kommen sehen müssen. Arroganz. Die typische Berufskrankheit langjähriger Politiker. »Nein, Sie haben recht. Das war anmaßend von mir.«
Das Gesicht des Boten verlor seinen gleichmütigen Ausdruck. »Dass wir uns richtig verstehen, Admiral. Senator Kane dankt Ihnen für Ihre Leistung. Wir hätten einen anderen Weg vorgezogen, aber dennoch weiß er zu schätzen, was Sie getan haben. Er hat allerdings alle Schulden Ihnen gegenüber beglichen, als er die Navy dazu bewog, Sie nicht zu versetzen, sondern auf Ihrem Posten zu belassen. Nicht nur einmal, sondern zweimal. Da haben wir uns richtig für Sie ins Zeug gelegt. Das hatten Sie gewollt, und das haben wir für Sie getan. Aatos Kane gehört Ihnen nicht. Weder jetzt noch jemals. Das, worum Sie bitten, ist unmöglich. In weniger als sechzig Tagen wird der Senator seine Kandidatur fürs Weiße Haus ankündigen. Sie sind ein Admiral, der in Pension gehen sollte. Tun Sie das. Genießen Sie Ihre wohlverdiente Ruhe.«
Ramsey unterdrückte seinen Widerspruch und nickte einfach nur verstehend.
»Und noch etwas. Der Senator hat Ihren Anruf mit der Bitte um ein Treffen übel aufgefasst. Ich soll Ihnen ausrichten, dass die Beziehung zu Ende ist. Keine Besuche mehr und keine Anrufe mehr. Und jetzt muss ich gehen.«
»Natürlich. Lassen Sie sich nicht aufhalten.«
»Schauen Sie, Admiral, ich weiß, dass Sie sauer sind. Ich wäre es an Ihrer Stelle auch. Aber Sie werden dem Vereinigten Generalstab nicht angehören. Gehen Sie in Pension. Arbeiten Sie für Fox TV und erzählen Sie der Welt, was für ein Haufen Idioten wir sind. Genießen Sie das Leben.«
Ramsey erwiderte nichts und sah einfach zu, wie der Drecksack davonstolzierte, sicherlich stolz auf seine großartige Show und begierig, seinem Chef zu berichten, wie er den Leiter des Marinegeheimdienstes abserviert hatte.
Er ging zu einer freien Bank und setzte sich.
Die Kälte stieg von unten durch seinen Mantel auf. Senator Aatos Kane hatte keine Ahnung. Und auch sein Stabschef nicht. Aber die beiden würden es bald herausfinden.
33
München, Deutschland
13.00 Uhr
Wilkerson hatte gut geschlafen und war sowohl mit seinem Auftritt im Jagdhaus als auch mit seiner Nacht mit Dorothea zufrieden. Geld, wenige Pflichten und eine schöne Frau zu haben war kein schlechter Ersatz dafür, dass er nicht Admiral werden würde.
Vorausgesetzt natürlich, dass er am Leben blieb.
Als Vorbereitung auf seinen Auftrag hatte er die Oberhausers gründlich überprüft. Sie besaßen Milliarden, und zwar nicht etwa altes Geld, sondern uraltes Geld, das Jahrhunderte voll politischer Umwälzungen überdauert hatte. Ob sie Opportunisten waren? Mit Sicherheit. Ihr Familienwappen schien alles zu erklären. Ein Hund mit einer Ratte im Maul im Inneren eines mit einer Krone geschmückten Kessels. Wie abgrundtief widersprüchlich. Ganz ähnlich wie die Familie selbst. Aber wie sonst hätte sie so lange überdauern sollen?
Die Zeit hatte jedoch ihren Zoll gefordert.
Dorothea und ihre Schwester waren die letzten Oberhausers.
Beide waren schöne, starke Frauen. Sie gingen auf die fünfzig zu. Äußerlich sahen sie fast gleich aus, auch wenn beide sich alle Mühe gaben, sich von der anderen zu unterscheiden. Dorothea hatte Betriebswirtschaft studiert und arbeitete mit ihrer Mutter in den Familienunternehmen. Sie hatte Anfang zwanzig geheiratet und einen Sohn zur Welt gebracht, doch dieser war vor fünf Jahren, eine Woche nach seinem zwanzigsten Geburtstag, bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Alle Berichte wiesen darauf hin, dass sie sich danach verändert hatte. Sie war härter geworden und wurde von Ängsten und unberechenbaren Launen beherrscht. Dass sie gestern einen Mann mit dem Gewehr erschossen und anschließend mit einer so entfesselten Intensität Liebe gemacht hatte, bewies diese innere Widersprüchlichkeit.
Christl hatte sich nie fürs Geschäft interessiert und auch nicht für eine lebenslange Ehe oder
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