Coxi Flederwisch und der total verhexte Schultag
hervor.
Zuerst war Herr Morsch nur verdutzt. Dann sauer. Ja, hatte sich dieser komische Hausmeister etwa einfach ins Bett gelegt? War er vielleicht so verschlafen wie der gute alte Herr Blechinger?
Coxi-Conrad sah seinen fassungslosen Blick und versuchte es mit der erstbesten Erklärung: »Ich wollte mich nur kurz hinlegen …«
Jetzt schwappte die ganze Wut aus Herrn Morsch heraus: »Sie sind gekündigt!«, schrie er zum zweiten Mal an diesem Vormittag. »Auf der Stelle!«
Der Hausmeister zog die Stirn in Falten. »Gekündigt? Was ist das?«
»SIE VERLASSEN DIE SCHULE! JETZT! GEHEN SIE REIN UND HOLEN SIE IHRE SACHEN. ICH BLEIBE HIER STEHEN, BIS ICH GESEHEN HABE, DASS SIE VERSCHWUNDEN SIND!«
»Ich muss aber noch kurz was aus dem Keller holen!« Coxi wartete die Antwort nicht ab, sondern rannte die Treppe hinunter.
Dort stand Lieselotte. Sie war tomatenrot im Gesicht und völlig außer Puste, so oft hatte sie versucht, einen kurzen und dann zwei lange Töne aus dem Entzauberer zu bekommen. »Coxi, hilf mir!«, rief sie, als die Hexe bei ihr ankam. »Sonst fällt noch die Schule zusammen!«
Doch Coxi-Conrad sah sie nicht einmal an. »Herr Morsch hat mich geküzickt oder so! Ich habe keine Zeit mehr – ich muss gehen! Ich brauche die Decke!« Sie stemmte sich gegen die Truhe und kippte sie um. Jede Menge Gerümpel kullerte über den Kellerboden – aber eine Kuscheldecke war nicht zu sehen.
Coxi-Conrad sah sich das Durcheinander verzweifelt an.
Von oben dröhnte Herrn Morschs Stimme: »Wo bleiben Sie? Wird’s bald!«
Da grabschte sich Coxi so viel von den Zaubersachen, wie sie tragen konnte. Sie quetschte Kerzenständer und Tonkrug unter den Arm, stopfte Schmuckkästchen und Wollschal in die Hosentaschen, klemmte Dirigentenstab, Bleistift und Kochlöffel hinters Ohr, griff mit der rechten Hand nach Schürhaken und Bratpfanne und mit der linken nach der Gießkanne. Wenn sie schon die Decke nicht gefunden hatte, so wollte sie doch so viel wie möglich von den anderen Sachen mit nach Hause nehmen. Schwer bepackt stolperte sie die Treppe hinauf.
Lieselotte sah entsetzt zu. »Du musst die Zange wieder einfangen!«
»Ich kann nicht!«
Lieselotte rannte hinter Coxi-Conrad her. Auf der letzten Treppenstufe hatte sie sie fast eingeholt und griff nach ihrer Schulter. Coxi-Conrad duckte sich und Lieselotte bekam nur den Dirigentenstab zu fassen, der hinter Coxi-Conrads Ohr steckte.
Sie wollte den Stab eigentlich wegwerfen und schwenkte ihn daher schwungvoll in die Höhe.
»Nicht in die Höhe strecken!«, kreischte Coxi-Conrad jetzt. »Sonst beginnt ein Konzert …«
Es war zu spät. Im selben Moment begann ein unsichtbares Orchester zu spielen. »Wer will fleißige Handwerker sehn!«, tönte es in voller Besetzung durchs ganze Haus. Denn das war die Melodie gewesen, die Lieselotte noch im Kopf hatte.
Jetzt war Coxi-Conrad bei der Wohnungstür angelangt.
Hier stand Herr Morsch.
Er schüttelte den Kopf. Was machte denn dieser seltsame Hausmeister? Warum drehte er das Radio auf, wenn er nur ein paar Sachen holen wollte? Und warum so laut? Das klang ja, als säße da ein ganzes Orchester in der Hausmeisterwohnung!
Wenn dieser Herr Flederwisch endlich die Schule verlassen hatte, würde er als Erstes diesen Lärm abstellen!
Herr Morsch sah hoffnungsvoll zu, wie der Hausmeister mit all seinem Gepäck zur Schultür humpelte. Er freute sich richtig darauf, dass er verschwand. Noch vier Schritte, noch drei, noch zwei …
Doch bevor Herr Flederwisch verschwunden war, öffneten sich die ersten Zimmertüren im Gang. Verdutzte Lehrer und neugierige Kinder wollten wissen, woher die Musik kam.
Der Hausmeister sah sich nach ihnen um – und dabeigeriet er ins Stolpern. Die Gießkanne in seiner linken Hand schwankte und ein paar Tropfen Wasser fielen auf den Boden. Dort, wo sie den Fußboden berührten, begannen Pflanzen zu wachsen! Kleine, grüne Blätter schoben sich aus dem Parkett heraus und wuchsen und wuchsen! Und reiften in Minuten zu zimmerhohen Gewächsen heran.
Die Kinder drängten aus ihren Klassenzimmern heraus, um dieses Wunder zu bestaunen.
Coxi-Conrad wollte die Kanne fester packen, brachte sie aber noch mehr ins Schlingern und das Wasser spritzte weiter. Jetzt begann auch auf den Treppenstufen ein wilder Wald zu wachsen.
»Um Himmels willen!«, rief Herr Morsch und wurde weiß wie das unbeschriebene Papier auf seinem Schreibtisch. Dann hielt er sich die Augen zu. »Ich will es
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