Cotton Reloaded - Folge 2: Countdown
blinzelte desorientiert an die Zimmerdecke.
»Wo … Wo bin ich?«, murmelte sie.
»Im Krankenhaus«, sagte Zoe und ergriff ihre Hand.
Unter schweren Lidern beobachtete ihre Mutter die beiden Besucher.
»Zoe«, flüsterte sie schwach. »Ist dir auch nichts passiert?«
»Nein, Mom.« Zoe beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Alles okay.«
»Gott sei Dank«, murmelte sie, bevor sie den Blick misstrauisch auf Cotton lenkte, der gerade die Vorhänge öffnete. »Und wer ist dieser Mann?«
»Das ist Jeremiah. Er hat mich beschützt und dafür gesorgt, dass du ins Krankenhaus kommst.«
»Danke, dass Sie sich um meine Tochter gekümmert und mir geholfen haben.« Sie lächelte ihn ein wenig gequält an. »Aber ehrlich gesagt … Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.«
»Als Erstes müssen Sie gesund werden.« Cotton setzte sich wieder und zog seinen Sessel näher an das Bett heran.
»Was ist mit Murphy?«, fragte sie bange.
Cotton versicherte der Frau, dass der Mistkerl, der sie und ihre Tochter tyrannisiert hatte, für Jahre hinter Gittern bleiben würde. Es würde noch einige Zeit dauern, ehe sie, Zoes Mutter, entlassen werden könne. Bis dahin sollte Zoe bei ihrer Tante Clarice wohnen, der einzigen Freundin, die ihre Mutter in dieser Stadt hatte.
*
Nach dem Mittagessen fuhr Cotton mit Zoe in sein Apartment zurück. Sie aßen einen Happen und riefen dann Clarice an. Anschließend gingen sie einkaufen. In der nächsten Zeit konnte Zoe unmöglich in die polizeilich versiegelte Wohnung ihrer Mutter. Deswegen kaufte Cotton ihr ein paar Sachen zum Anziehen und eine Reisetasche, in die sie alles packten.
Gegen fünfzehn Uhr setzten sie sich in ein Straßencafé unweit ihres Apartmenthauses. Cotton bestellte einen Kakao und eine Cola. Zoe nippte an ihrem Kakao und verzog das Gesicht.
»Was ist?«, fragte Cotton. »Schmeckt’s nicht?«
»Zu bitter.« Zoe griff nach einem der Zuckertütchen, die in einem kleinen Korb auf der Tischmitte lagen. Sie riss die Verpackung etwas zu forsch auf, sodass der Zucker in einer kleinen Wolke aufstob.
Mit einem Mal ging Cotton irgendetwas durch den Kopf, ohne dass er es greifen konnte. Etwas, das ihm plötzlich sehr wichtig erschien. Es war eine vage Ahnung, etwas nicht Fassbares aus der Vergangenheit. Auslöser war der Anblick des Puderzuckers gewesen. Auch in der verschwommenen Erinnerung Cottons spielte ein weißes Pulver eine Rolle, allerdings in Verbindung mit Tod und Hysterie. Cotton konnte diese Erinnerungen in keinen Zusammenhang mit seiner momentanen Situation bringen, aber das Bild der winzigen Wolke aus weißem Puderzucker drängte sich mit Macht zwischen alle anderen Gedanken.
Und dann fielen ihm plötzlich die Hintergründe wieder ein. Wie bei einem Puzzle fügte sich alles zu einem vollständigen Bild zusammen, das Sinn ergab und Cotton den Atem stocken ließ.
Er zückte sein Smartphone und rief Zeerookah an.
»Cotton?«, kam es erstaunt aus dem Hörer. »Von dir hätte ich zuletzt einen Anruf erwartet. Was kann ich für dich tun?«
»Du musst ein paar Daten für mich recherchieren.«
»Als Mann vom G-Team oder als Privatmann?«
»Halb und halb.«
Ohne auf Einzelheiten einzugehen bat Cotton ihn, ein paar Nachforschungen anzustellen, zu denen nur ein genialer IT-Fachmann wie Zeerookah in der Lage war. Der reagierte zunächst ablehnend, denn der gewünschte Zugriff auf eine bestimmte Datenbank war ziemlich komplex und alles andere als legal.
»So gerne ich auch helfen würde«, druckste er herum, »aber ich habe keine Lust, dass morgen die Jungs von der NSA und der Homeland Security bei mir auf der Matte stehen.«
»Hör zu, Zeery. Von dir hängt es möglicherweise ab, ob das G-Team eine zweite Chance bekommt. Mein Verdacht könnte der Rettungsanker für unsere Abteilung sein, und du musst diesen Anker auswerfen.«
Nach einigem Hin und Her lenkte Zeerookah schließlich ein und versprach zurückzurufen, wenn er gefunden hätte, wonach Cotton suchte.
*
Tante Clarice kam eine Viertelstunde später als erwartet. Ihr Taxi hatte auf der Atlantic Avenue in einem Stau gesteckt. Die Afroamerikanerin entpuppte sich als beleibte, bodenständige Frau. In Queens führte sie das Diner, in dem Zoes Mutter gearbeitet hatte, bevor Murphy bei ihr aufgetaucht war.
Clarice setzte sich zu ihnen an den Tisch und unterhielt sich mit Cotton. Wie es schien, war einiges an Gerüchten über Murphy zu ihr durchgesickert. Cotton berichtete über dessen Verhaftung.
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