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Cromwell, Bernard

Cromwell, Bernard

Titel: Cromwell, Bernard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stonehenge
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graubraunes Pferd, das über und über
mit Schweiß bedeckt war. Sein Sattel bestand aus einer zusammengefalteten
wollenen Decke, die Zügel waren aus Nesselfasern geflochten, die er kaum
brauchte; denn er war verwundet und wirkte vollkommen erschöpft. Deshalb
überließ er es seinem Pony, sich einen Weg den Pfad hinaufzubahnen, der sich
die steile Böschung emporwand. Der Fremde hielt den Kopf gesenkt, und seine
Fersen schleiften fast am Boden entlang. Unter einem wollenen, blau gefärbten
Umhang trug er in der rechten Hand einen Bogen, während über seiner linken
Schulter ein Lederköcher hing, gefüllt mit Pfeilen, an deren Schäften Federn
von Seemöwen und Krähen steckten. Seine kurzen Barthaare waren schwarz, die in
seine Wangen eintätowierten Stammesabzeichen grau.
    Lengar flüsterte Saban zu, sich ganz still zu verhalten,
dann verfolgte er den Fremden Richtung Osten. Der große Bruder hatte einen
Pfeil in seinen Bogen eingespannt; aber der Fremde drehte sich kein einziges
Mal nach etwaigen Verfolgern um — daher war Lengar vorerst bereit, den Pfeil
auf seiner Bogensehne ruhen zu lassen. Saban fragte sich, ob der Reiter
überhaupt noch lebte, denn er hockte so reglos und in sich zusammengesunken
auf dem Rücken seines Pferdes wie ein Toter.
    Der Mann musste von jenseits der Grenze sein. Selbst Saban
konnte das erkennen, da nur die Fremdländischen solche zotteligen Pferdchen
ritten und graue Tätowierungen im Gesicht hatten. Das fremdländische Volk war
der Feind, dennoch schoss Lengar immer noch nicht seinen Pfeil ab. Er folgte
dem Reiter einfach nur, und Saban folgte Lengar, bis der Unbekannte schließlich
an den Waldrand gelangte, wo Adlerfarn wuchs. Dort hielt der Mann sein Pferd an
und hob den Kopf, um auf die sanft ansteigende Landschaft hinauszustarren,
während Lengar und Saban ungesehen hinter ihm im Unterholz kauerten.
    Der Fremde erblickte Farngestrüpp und jenseits davon, wo
das Erdreich über der darunter liegenden Kreideschicht dünn war, Grasland. Den
flachen Kamm des Graslandes sprenkelten Grabhügel. Schweine wühlten im Laub,
während auf den Weiden weiße Rinder grasten. Hier schien noch immer die Sonne.
Der Fremde verharrte eine ganze Weile dort und hielt nach Feinden Ausschau,
die jedoch ausblieben. Weit in der Ferne dehnten sich mit Dornenhecken umgebene
Weizenfelder nordwärts, über die jetzt die ersten finsteren Wolken, Vorreiter
des Unwetters, ihre Schatten jagten; aber unmittelbar vor ihm war die
Landschaft noch von Sonnenlicht überflutet. Vor ihm befand sich Leben, hinter
ihm Dunkelheit, und plötzlich stürmte das kleine Pferd unaufgefordert ins
Gestrüpp. Der Reiter ließ sich von ihm tragen.
    Das Tier erklomm die sanfte Anhöhe zu den Grabhügeln.
Lengar und Saban warteten, bis der Fremde hinter der Horizontlinie verschwunden
war, dann schlichen sie ihm nach; und als sie den Kamm des Walls erreichten,
kauerten sie sich in die Vertiefung neben einem der Gräber, um festzustellen,
dass der Reiter neben dem Alten Tempel angehalten hatte.
    Donner grollte in der Ferne, und eine weitere heftige
Windbö drückte das Gras nieder, wo das Vieh weidete. Der Fremde glitt zu Boden,
durchquerte den mit Unkraut überwucherten Ringgraben des Alten Tempels und
verschwand in den Haselnusssträuchern, die dicht innerhalb des geheiligten
Kreises wuchsen. Saban nahm an, dass der Mann Zuflucht suchte.
    Aber sein Bruder war hinter dem Fremden her, und Lengar
neigte nicht dazu, Gnade walten zu lassen.
    Das reiterlose Pferd, verängstigt durch den lauten Donner
und die großen Rinder, trabte in westlicher Richtung auf den Wald zu. Lengar
wartete, bis das Tier zwischen den Bäumen verschwunden war; dann kletterte er
aus dem Versteck und rannte zu den Haselnusssträuchern.
    Saban folgte ihm und zwar dorthin, wo er in seinen ganzen
zwölf Lebensjahren noch niemals gewesen war. Zu dem Alten Tempel.
     
    Früher einmal, vor so unendlich vielen Jahren, dass sich
kein Lebender mehr an jene Zeiten erinnern konnte, war der Alte Tempel das
größte Heiligtum des Herzlandes gewesen. In jenen Tagen, als die Menschen von
weit her gekommen waren, um in den Steinkreisen des Tempels zu tanzen, war der
hohe Wall aus kreidehaltiger Erde, der das Heiligtum umgab, so weiß gewesen,
dass er im Mondschein leuchtete. Der schimmernde Ring maß einen Durchmesser von
hundert Schritten; in den alten Zeiten war die geheiligte Fläche in seinem
Inneren von den Füßen der Tanzenden platt getrampelt worden, während sie

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