Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
möglich zum Lesen. Freunden und Bekannten. Sagen Sie ihnen, sie sollten so herzlos und grausam wie möglich sein. Sie wollen wissen, ob und wann sie sich langweilen. Welche Szenen sie mögen und welche nicht. Was sie nicht verstehen. Was sie gefühlt haben.
Und jetzt das Schwierigste: Halten Sie den Mund und hören Sie Ihren Freunden zu. Machen Sie sich Notizen. Ihr natürlicher Verteidigungsmechanismus wird automatisch einsetzen und es mit Rechtfertigung und Erklärungen versuchen. Halten Sie einfach den Mund. Rechtfertigen Sie sich nicht. Das ist nicht Ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist es, sich die wichtigsten Kritikpunkte zu notieren und sie sich später anzusehen, wenn Ihre Empörung sich gelegt hat und Ihr Kopf wieder klar denken kann. Erst dann nämlich sind Sie bereit, die Kritik auch wirklich anzunehmen.
Vergessen Sie nicht, dass Sie für Ihre Leser schreiben. Und die haben Recht – Sie nicht. Sie sind die Käufer. Aus Leuten wie ihnen setzt sich Ihre Zielgruppe zusammen. Sie sind die Menschen, mit denen Sie kommunizieren müssen. Hier haben Sie eine Chance, ihnen wirklich zuzuhören. Wenn Ihre Testleser behaupten, sie hätten etwas nicht verstanden, dann haben sie das auch nicht. Wenn sie sagen, sie würden etwas nicht mögen, dann gibt es daran nichts herumzudeuteln. Sie mögen es eben nicht.
Es ist Ihr Job, verständlich zu machen, was nicht verstanden worden ist. Es nützt nichts, sich einzureden, die anderen seien bloß zu dumm. Wenn Sie ein guter Schriftsteller sind, dann können Sie die Dinge so verständlich machen, dass auch Menschen wie Ihr Partner – der sich natürlich bösartig und absichtlich dumm stellt, um Sie in den Wahnsinn zu treiben – es begreifen können.
Wenn Ihre Freunde behaupten, sie hätten den Helden nicht ausstehen können, dann sollten Sie sich diese Figur unbedingt noch einmal vornehmen. Verteidigen Sie sie nicht. Sie können mit Ihrem Buch kaum durch die Gegend reisen und jedem Käufer erläutern, warum er Ihren Protagonisten eigentlich mögen müsste. Sie müssen einen Weg finden, den Leser spüren zu lassen, dass Ihr Held heroisch, sympathisch, bewundernswert und ein durch und durch toller Typ ist.
Kurz gesagt – nehmen Sie die Kritik Ihrer Leser ernst. Sie haben immer Recht. Nur dann nicht, wenn sie ihre Gefühle ergründen wollen: Wenn Ihre Testleser Ihnen erklären, warum sie Ihren Helden nicht mögen, irren sie sich seltsamerweise so gut wie immer. Sie wissen nämlich nicht wirklich, warum sie das nicht mögen, was sie nicht mögen und sie wissen auch nicht, wie man es ändern kann.
Ein Beispiel: Jemand behauptet, er könne Ihren Helden nicht leiden, weil der jemanden umbringt, und er grundsätzlich keine Menschen mag, die andere umbringen. Streichen Sie jetzt das Töten oder überarbeiten Sie die Situation, bis der Leser »Ja, los, bring das Schwein endlich um!« schreit? Richtig! Ein anderer Leser ist der Meinung, Ihr Held sei unmoralisch, weil er fremdgeht. Auch hier sollten Sie die Umstände verändern und die Motivation ausarbeiten, bis der Leser den Seitensprung billigt, versteht und ihn verzeiht. Und plötzlich wird niemand mehr Ihren Helden wegen Unmoral oder Mordgelüsten verdammen!
Ihr Verleger und Ihr Agent sind professionelle Leser. Aber auch nur Leser. Deshalb trifft das auch auf sie zu. Ihre Reaktionen sind selbstverständlich richtig, aber das braucht nicht auf die Gründe, die sie dafür haben, zuzutreffen.
Trotzdem sollten Sie zuhören, wenn Ihnen Leute erklären, wie man die kritisierten Stellen verbessern könnte. In ihren Vorschlägen finden Sie Hinweise, um das Problem zu erkennen.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Manchmal reagiert jemand negativ auf etwas, das zehn oder zwanzig andere positiv empfunden haben. In diesem Fall sollten Sie überlegen, ob Sie die Szene oder die Figur nicht trotzdem beibehalten. Manchmal kann einer Ihrer Leser auch durchaus einen richtigen und nützlichen Vorschlag zur Verbesserung machen. Manchmal erkennen Sie sofort, woran es liegt.
Wenn ich Skistunden gebe und unfähige, lernfaule oder ängstliche Schüler habe, die schon aussteigen wollen, bevor sie es noch versucht haben, bitte ich sie stets zu bleiben. »Ein Skilehrer hat nichts mit einem Lehrer in der Schule zu tun«, sage ich ihnen dann. »In der Schule gibt es jede Menge Schüler, die scheitern. Hier kann nur der Lehrer scheitern.« Ihre Leser können Sie nicht enttäuschen. Aber Sie können Ihre Leser enttäuschen.
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TUN SIE ES
D as Wichtigste ist,
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