Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
Vom Netzwerk:
Melissa Corcoran ihn an.
    Er drehte sich um. »Und mir noch keine Kosmologin.«
    »Sie würden staunen, wie viele Leute meinen, mein Beruf hätte mit Frisuren und Nagellack zu tun. Übrigens ist mir das Du lieber.« Ihr Lächeln wirkte einladend. »Also, was genau ist deine Aufgabe hier?«
    »Ich soll die Einheimischen kennenlernen. Ihnen erklären, was hier vorgeht.«
    »Hm, aber verstehst
du
, was hier vorgeht?« Ihre Stimme klang neckend.
    »Vielleicht könntest du mir da ein bisschen Nachhilfe geben.«
    Lächelnd streckte sie die Hand nach einer Flasche aus. »Wein?«
    »Gern, danke.«
    Sie musterte das Etikett. »Villa di Capezzana, Carmignano, zweitausend. Ich habe keine Ahnung, was das heißen soll, aber er ist gut. George Innes ist hier der Weinkenner. George? Erzähl uns was über den Wein.«
    Innes unterbrach eine Unterhaltung am anderen Ende des Tisches, und ein freudiges Lächeln breitete sich über seinGesicht. Er hob sein Glas. »Ich hatte Glück, diese Kiste zu ergattern – heute Abend wollte ich etwas wirklich Erlesenes servieren. Capezzana mag ich besonders, ein altes Weingut in den Hügeln westlich von Florenz. Die erste DOC, die Cabernet Sauvignon zugelassen hat. Er weist eine gute Farbe auf, dunkles Beerenaroma von Roten und Schwarzen Johannisbeeren und Kirsche, und eine hervorragende Fruchttiefe.«
    Corcoran wandte sich mit schiefem Grinsen wieder Ford zu. »George ist ein schrecklicher Snob, was Wein angeht«, bemerkte sie, schenkte ihm großzügig ein, füllte ihr eigenes Glas auf und hob es. »Willkommen auf der Red Mesa. Ein grauenhafter Ort.«
    »Warum denn das?«
    »Ich habe meine Katze mitgebracht – ich konnte es nicht ertragen, sie zurückzulassen. Wir waren erst zwei Tage hier, da habe ich ein Jaulen gehört und einen Kojoten gesehen, der sie davongeschleppt hat.«
    »Wie schrecklich.«
    »Die schleichen hier überall herum, die räudigen Biester. Dann haben wir noch Taranteln, Skorpione, Bären, Rotfüchse, Baumstachler, Stinktiere, Klapperschlangen und Schwarze Witwen.« Diese Aufzählung schien ihr geradezu Spaß zu machen. »Ich hasse die Red Mesa«, verkündete sie genüsslich.
    Ford lächelte bemüht verlegen und stellte ihr die dümmste Frage, die ihm einfallen wollte. Schließlich sollten die Leute hier ihn nicht für allzu schlau halten. »Also, wozu ist Isabella eigentlich da? Ich bin leider nur Ethnologe.«
    »Theoretisch ist das ganz einfach. Isabella beschleunigt subatomare Teilchen auf beinahe Lichtgeschwindigkeit und lässt sie dann aufeinanderprallen, um so die Energiebedingungen beim Urknall nachzuvollziehen. Das ist wie bei einem Karambolage-Rennen. Zwei Teilchenstrahlen beschleunigen in entgegengesetzter Richtung in einer kreisförmigen Röhremit einem Umfang von fünfundsiebzig Kilometern. Die Teilchen kreisen immer schneller in dem Ring, bis sie sich mit neunundneunzig Komma neun neun Prozent der Lichtgeschwindigkeit bewegen – wie gesagt, in entgegengesetzte Richtungen. Lustig wird es, wenn wir sie frontal aufeinanderprallen lassen. So reproduzieren wir die ungeheure Gewalt des Urknalls.«
    »Was für Teilchen lasst ihr da zusammenstoßen?«
    »Materie und Antimaterie – Protonen und Antiprotonen. Wenn die aufeinanderprallen – wumm! Die plötzlich frei werdende Energie ruft eine Streuung aller möglichen Teilchen hervor. Diese Streuung wird in den Detektoren erfasst, und dann können wir feststellen, was für Teilchen das sind und wie sie entstehen konnten.«
    »Woher bekommt ihr denn Antimaterie?«
    »Per Postversand aus Washington.«
    Ford lächelte. »Und ich dachte, die verschicken nur Schwarze Löcher.«
    »Nein, im Ernst, wir erschaffen unsere Antimaterie selbst vor Ort, indem wir eine Goldplatte mit Alphastrahlen beschießen. Die Antiprotonen sammeln wir in einem zweiten Ring und leiten sie dann in den Hauptring, wenn wir sie brauchen.«
    »Und was hat das alles mit Kosmologie zu tun?«, fragte Ford.
    »Ich bin hier, um finstere Dinge zu studieren!« Sie rollte dramatisch mit den Augen. »Dunkle Materie und dunkle Energie.« Sie nippte an ihrem Wein.
    »Klingt beängstigend.«
    Sie lachte. Er beobachtete, wie sie ihn mit ihren grünen Augen unverhohlen abwägend musterte, und fragte sich, wie alt sie wohl sein mochte. Dreiunddreißig? Vierunddreißig?
    »Vor etwa dreißig Jahren wurde den Astronomen allmählich klar, dass die meiste Materie im Universum nicht von derSorte ist, die man sehen oder berühren kann. Sie nannten sie Dunkle Materie. Offenbar

Weitere Kostenlose Bücher