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Crescendo

Crescendo

Titel: Crescendo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: corley
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ging eine ganze Weile so.«
    »In welchem Alter?«
    »Etwa vierzehn.«
    »Verstehe. Sonst noch was?«
    »Im Augenblick nicht.«
    Die Enttäuschung war Knotty deutlich anzuhören, und Fenwick fiel wieder ein, dass er sich vorgenommen hatte, beim nächsten Gespräch positiver zu sein. Aber ein überfülltes Zugabteil war nicht der richtige Ort, um damit anzufangen, also verschob er den Vorsatz auf später.
    »Sehr schön, äh, bleiben Sie am Ball und melden Sie sich wieder.«
    Es war schon später Nachmittag, als Fenwick endlich in London eintraf, deshalb beschloss er, direkt nach Hause zu fahren. MacIntyre rechnete nicht mit ihm, und er hatte die Kinder seit drei Tagen nicht gesehen.
    Bei der Begrüßung hob sich seine Stimmung. Sogar Alice freute sich, ihn zu sehen. Nach dem Tee, einigen Spielen und einer Gutenachtgeschichte ließ Fenwick sich in einen Sessel sinken und gönnte sich einen Single Malt. Seine gute Laune verpuffte, als er über die vergangene schwierige Woche nachdachte und dann zwangsläufig auch über seine Karriere.
    Er trat auf der Stelle, und zwar nicht nur in diesem Fall, ruhte sich auf seinem Image als knallharter, schwer arbeitender und erfolgreicher Detective aus. Und die Wirklichkeit?

    415

    Da wurde er irgendeiner Sonderkommission in London zugeteilt, die nicht mal genug für ihn zu tun hatte, und selbst seine kleine Spritztour in den Nordwesten, um dort ein bisschen herumzuschnüffeln, entpuppte sich als totaler Fehlschlag. Und in Harlden vermisste ihn anscheinend auch keiner. Er fragte sich, wann die Ersten ihn durchschauen würden, und es beschlich ihn ein ungewohntes Gefühl von Unsicherheit.
    Er goss sich noch einen Whisky ein. Dass Nightingale noch immer nicht wieder aufgetaucht war, bereitete ihm großes Unbehagen. Er ließ sie im Stich, und das machte ihm größere Sorgen als seine ins Stocken geratene Karriere. Er leerte gerade sein zweites Glas, als das Telefon klingelte und die Stille zerriss.
    »Ja?«
    »Du meine Güte! Vielleicht rufe ich lieber ein anderes Mal an, wenn du besser gelaunt bist.«
    Er erkannte Claires Stimme. Sie erinnerte ihn nur daran, dass auch sein Liebesleben ein absolutes Vakuum war, und er knurrte eine Antwort.
    »Andrew. Hallo! Den Ton kenne ich. Du warst zu lange allein mit dir, und das würde jeden unglücklich machen.«
    »Ha, ha. Sehr witzig. Übrigens, wieso bist du so gut gelaunt?«
    »Es gibt einen neuen Mann in meinem Leben.«
    »Das freut mich, ehrlich.«
    »Nein, das erleichtert dich. Aber deshalb rufe ich nicht an.
    Hast du heute Abend was vor?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Kann ich dann bei dir vorbeikommen? Ich muss dir was sagen, aber nicht am Telefon.«
    »Klingt ja düster.«
    »Nein, es ist nur wichtig. Also?«

    416

    »Klar, komm ruhig. Ich bin den ganzen Abend zu Hause.«
    Claire war eine Stunde später da. Sie hatte ein Leuchten im Gesicht, das Fenwick noch nie bei ihr gesehen hatte. Sie bemerkte das leere Whiskyglas und zog eine Augenbraue hoch.
    »Du trinkst allein?«
    »Was bleibt mir anderes übrig, ich lebe nun mal allein.«
    »Setz dich, Andrew, ich will nicht, dass du gleich aus dem Zimmer stürmst, weil du mit dem, was ich dir sagen werde, nicht klarkommst.« Sie hörte sich an wie die ältere Schwester, die er nie gehabt hatte.
    Er ließ sich auf der Kante seines Sessels nieder, wie auf dem Sprung, um gleich die Flucht anzutreten. Sie schloss die Tür und setzte sich dann auf den Boden neben seinen Füßen.
    Es war eine bewusst nicht-bedrohliche Position, und er bewunderte sie für ihre manipulativen Fähigkeiten. Obwohl er wusste, dass es Absicht war, fühlte er sich gleich entspannter.
    »Es geht um Louise Nightingale.«
    »Weißt du, wo sie ist?« Die Hoffnung in seiner Stimme war schmerzlich.
    »Nein, leider nicht. Aber ich kann mir denken, warum sie abgetaucht ist.«
    »Sie war wegen der Arbeit durcheinander – sie musste mal raus, Abstand gewinnen.«
    »Es hat nicht nur mit der Arbeit zu tun, Andrew«, Claire blickte ihn traurig an, die Augen voller Mitgefühl, »auch mit dir.«
    »Mit mir? Ich hab sie doch immer unterstützt. Ich hatte …
    habe wirklich großen Respekt vor ihr.«
    »Das ist ja das Problem.«
    Er schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Du begreifst es wirklich nicht, was? Mein Gott, Andrew, 417

    für einen Mann, der wegen seiner raschen Auffassungsgabe bekannt ist, kannst du unglaublich begriffsstutzig sein, wenn Menschen dir nahe kommen. Louise Nightingale ist hoffnungslos in dich verliebt. Deshalb

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