CROMM - Das Dorf findet dich
wir einen Tag früher da ankommen, ist doch egal. Und in Leipzig gibt’s bestimmt auch die eine oder andere Party zu Halloween. Aber ich bin mir sicher, das Haus existiert. Weiß nicht, hab's so im Gefühl.«
Larissa schwieg, stimmte ihrem Bruder im Geiste aber zu.
Ja, da gibt’s ein Haus. Nur ob es das sein würde, von dem der Flyer sprach, stand auf einem anderen Blatt. Allein ihre Abenteuerlust ließ sie danach suchen. Sonst wären die Fünf wahrscheinlich nie einer Wegbeschreibung gefolgt, die Jakob in einem Waschcenter gefunden hatte.
»So viel brauchen wir nicht.« Remo griff in den geflochtenen Korb und räumte die Hälfte der Lebensmittel wieder aus.
»Was soll das?«, fragte Franka und folgte seinen Bewegungen mit Blicken, die sein Tun eindeutig missbilligten.
»Schatz, das ist einfach zuviel«, sagte Remo.
»Es sind Geschenke für deine Mutter.«
»Die Hälfte reicht. Oder schenk ihr was anderes. Sie leidet selbst unter überfüllten Vorratsschränken, das weißt du doch.« Er stellte ein Senfglas ins Regal.
»Halt! Das nicht! Das hat sie sich extra von mir gewünscht. Diesen Senf gibt’s bei ihr nicht zu kaufen.« Franka packte das Glas wieder in ihr Körbchen. Remo massierte sich die Schläfen. Seine Kopfschmerzen wollten zurückkommen. Und das im ungünstigsten Moment, vor einer langen Autofahrt. Franka legte die Arme von hinten um ihn und Remo lehnte sich zurück, um ihr Gesicht zu spüren.
»Geht’s wieder los?«, fragte sie leise. Sie wusste, dass er laute Stimmen nicht ertragen konnte, wenn er Kopfschmerzen bekam.
»Ich fürchte, ja. Dass das jetzt auch noch sein muss.«
»Hast du keine Lust morgen zu fahren? Wir könnten absagen. Gisela würde es verstehen«, sagte Franka.
»Nein. Sie wäre unglaublich enttäuscht. Du weißt, wie selten sie uns sieht und diese Kürbiszeit ist ihr sehr wichtig. Das können wir nicht machen.«
»Die Kürbisse sind in einer Woche auch noch da.«
»Da krieg ich aber nicht frei. Wir fahren morgen. Ich nehme Tabletten, es wird schon irgendwie gehen. Muss ja nicht gleich in einem Migräneanfall enden«, sagte Remo und hoffte, dass dies wirklich nicht der Fall sein würde. Sonst musste er seiner Mutter doch noch absagen. Natürlich konnte man das Kürbisessen verschieben. Aber sie freute sich jedes Jahr darauf, es war eine selbstgeschaffene Tradition, die man nicht brechen durfte, solange die Welt nicht unterging. Und das Beste daran war, dass seine Freundin sich mit seiner Mutter verstand und gerne zu ihr fuhr. Das hatte er auch schon ganz anders erlebt und es war eine große Erleichterung, dass die beiden sich mochten. Franka neigte wie seine Mutter zum übermäßigen Horten von Nahrungsmitteln und auf diesem Gebiet fanden sich erfreulich große Schnittmengen der Interessen, was wesentlich zur guten Stimmung beitrug. Franka ließ ihn los und beschäftigte sich wieder mit den Einkäufen, während Remo sich eine Schmerztablette aus dem Schrank fischte. Er füllte ein Glas mit Wasser und warf die Tablette hinein, wo sie sprudelnd unterging.
»Am besten legst du dich in die heiße Wanne. Dann wird dir besser«, sagte Franka. »Und geh früh ins Bett, das kann nicht schaden.«
Remo grinste trotz seiner pochenden Schläfen. Franka hatte noch mehr von seiner Mutter, als sie selbst ahnte. Aber das war nicht der Grund gewesen, sich in sie zu verlieben. Da war er sich ganz sicher. Wie oft hörte man, dass Beziehungen scheiterten, weil der Mann sich einen Mutter-Ersatz statt einer Partnerin zulegte? Dieser Sache war er sich aber bewusst und Franka war einfach genau das, was er wollte. Es gab nur wenig an ihr, was ihn störte. Und in guten Zeiten war da nichts. Er hatte wirklich Glück gehabt.
»Ich bin in der Badewanne. Wird wohl wirklich das Beste sein. Und nimm bitte nicht noch mehr mit. Du weißt genau, dass meine Mutter uns vor der Rückfahrt den Kofferraum vollstopft. Wenn uns einer anhält, wird man denken, wir sind fahrende Gemüsehändler.«
»Ich mach das schon«, sagte Franka. »Geh du deinen Kopf baden. Hab ich jemals wirklich zu viel eingepackt?«
»Ja.«
»Aber nicht letztes Jahr.« Franka blieb ganz ruhig. Mit so was konnte man sie nicht provozieren. Remo machte sich auf den Weg ins Bad und hoffte, dass er seinen Schädel bis morgen wieder im Griff hatte.
Er beneidete seine Schwester nicht. Er konnte sich mit Madlen ein Zimmer allein teilen. Doch aus Rücksicht auf Sarah war es für Martin selbstverständlich, dass sie die
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