Cotton Reloaded - Folge 1: Der Beginn
Partner, dass du mich da rausgehalten hast.«
»Lass stecken, Joe.«
»Ich hab mich mal umgehört, warum das FBI so schnell vor Ort war.«
Cotton richtete sich im Bett auf.
»Scheint sich um eine Mordserie zu handeln«, fuhr Brandenburg fort. »Da killt einer junge Chinesinnen.«
Cotton erinnerte sich. Er hatte vor zwei Wochen in einem internen Memo darüber gelesen, aber der Meldung weiter keine Beachtung geschenkt, da die Morde in drei verschiedenen Bundesstaaten verübt worden waren.
»Aber bis jetzt gab es keinen Mord in New York City.«
»Bis jetzt, Partner. Tathergang und Opferprofil scheinen jedenfalls zu passen.«
»Die Opfer waren alles Prostituierte. Unsere Tote auch?«
»Frag mich was Leichteres. Worzcek sagt, das FBI lässt keinen mehr ran. Selbst an den Tatort lassen sie nur noch ihre eigenen Leute.«
»Verstehe. Danke, Joe.«
»Ich werde wohl ein bisschen auf Yuki und ihre Schwestern aufpassen müssen.«
»Sie sind Schwestern? «
»Mein Angebot steht noch, Partner.«
Nachdem Brandenburg aufgelegt hatte, rief Cotton eine Freundin in der Verwaltung des FBI an, mit der er zwei- oder dreimal ausgegangen war, und fragte sie nach Special Agent Decker.
»Sagt mir nichts. Ist sie hübsch?«
»Kannst du für mich herausfinden, zu welcher Abteilung sie gehört, Sam?«
Samantha seufzte. »Du weißt, dass mich das meinen Job kosten kann, oder?«
»Ich wäre dir was schuldig, Sam.«
»Ja, ich weiß schon. Dinner bei Rube’s, und dann bringst du mich schön brav nach Hause, und das war’s mal wieder. Danke, ich verzichte, Cotton.«
»Bitte, Sam. Es ist wichtig.«
Fünf Minuten später hatte Cotton eine Information, die ihn elektrisierte. Er steckte seine private Glock 22 ein und verließ eilig seine Wohnung.
*
Nur zwei Blocks entfernt betrieb Kyle Rickenback einen kleinen Laden für gebrauchte Computer und Elektroschrott. Für etwas anderes hielt Cotton den Krempel jedenfalls nicht, der sich in Kyles Laden bis zur Decke stapelte und die Durchgangswege blockierte. Aber Kyle hatte Qualitäten. Er reparierte die uralten Fernseher der Nachbarschaft, bis sie vollends den Geist aufgaben. Kyle konnte so ziemlich alles, was sich an eine Steckdose anschließen ließ, wieder ans Laufen kriegen. Was elektronische Geräte betraf, hatte er ein magisches Händchen. Für kompliziertere Fälle hatte er die geeignete Software.
»Und ich dachte, es wird ein guter Tag«, stöhnte Kyle, als Cotton den Laden betrat, und schob mit dem Fuß bemüht unauffällig einen kleinen Karton unter ein Regal.
»Du musst mir einen Gefallen tun.« Cotton hielt ihm das Handy hin.
Kyle rührte es nicht an. »Und ich soll bloß keine Fragen stellen, stimmt’s?«
Cotton grinste ihn an. »Wie lange brauchst du dafür?«
»Komm heute Nachmittag wieder.« Kyle seufzte und griff nach dem Handy, aber Cotton ließ es noch nicht los.
»Jaja, schon klar«, sagte Kyle. »Keine Sorge, das Ding kriegt keiner außer mir zu sehen. Sonst noch was?«
»Ich brauche kurz deinen Wagen.«
»Sag mal, hast du sie noch alle, Cotton?«
*
Als Cotton sich kurz darauf in Kyles Schrottkarre dem Haus in der Bayard Street näherte, sah er keinen Streifenwagen mehr und auch keinerlei Absperrung. Dafür einen nagelneuen Lieferwagen ohne Firmenschild. Der Parkplatz neben dem Haus war mittlerweile leer. Cotton fuhr einmal um den Block, erwischte eine Parklücke in Sichtweite des Hauseingangs und wartete ab. Viel tat sich nicht. Das Leben nahm wieder seinen gewohnten Gang. Ein Mord brachte New York City nicht aus dem Takt. Das Einzige, was seine Aufmerksamkeit wirklich fesselte, war der schwarze Bolide, der hinter dem Lieferwagen parkte. Ein Dodge Challenger. 6,1 Liter V8-Motor, 425 PS, in unter fünf Sekunden von 0 auf 60 Meilen pro Stunde. Eine Bestie von Auto, pure bösartige Beschleunigung. Brandenburg hätte sich sonst was abgeschnitten für diesen Wagen. Cotton allerdings auch. Selbst in Manhattan war der Dodge etwa so unauffällig wie ein Raumschiff. Cotton nahm an, dass er einem Triadenboss gehörte.
Nach einer Weile traten zwei Männer aus dem Haus, blickten sich kurz um und luden Umzugskartons in den weißen Lieferwagen. An sich nichts Ungewöhnliches, hätten sie nicht dunkle Anzüge und Sonnenbrillen getragen.
»Jungs, warum hängt ihr euch nicht gleich ein Schild um, hallo, ich bin beim FBI und ich hab auch die Filme alle gesehen«, murmelte Cotton kopfschüttelnd und beobachtete das Haus weiter. Die beiden Typen stiegen in den Lieferwagen,
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