Crime - Kriminalromane und Thriller schreiben
dem Englischen und die Hard-boiled-Krimis aus dem Amerikanischen kommen. Und seltsamerweise stimmt das. Wenn man einen englischen Buchladen betritt, findet man in den Krimiregalen hauptsächlich die klassischen Kriminalromane – manchmal mit härteren Anklängen wie Minette Walters Im Eishaus oder Nicci Frenchs Der Glaspavillon , manchmal ganz klassisch in Miss-Marple-Manier wie die Dorothy Cannells Die dünne Frau oder Der Witwenclub . Gelegentlich versuchen sich englische Autoren am harten Cop- oder Privatdetektiv-Roman, aber es will ihnen nicht so recht gelingen. Das Land ist einfach zu behaglich und heimelig. Nicht wie Amerika. You can take that to the bank, motherfucker!
Aber es könnte sein, dass Amerika eines Tages doch noch den Vorrang im Hard-boiled-Genre verliert. Denn nordeuropäische Autoren – die Schweden tun sich hier besonders hervor – sind nahe daran, ihre amerikanischen Kollegen in den Schatten zu stellen. Die Ermittler von Henning Mankell ( Die weiße Löwin, Mörder ohne Gesicht, Hunde von Riga ), Åke Edwardson ( Die Schattenfrau, Das vertauschte Gesicht, Der Himmel auf Erden ) und Håkan Nesser ( Das grobmaschige Netz, Die Frau mit dem Muttermal, Das falsche Urteil ) sind desillusionierte und abgebrühte Helden in einem düsteren Ambiente, ebenso wie Kommissar Erlendur aus Nordermoor des isländischen Schriftstellers Arnaldur Indridason. Die Struktur dieser Romane hat von beiden Gattungen das Beste: Was sie mit dem klassischen Detektivroman gemein haben, ist das Herunterreißen der Fassade, das Enthüllen des wahren Gesichts hinter der Maske der Rechtschaffenheit. So sind die meisten Romane dieser nordeuropäischen Autoren realitätsnäher, die Helden menschlicher, die Storys glaubhafter. Die Krimis kommen, wenn man von der Mordtat selbst absieht, mit weniger Gewalt aus als ihre amerikanischen Pendants und halten sich an die bekannten Ermittlungsmethoden, denen wir eher folgen können. Eine Ausnahme macht Fräulein Smillas Gespür für Schnee des Dänen Peter Høeg ; der Plot ist Hollywood-tauglich, das Sujet ungewöhnlich und die Auflösung verblüffend.
Möglich, dass Land und Klima die Skandinavier so düster macht; die Italiener legen in ihren Krimis weit mehr Lebensfreude an den Tag. Der sizilianische Kommissar Montalbano des Schriftstellers, Drehbuchautoren und Regisseurs Andrea Camilleri ( Der Hund aus Terracotta, Das Spiel des Patriarchen etc. ) ist ein genussfreudiger Feinschmecker mit guten Beziehungen zur Unterwelt, der wie ein Privatdetektiv arbeitet, auch wenn er die Mittel seines Berufsstandes nutzt. Die Kriminalromane des Autorenduos Carlo Fruttero und Franco Lucentini ( Wie weit ist die Nacht, Die Sonntagsfrau, Der Palio der toten Reiter ), beides Journalisten, zeichnen sich durch üppige Beschreibungen und bitterböse Charakterstudien aus, die Tom Wolfes Virtuosität in nichts nachstehen. Dass Donna Leon mit ihren Geschichten um Kommissar Brunetti ( Aqua Alta, Venezianische Scharade, Vendetta ) diese Lebenslust nicht ganz erreicht, liegt vielleicht auch daran, dass sie Amerikanerin ist.
Aber auch deutschsprachige Autoren machen es gerne und gut auf die harte Tour: Kemal Kayankaya, der Held aus Happy Birthday, Türke , Mehr Bier und Ein Mann, ein Mord , ist ein türkischer Sam Spade in Frankfurt. Die Hauptfigur aus Akif Pirinçcis Felidae und Francis ist zwar ein Kater, hat aber mehr von einem abgebrühten Privat Eye als jede Marlowe-Kopie. Frank Schätzings Thriller Lautlos ist ein raffinierter, komplexer und spannender Wettstreit-Roman, der sich in einem fulminanten Showdown auflöst.
In der Blütezeit des klassischen Detektivromans, im Goldenen Zeitalter, war ein Krimi noch kein zermürbender Trip durch schmutzige und anrüchige Gossen, durch einen Sumpf aus Verzweiflung und Demütigung. Der Krimi war ein Rätsel, das sich durch Fairplay auszeichnete, und das Vergnügen, das der Leser daran hatte, ähnelte der Befriedigung, ein schwieriges Puzzle zusammenzusetzen. Die klassische Situation war der Mord in einem abgeschlossenen Raum. Der Job des Schriftstellers war es, Fährten zu legen und Hinweise zu geben. Dabei musste er fair sein, damit der Leser in der Lage war, durch diese Hinweise ebenfalls auf die Lösung zu kommen. Passieren durfte das natürlich nicht – wie unbefriedigend und langweilig, wenn der Leser um die Überraschung gebracht würde. Der Sprachwissenschaftler Umberto Eco nutzte den klassischen Detektivroman, um seine Lehre der Semiotik an den Mann zu
Weitere Kostenlose Bücher