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Credo - Das letzte Geheimnis

Titel: Credo - Das letzte Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston
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Reverend Spates brauchte. In Virginia war es jetzt mitten in der Nacht, aber es würde dem Reverend gewiss nichts ausmachen, um dieser Neuigkeiten willen geweckt zu werden. Ganz bestimmt nicht.

37

    Am Freitagmorgen, bei Tagesanbruch, lehnte Nelson Begay am Türrahmen des Gemeindehauses und sah zu, wie die ersten Pferdehänger eintrafen. Viele Hufe wirbelten den Staub zu rotgoldenen, feurigen Wolken auf, während die Reiter ihre Pferde ausluden und sattelten. Sporen klirrten, Leder klatschte. Begays eigenes Pferd, Winter, war schon gesattelt und bereit für den Ritt; er hatte ihn im Schatten der einzigen Pinyon-Kiefer weit und breit angebunden, das Maul in einem Hafersack. Begay wünschte, er könnte den Bilagaana die Schuld für all die toten Kiefern hier geben, doch soweit er das beurteilen konnte, stimmte das, was man in den Fernsehnachrichten sah: Borkenkäfer und Dürre hatten keine weiteren Helfer gebraucht.
    Maria Atcitty, die Vorsitzende des Ortsverbands, trat zu ihm. »Ganz schöner Zulauf«, sagte sie.
    »Besser, als ich dachte. Kommst du mit?«
    Atcitty lachte. »Alles, nur nicht im Büro hocken.«
    »Wo ist dein Pferd?«
    »Bist du verrückt? Ich fahre.«
    Begay beobachtete weiter die bunte Mischung von Pferden, die sich zu dem Protestritt versammelten. Abgesehen von ein paar guten Quarterhorses und einem Araber, waren die meisten Reservatsklepper, unbeschlagen, mager, nervös. Die Szeneerinnerte ihn an seinen Onkel Silvers drüben in Toh Ateen. Silvers hatte ihm die Blessing-Way-Zeremonie beigebracht, aber er war auch Rodeoreiter gewesen, war zwischen Santa Fe und Amarillo von einem Rodeo zum nächsten gezogen, bis er sich den Rücken ruiniert hatte. Danach hielt er noch einen Haufen struppiger Pferde, damit die Kinder darauf reiten konnten; dort hatte Begay alles gelernt, was er über Pferde wusste. Er schüttelte den Kopf. Das schien eine Ewigkeit her zu sein. Onkel Silvers war nicht mehr, die alten Sitten starben aus, und die Kinder heutzutage konnten weder reiten, noch beherrschten sie die Sprache ihres Volkes. Begay war der Einzige, den der alte Onkel Silvers dazu hatte überreden können, den Blessing Way zu lernen.
    Der Ritt war mehr als nur ein Protest gegen das Isabella-Projekt; er sollte auch eine Lebensweise wiedererwecken, die viel zu schnell ausstarb. Es ging hier um ihre Traditionen, ihre Sprache und ihr Land, darüber, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen.
    Ein klappriger Isuzu fuhr vor, mit einem Viehanhänger, der viel zu groß für den altersschwachen Pick-up war. Mit einem lauten Jubelruf sprang ein schlaksiger Mann in einem T-Shirt mit abgeschnittenen Ärmeln heraus. Er reckte einen mageren Arm in die Luft, stieß erneut sein Gebrüll aus und ging dann um den Anhänger herum, um sein Pferd auszuladen.
    »Willy Becenti ist da«, bemerkte Atcitty.
    »Schwer zu übersehen.«
    Das Pferd, bereits gesattelt, trat rückwärts in den Staub. Becenti führte es um den Wagen und band es an die Anhängerkupplung.
    »Er packt.«
    »Das sehe ich.«
    »Willst du ihm erlauben, das da mitzunehmen?«
    Begay dachte kurz darüber nach. Willy war hitzköpfig, aberer hatte ein gutes Herz und war sehr verlässlich, wenn er nicht betrunken war. Und auf diesem Ritt würde es keinen Alkohol geben – das war die einzige Regel, auf deren Einhaltung Begay strikt bestehen würde.
    »Willy macht schon keinen Unsinn.«
    »Was, wenn es da oben hässlich wird?«, fragte Maria.
    »Wird es nicht. Ich habe gestern mit zwei von den Wissenschaftlern gesprochen. Da oben wird gar nichts passieren.«
    Atcitty fragte: »Welche beiden waren das denn?«
    »Der eine, der sich als Ethnologe bezeichnet, Ford, und die stellvertretende Leiterin, eine Frau namens Mercer.«
    Atcitty nickte. »Die zwei habe ich auch schon kennengelernt.« Nach kurzem Schweigen fragte sie: »Bist du sicher, dass dieser Protestritt eine gute Idee ist?«
    »Das werden wir wohl jetzt herausfinden, oder?«

38

    Ken Dolby sah auf seine Armbanduhr. Sechs Uhr abends. Er wandte sich wieder dem Bildschirm zu und überprüfte die Temperatur des schadhaften Magneten. Hielt sich gut, immer noch weit innerhalb der Toleranzgrenzen. Er scrollte sich durch mehrere Seiten von Isabellas Software-Kontrollprogrammen. Alle Systeme in Ordnung, alles lief wie am Schnürchen. Sie waren nun bei achtzig Prozent Leistung.
    Es war die perfekte Nacht für einen Durchlauf. Da Isabella einen großen Anteil des Stroms aus dem lokalen Verteilernetz für sich beanspruchte,

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