Cronin, Justin
sich in einen Sessel und schaute ihr
eine Zeitlang schweigend beim Spielen zu.
»Woher hast du die Karten?« Auf der Rückseite
stand der Name: Milagro.
»Lish hat sie in einer Schublade gefunden.«
»Du solltest dich ausruhen, Sara«, sagte er.
»Ich kann jetzt übernehmen.«
»Es geht schon.« Stirnrunzelnd schob sie die
Karten zusammen und legte sie neu aus. »Geh wieder schlafen.«
Peter sagte nichts weiter. Ihm war, als habe er
etwas falsch gemacht, aber er wusste nicht, was.
Alicia wandte sich vom Fenster ab. »Weißt du,
wenn du nichts dagegen hast, nehme ich dein Angebot an und lege mich ein paar
Minuten hin. Wenn es dir recht ist, Sara.«
Sara zuckte die Achseln. »Wie du willst.«
Alicia ging hinaus und ließ sie allein. Peter
trat ans Fenster und spähte durch das Nachtsichtgerät an seinem Gewehr, um die
Straße abzusuchen. Verlassene Autos, Berge von Schutt und Müll, leere Gebäude.
Eine Welt, die in der Zeit erstarrt war, im Augenblick der Kapitulation, in den
letzten, gewalttätigen Stunden der Zeit Davor.
»Du brauchst mir nichts vorzumachen, weißt du.«
Er drehte sich um. Sara musterte ihn kühl. Ihr
Gesicht leuchtete im Mondlicht. »Was meinst du mit vormachen?«
»Peter, bitte. Nicht jetzt.« Peter spürte ihre
Entschlossenheit. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. »Du hast dein Bestes
getan. Das weiß ich.« Sie lachte leise und schaute weg. »Und wenn wir alle hier
draußen sterben, dann sollst du wissen, dass es in Ordnung ist.«
»Niemand wird sterben.« Etwas anderes fiel ihm
nicht ein.
»Tja. Hoffentlich stimmt das.« Sie zuckte die
Achseln. »Trotzdem, in der Nacht damals ...«
»Hör zu, es tut mir leid, Sara.« Er holte tief
Luft. »Ich hätte schon eher mit dir reden sollen. Es war meine Schuld.«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Peter.
Ich sage ja, du hast es versucht. Aber ihr beide seid füreinander gedacht. Ich
glaube, das habe ich immer gewusst. Es war dumm von mir, es nicht zu
akzeptieren.«
Er war völlig verwirrt. »Sara, wovon redest du?«
Sara antwortete nicht. Ihre Augen wurden
plötzlich groß. Sie starrte an ihm vorbei aus dem Fenster.
Er fuhr herum. Sara stand auf und kam zu ihm.
»Was hast du gesehen?«
Sie streckte den Finger aus. »Auf der anderen
Seite, oben auf dem Turm.«
Er drückte das Nachtsichtgerät ans Auge. »Ich
sehe nichts.«
»Es war da, das weiß ich.«
Dann war Amy im Zimmer. Sie drückte die
Glaskugel an die Brust. Mit der anderen Hand packte sie Peter beim Arm und zog
ihn vom Fenster weg.
»Amy, was ist?«
Die Glasscheibe hinter ihm zerbrach nicht, sie
explodierte, zerstob in einem Hagel von glitzernden Scherben. Die Luft entwich
aus seiner Lunge, als er quer durch den Raum geschleudert wurde. Erst später
begriff Peter, dass der Viral von oben auf sie herabgekommen war. Er hörte Sara
schreien - aber es waren keine Worte, sondern ein Schreckensschrei. Er stürzte
zu Boden und rollte, in Amy verheddert, herum - gerade noch rechtzeitig, um zu
sehen, wie die Kreatur wieder zum Fenster hinausschnellte.
Sara war fort.
Im Nu waren Alicia und Hollis im Zimmer, alle
waren da. Hollis riss sich die Schlinge vom Arm und packte sein Gewehr, er
stand am Fenster, zielte nach unten, schwenkte den Lauf hin und her. Aber er
schoss nicht.
»Fuck!«
Alicia zog Peter auf die Beine. »Bist du
verletzt? Hat er dich gekratzt?«
In ihm brodelte es noch. Er schüttelte den Kopf:
Nein.
»Was ist passiert?«, rief Michael. »Wo ist meine
Schwester?«
Peter fand seine Stimme wieder. »Er hat sie
geholt.«
Michael packte Amy brutal bei den Armen. Sie
hielt immer noch ihre Schneekugel umklammert. Irgendwie war sie heil geblieben.
»Wo ist sie? Wo ist sie?«
»Hör auf, Michael!«, schrie Peter. »Du machst
ihr Angst!«
Die Glaskugel fiel krachend zu Boden, als Alicia
Michael wegriss und ihn auf das Sofa schleuderte. Amy taumelte rückwärts, die
Augen vor Angst weit aufgerissen.
»Akku«, sagte Alicia, »du musst dich beruhigen.«
Tränen der Wut standen in seinen Augen. »Nenn
mich nicht so, verdammt! «
Dann eine Donnerstimme: »Maul halten, verdammt!
Alle!« Sie drehten sich um. Hollis stand am offenen Fenster, das Gewehr an der
Hüfte.
»Haltet. Das. Maul.« Er sah sie alle
nacheinander an. »Ich hole deine Schwester, Michael.«
Er ließ sich auf ein Knie nieder, wühlte ein
paar Clips aus seinem Rucksack und stopfte sie in die Taschen seiner Weste.
»Ich habe gesehen, wohin sie mit ihr verschwunden sind. Drei
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