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Cotton Reloaded - Folge 1: Der Beginn

Cotton Reloaded - Folge 1: Der Beginn

Titel: Cotton Reloaded - Folge 1: Der Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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zur Highschool, ein mittelmäßiger Schüler, der weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Sagen deine Lehrer. Meg sagt, es liegt an deinem Jähzorn, der dich manchmal überfällt wie ein Unwetter und dem man nicht ausweichen kann. Du bist seit einem Jahr mit Meg zusammen. Sie ist ein hübsches Mädchen, unkompliziert, mit ansteckendem Lachen. Sie tut dir gut, sagt deine Mutter, und wie es im Moment aussieht, wirst du sie in ein paar Jahren heiraten, wenn du nach der Highschool in das Geschäft deines Vaters eintreten wirst, einen Handel für Angel- und Jagdbedarf. Sichere Sache - geangelt und gejagt wird immer. Du hast eben nicht Lauras Ehrgeiz, die unbedingt aufs College wollte, bloß weg aus Grinnell. Laura, die Überfliegerin, seit einem Jahr in der PR-Abteilung von Brodmann & Campbell. Du weißt nicht mal, was genau PR überhaupt ist. Du weißt nur, dass deine Schwester in einem schicken Büro mit Blick über Lower Manhattan arbeitet. Wie das schon klingt. Du könnest kotzen.
    Aber wenn du ehrlich bist, wenn nachts die endlosen Güterwaggons mit dem Maissirup für Coca-Cola quälend langsam an deinem Fenster vorbeirattern – katumm, katumm, katumm –, dann spürst du, dass es dir nicht anders geht als Laura. Dass dir was fehlt. Dass das nicht alles sein kann. Dass dein Platz irgendwo ganz woanders ist, jedenfalls nicht in Grinnell, Iowa. Du hast bis vor zwei Tagen bloß absolut keinen Schimmer gehabt, wo.
    Inzwischen weißt du es. Und da liegt das Problem. Deswegen der Streit mit deinem Vater letzten Abend, die ganze Scheiße mit dem Geld, die ganze Rennerei.
    Alles nur wegen Laura.
    Laura hat ein kleines Apartment in Queens, 40. Straße Ecke 47. Avenue. Es gibt schlechtere Gegenden. Ein unscheinbarer vierstöckiger brauner Kasten am Rande eines Gewerbegebiets. Ein Railroad Apartment, ein Schlauch von Wohnung, mehr ein unterteilter Flur mit zwei Zimmern und einem Bad, in dem dein Onkel Caleb erstickt wäre. Und beim Anblick der Küche sind deiner Mum fast die Tränen gekommen.
    Na, egal. Dass New York teuer ist, muss man dir nicht erklären. Jedenfalls wohnt ihr da jetzt zu viert für die paar Tage, und das bedeutet natürlich Stress. Die ersten beiden Tage bist du mit Mum und Dad einfach nur durch Manhattan gelaufen. Ihr habt euch alles angesehen. Und du hast sofort kapiert: Das ist es. New York City, deine Stadt. Es war dir klar, vom ersten Moment an.
    Letzten Abend hast du deinen Eltern erklärt, dass du nach der Highschool nach New York gehen wirst. Deine Entscheidung steht fest. Das gab natürlich Ärger, vor allem mit Dad. Was wird aus dem Laden? Was ist mit Megan? Das sind doch wieder nur Spinnereien. Die ganze Leier.
    Du kannst deine Eltern verstehen, aber wenn sie dir so kommen, schaltest du immer auf stur, und eins kommt zum anderen. Ihr habt euch gestritten wie nur was, du und Dad. So sehr, dass du dich die ganze Nacht nicht beruhigen konntest, und beim ersten Tageslicht hast du es nicht mehr ausgehalten, bist einfach raus, zu Fuß bis nach Brooklyn und über die Brooklyn Bridge rüber nach Manhattan. Du wolltest allein sein mit dieser Stadt, die gerade erwachte und dir undeutliche Verheißungen zuraunte. Du wolltest verstehen. Eine Entscheidung treffen.
    Und die Stadt hat dir gezeigt, was sie von Rednecks wie dir hält, indem sie dir den Drecksack geschickt hat.
    Der Typ ist inzwischen langsamer geworden. Auch ihm geht offenbar die Puste aus. Du siehst, wie er durch ein Tor zu einem Parkplatz rennt, also zögerst du nicht lange, spurtest zwischen den hupenden Autos hindurch über den Franklin D. Roosevelt Drive zur Waterside Plaza und rennst einfach weiter auf den Parkplatz neben dem Anleger mit den Megajachten. Das große Schild »United Nations International School« nimmst du nur am Rande wahr. Ein Wachmann schreit euch hinterher und rennt dann ebenfalls los. Egal. Gleich hast du den Drecksack und dein Geld.
    Es ist noch keine zwanzig Minuten her, dass der Typ dich auf dem Union Square abgezockt hat, als du Idiot nichts Besseres zu tun hattest, als in aller Öffentlichkeit dein Geld zu zählen. Aber wer rechnet um halb acht morgens auch schon mit so was. Ein schwarzer Jugendlicher, kaum älter als du, in einem Kapuzensweater. Du hast ihn noch aus dem Augenwinkel kommen sehen, aber zu spät. Er hat dir die Geldbörse einfach aus der Hand gerissen, und ab durch die Mitte. Manhattan zeigt dir den Stinkefinger.
    Aber jetzt hast du den kleinen Scheißkerl. Er ist nämlich gestolpert, und das war’s.

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