Credo - Das letzte Geheimnis
Herzen versuchte er, mit den Füßen Halt an der Felswand zu finden. Er schaffte es und zwang sich, sich zurückzulehnen. Es schien zu funktionieren. Während sie ihn langsam herunterließen, machte er leichte, kleine Schritte und hielt sich weit zurückgelehnt. Sobald er die Oberfläche der Mesa nicht mehr sehen konnte, wurde es dunkel um ihn herum, doch er konnte den Rand noch erkennen, von hinten beleuchtet. Je weiter es abwärtsging, desto ferner schimmerte der Rand. Er wagte es nicht, nach unten zu schauen.
Unglaublich, dass er das tat, schwankend diese Steilwand hinunterhüpfte, während er mit Haut und Haaren von der Dunkelheit verschluckt wurde. Endlich packten Soldaten von unten seine Beine und ließen sie auf steinernen Boden hinab. Als er sich aufrappelte, zitterten seine Knie. Die Soldaten halfen ihm aus den Gurten. Sein Rucksack kam gleich darauf an einem Seil herabgebaumelt, und die Soldaten fingen ihn ein. Miller kam als Nächster.
»Gut gemacht, Sir.«
»Danke.«
Aus der Bergflanke war eine große, halboffene Höhle geschlagen worden. Am anderen Ende war eine massive Tür aus Titan in der Felswand verankert. Die Fläche davor wurde bereits von grellen Scheinwerfern beleuchtet und sah nun auswie der Zugang zur Insel von Dr. No. Wolf spürte Isabellas summende Vibration in dem Berg. Es war wirklich sehr seltsam, dass sie alle Kommunikationswege nach drinnen verloren hatten. Dazu gab es zu viele Back-up-Systeme. Und der Sicherheitschef müsste sie inzwischen längst auf den Überwachungsmonitoren gesehen haben – außer, diese wären auch ausgefallen.
Sehr merkwürdig.
Die Soldaten bauten drei konische Metallschüsseln auf dreibeinigen Ständern auf und richteten sie auf die Tür aus – sie wirkten wie zu kurz geratene Granatwerfer. Ein Mann begann, die Kegel mit etwas zu laden, das nach C4 aussah.
Doerfler stand daneben und gab Anweisungen.
»Was sind das für Dinger?«, fragte Wolf.
»Vorrichtungen zur besonders schnellen Sprengung von Wänden, geladen mit C4«, sagte Miller. »Genau abgestimmte Ladungen, da, treffen an einem einzelnen Punkt zusammen und sprengen ein Loch, das groß genug ist, um durchzukriechen.«
»Und dann?«
»Dann schicken wir ein Team durch das Loch, das den Bunker sichert, und ein zweites, das die innere Tür zur Brücke öffnet. Wir sichern die Brücke, holen eventuell vorhandene böse Jungs raus und nehmen die Wissenschaftler in Gewahrsam. Es könnte einen Schusswechsel geben. Wir wissen ja nichts. Sobald die Brücke vollständig gesichert ist, bringe ich Sie rein. Persönlich. Sie schalten dann Isabella ab.«
»Es dauert drei Stunden, das System herunterzufahren«, bemerkte Wolf.
»Dafür sind Sie zuständig.«
»Was geschieht mit Dr. Hazelius und den anderen Wissenschaftlern?«
»Unsere Männer werden sie an einen sicheren Ort bringen, wo man sie befragen wird.«
Wolf verschränkte die Arme. In der Theorie klang das ganz gut, kein Zweifel. Wie der Krieg im Irak.
61
Stanton Lockwood rutschte wieder auf dem billigen Holzstuhl herum und versuchte, eine bequeme Haltung zu finden, obwohl das unmöglich war. Die Stimmung am Mahagonitisch im Krisensitzungsraum war zunehmend von Fassungslosigkeit geprägt. Gegen drei Uhr – ein Uhr nachts auf der Red Mesa – klangen die Neuigkeiten wirklich übel.
Lockwood war in der Bay Area aufgewachsen, hatte Schulen an der West- und Ostküste besucht und wohnte seit zwölf Jahren in Washington. Er hatte nur im Fernsehen Blicke auf das andere Amerika da draußen erhascht, das Amerika der Kreationisten und Christlichen Nationalisten, der Fernsehprediger und glitzernden Mega-Kirchen. Dieses Amerika war ihm immer so fern erschienen, begrenzt auf abgelegene Gebiete in Kansas oder Oklahoma.
Es war nicht mehr so fern.
Der FBI-Direktor fragte: »Mr. President?«
»Ja, Jack?«
»Die Arizona Highway Patrol meldet Vorfälle an den Straßensperren auf der Route 89 bei Grey Mountain, Route 160 bei Tuba City und auch bei Tes Nez Iah.«
»Was für Vorfälle?«
»Mehrere Beamte der Staatspolizei sind bei Übergriffen verletzt worden. Das Verkehrsaufkommen ist enorm, und eineMenge Leute haben die Straßensperren querfeldein umfahren. Das Problem ist, dass sich Hunderte improvisierter, unbefestigter Straßen durch das Navajo-Reservat ziehen, die meisten davon sind nicht mal auf den Karten verzeichnet. Unsere Straßensperren sind löchrig wie ein Sieb.«
Der Präsident wandte sich dem Monitor mit dem Vorsitzenden des Generalstabs zu,
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