Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
Vom Netzwerk:
sonst so in der Zelle?«
    »Spielt stundenlang das Spiel da drüben. Da gibt’s andere, die blödere Sachen machen.«
    Fenwick öffnete die Schachtel und prägte sich ein, wie die Steine, das Brett und die Karten lagen. Er packte alles aus und schüttelte den Kopf.
    »Kann ich nichts mit anfangen.« Doch als er alles wieder einpackte, sah er, dass das Brett verformt war. Er dachte, dass er es nicht richtig zusammengeklappt hatte, öffnete es und versuchte es erneut, ohne Erfolg. Er fuhr mit den Fingern über die Fläche und an den Kanten entlang.
    »Da steckt was drin.«
    Der Wärter merkte auf.
    »Wahrscheinlich sein Drogenversteck.«
    »Das glaub ich nicht.« Er drückte den Spalt in der Brettkante so weit auseinander, dass er das gefaltete Papier herausziehen konnte. Zwei weitere Bilder, beide von Nightingale.
    Auf dem ersten war an der Stelle, wo das Herz gewesen wäre, ein Loch in das Papier gestochen. Das zweite Bild war noch brutaler. Es zeigte eine nackte Frau mit Nightingales Gesicht. Sie lag gefesselt auf einem Altar und hatte eine Wunde in der Brust. Alle Finger waren abgetrennt. Über ihr war eine graue Gestalt gezeichnet. Der Dämonenkönig: schwarze Flügel, Schuppenkleid, ein langer, gegliederter Schwanz und ein aufgerissener roter Mund. Er hielt ein dampfendes blutiges Herz hoch.
    Fenwick schauderte beim Anblick der überdeutlichen Details, die ihn an den Mord an Lucinda erinnerten.
    »Der ist schwer krank.«
    Der Aufseher lachte, ein zynischer Klang, der den Detective ärgerte.
    »Da ist der gute Doktor aber anderer Meinung. Er denkt, Griffiths geht es allmählich besser.«
    »Blödsinn!«
    »Das sagen Sie, und ich gebe Ihnen sogar Recht, aber Batchelor ist nun mal der Fachmann. Wer hört schon auf uns?« Er blickte auf das Bild in Fenwicks Händen. »Aber zeichnen kann er, was? Wer wohl die Modelle sind?«
    Fenwick blickte den Aufseher an, dann wieder auf das Bild. Erst jetzt sah er, dass das Gesicht des Dämonenkönigs gar nicht das von Griffiths war.
    »Haben Sie hier einen Farbkopierer?«
    »Vielleicht im Sekretariat, aber ich glaub nicht.«
    »Dann muss ich es mir ausleihen, um eine Kopie zu machen, aber Griffiths darf nicht merken, dass es weg ist. Haben Sie eine Idee?«
    »Wir könnten das Spiel für ein paar Tage konfiszieren. Er wird durchdrehen, und Batchelor wird uns aufs Dach steigen, aber was soll’s«, er lächelte, »geschieht dem perversen Drecksack ganz recht.«
    Auf dem Parkplatz erzählte Fenwick Cooper, was die Durchsuchung der Zelle ergeben hatte, und zeigte ihm das Bild. Der Sergeant wurde rot.
    »Erkennen Sie das Gesicht – das von dem Mann, meine ich?«
    »Nein.« Er faltete das Bild peinlich genau zusammen und gab es Fenwick zurück.
    »Ich aber, glaube ich zumindest. Wir brauchen eine gute Kopie davon, möglichst schnell, damit wir das Original zurückbringen können – machen Sie das? Ich schaue in der Zwischenzeit noch mal bei dem guten Doktor vorbei.«
     
    Dr. Batchelor hatte gerade eine Patientin bei sich, so dass Fenwick zehn Minuten warten musste. Als die Patientin durch eine Seitentür die Praxis verließ, hörte Fenwick Schluchzen aus dem Treppenhaus.
    Batchelor öffnete die Tür und verzog das Gesicht, als er Fenwick warten sah.
    »Sie schon wieder. Ich dachte, ich hätte Feierabend, Cynthia.«
    »Ich muss noch einmal mit Ihnen über Wayne Griffiths sprechen.«
    Batchelors Mund wurde zu einer dünnen Linie.
    »Der Mann ist im Gefängnis. Können Sie ihn nicht endlich in Frieden lassen?«
    »Bitte, Doctor, ich bin einer von den Guten. Bei unserer Personalknappheit möchte ich auch nicht länger Zeit und Energie für einen Mann verschwenden, der bereits verurteilt ist. Ich hoffe, durch das Gespräch mit Ihnen die Sache endlich ad acta legen zu können.«
    »Hmm.« Batchelor beäugte ihn misstrauisch, »Ich gebe Ihnen fünf Minuten. Cynthia, gucken Sie auf die Uhr und sagen Sie mir Bescheid, wenn die Zeit um ist.«
    Fenwick brauchte einen Augenblick, um sich einen Eindruck von der Umgebung zu verschaffen, denn er war zum ersten Mal im Sprechzimmer des Psychiaters. Der Teppich war aus warmer, burgunderroter Wolle, die Couch und der Stuhl des Arztes aus farblich passendem Leder. Die Wände waren in einem dunklen Cremerosa gestrichen und mit abstrakten Bildern behängt, die Spiralen und Röhren zeigten und aussahen, wie auf dem Flohmarkt erstanden. Doch der Schreibtisch überzeugte Fenwick vollends davon, dass er es mit einem Egozentriker zu tun hatte, der sich

Weitere Kostenlose Bücher