Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
CROMM - Das Dorf findet dich

CROMM - Das Dorf findet dich

Titel: CROMM - Das Dorf findet dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner , Christian Sidjani
Vom Netzwerk:
in ihrem Brummschädel wie ein Wecker klang. Kaum hatte sie die Augen aufgeschlagen, stellte sie eine Veränderung fest. Sie wurde nicht mehr über den Boden geschleift und lag jetzt auf der Seite. Hatte sie sich von alleine herumgedreht oder waren das die Leute gewesen, die sie hierher gebracht hatten?
    Wo war denn Hierher ? Erst sah sie nur Erde vor sich. Kleine, schwarze Hügel. Weiter im Hintergrund waren wieder die Bäume und das Sonnenlicht schien fahl und schwach durch die Blätter und Äste. Hier hatte der Herbst noch nicht das Leben dahingerafft. Sie hob ihren Kopf etwas an, spürte dabei den Klebestreifen über ihren Mund, der die Haut an den Wangen straffte, als sie sich bewegte. War sie vorhin schon geknebelt gewesen? Sie versuchte, ihre Arme und Beine zu bewegen, aber sie konnte sich nur krümmen wie ein hilfloser Wurm. Fest geschnürt lag sie da, hob den Kopf noch ein bisschen höher, so weit, dass es in ihrem Genick wehtat und die Kopfschmerzen unerträglich wurden. Es hämmerte von ihrem Hinterkopf aus über die Stirn bis zu den Augen. Aber sie konnte sehen und was sie sah, versetzte ihr den ersten Schock, seit sie in diese Lage geraten war. Vor ihr war ein Loch in die Erde gegraben worden, länger und breiter als sie. Wie tief es war, sah sie nicht, nur die schwarzen Hügel herum, die höher waren als vor ihren Augen.
    »Wir schmeißen sie erst hinein. Sonst gibt das hier oben eine Sauerei. Hast du das verstanden?«, ertönte eine tiefe, männliche Stimme hinter ihr. Es war definitiv kein Scherz, in den sie geraten war. Niemand spielt ihr einen Streich. Die Sätze wurden wie Befehle gesprochen, wie die Anleitungen eines Vorarbeiters.
    »Ja, Herr von Gauk«, sagte eine jüngere Stimme. Viel jünger, vielleicht war es noch ein Junge.
    Larissa versuchte wieder sich zu bewegen. Sie wollte schreien, aber nur ein Quieken drang durch das Klebeband. Sie wälzte sich herum und lag schließlich auf dem Rücken, blickte hinauf zu drei Männern, die sie nun beiläufig ansahen. Die Blicke von Arbeitern, die einfach nur ihren alltäglichen Handlungen nachgingen. Sie wirkten unbeteiligt, besonders der ältere unter ihnen, dessen graues Haar im Licht schimmerte. Nur der Junge – er war wirklich noch ein Junge! – hatte ein leichtes Blitzen in den Augen, das echtes Interesse an ihr zeigte. Aber nicht an ihr als Mensch, sondern an der Aufgabe, die vor ihm lag. Der dritte Mann stand einige Schritte von ihnen entfernt und blickte sie genauso unbeteiligt an. Er hatte wohl bislang nicht gesprochen.
    Was machen Sie mit mir, wollte Larissa fragen und murmelte Unverständliches. Wieder versuchte sie sich zu bewegen, zu befreien, um Himmels Willen, ich muss mich befreien , aber sie war so gut verschnürt, dass sie sich nicht einmal mehr auf die Seite drehen konnte.
    »Das Ding ist wach«, sagte der Junge.
    »Dann wird es Zeit, dass du es in den Graben wirfst.«
    »Ja, Herr von Gauk.«
    Der Junge ging zu ihren Beinen und packte sie. Ein Schrei entfuhr Larissas Kehle, Panik raste in ihr. Das Herz hämmerte gegen ihre Brust. Sie hatte einfach nicht gewollt, diese Situation als real zu empfinden. Ja, vielleicht war sie kurz zuvor noch überzeugt gewesen zu träumen, wenn es schon kein Scherz war. Aber der Anblick dieser drei Männer, ihre stoische Gelassenheit und ihr Desinteresse an dem Menschen, der vor ihnen lag, hatte endgültig jede Hoffnung vernichtet.
    Der Junge schleifte sie ein Stück über den Boden, dann wendete er sich nach links, wollte Larissas Körper in den Graben werfen, aber nichts geschah. Ihr Hintern hing in der Luft, die Beine fest im Griff des Jungen, aber der Oberkörper blieb auf dem Boden liegen. Er zerrte an ihr, dass die Kopfschmerzen stärker wurden. Sie dachte in diesem Moment an den Gegenstand, mit dem sie sie geschlagen haben mussten, und konnte sich nichts vorstellen, das nur einen Schlag brauchte, um später solche Schmerzen zu bereiten.
    »So wird das nichts, Gerald«, sagte plötzlich die dritte Stimme, der dritte Mann, »wie oft muss ich dir das denn noch zeigen?«
    »Tut mir leid, Vater. Ich treffe einfach nicht den richtigen Winkel.«
    »Wenn du es nun demnächst alleine machen musst, was sehr bald sein kann, dann musst du den Winkel auch treffen. Wie habe ich dir das gezeigt?«
    Der Junge ließ Larissas Beine los und ging ein Stück zurück. Dort schaute er auf ihren Körper, als wollte er etwas abmessen.
    »Ich habe die Ecke nicht richtig genutzt«, stellte der Junge fest.
    »Richtig.

Weitere Kostenlose Bücher