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Cronin, Justin

Cronin, Justin

Titel: Cronin, Justin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Uebergang
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Temperatur sank.
    Alicia hatte die Heckklappe geöffnet und reichte
hastig Rucksäcke und Gewehre heraus. »Nehmt nur das mit, was wir für die Nacht
brauchen«, befahl sie. »Alles, was ihr tragen könnt. Und so viel Wasser wie
möglich.«
    »Was ist mit den Humvees?«, fragte Sara.
    »Die fahren allein nirgendwohin.« Alicia
streifte sich einen Gurt mit Handgranaten über den Kopf und überprüfte ihr
Gewehr. »Hightop, hast du schon einen Weg hinein gefunden? Wir haben bald kein
Licht mehr.«
    Caleb und Michael arbeiteten wie besessen daran,
das Brett von einem der Fenster herunterzureißen. Krachend splitterte das
Sperrholz und brach aus dem Rahmen, und dahinter kam die schmutzverkrustete
Fensterscheibe zum Vorschein. Caleb schlug einmal mit dem Stemmeisen zu, und
das Glas zersplitterte.
    »Igitt!« Er rümpfte die Nase. »Was ist das für
ein Gestank?«
    »Ich schätze, das werden wir bald herausfinden«,
sagte Alicia. »Okay, bewegt euch!«
    Peter und Alicia kletterten als Erste durch das
Fenster. Hollis würde als Letzter kommen, nach Amy und den andern. Peter ließ
sich drinnen herunterfallen und sah, dass er in einem dunklen Korridor war, der
parallel zur Frontseite verlief. Rechts von ihm war eine stählerne Flügeltür,
mit einer Kette verschlossen, die um die Klinken geschlungen war. Er trat
zurück an das zerbrochene Fenster.
    »Caleb, gib mir einen Hammer. Und das
Stemmeisen.«
    Mit dem scharfen Ende des Stemmeisens zerschlug
er die Kette. Die Tür schwang auf, und dahinter lag ein endlos weiter Raum,
fast schon eine kleine Landschaft und auffallend unberührt. Abgesehen von dem
Gestank - es war ein scharfer, chemischer, aber auch leicht pflanzlicher Geruch
- und einer dicken Staubschicht auf allen Flächen erweckte das Ganze nicht den
Eindruck von Zerstörung, sondern eher von Verlassenheit, als seien die
Bewohner dieser Halle erst vor ein paar Tagen und nicht schon vor Jahrzehnten
verschwunden. In der Mitte ragte ein großes steinernes Gebilde auf, eine Art
Springbrunnen, und auf einem Podest in der Ecke stand ein von Spinnweben
überzogenes Klavier. Links war eine langgestreckte Theke vor einer Reihe hoher
Fenster mit Blick in den Innenhof, der so üppig zugewachsen war, dass die
Vegetation dem Licht hier drinnen einen stark grünlichen Schimmer verlieh.
Peter schaute zur Decke. Verschnörkelter Stuck teilte sie in einzelne, konvexe
Kassetten mit blumigen Malereien: Geflügelte Gestalten mit traurigen,
treuherzigen Augen und rundlichen Wangen schwebten in einem wallenden
Wolkenhimmel.
    »Ist das ... so was wie eine Kirche?«, flüsterte
Caleb.
    Peter gab keine Antwort. Er wusste es nicht.
Etwas an diesen geflügelten Wesen an der Decke wirkte beunruhigend, sogar ein
bisschen bedrohlich. Er drehte sich um und sah Amy. Sie stand neben dem spinnwebverhangenen
Klavier und starrte an die Decke wie alle andern.
    Dann war Hollis bei ihm. »Wir sollten sehen,
dass wir höher nach oben kommen.« Peter sah, dass er sie auch spürte, diese
gespenstischen Erscheinungen über ihnen. »Lasst uns die Treppe suchen.«
    Durch einen zweiten, breiteren Korridor gingen
sie tiefer in das Gebäude hinein, vorbei an Geschäften, deren Namen - Prada,
Tutto, La Scarpa, Tesorini - sinnlos, aber seltsam
musikalisch klangen. Hier waren die Schäden größer: Schaufenster waren
zertrümmert, und blitzende Glasscherben lagen überall auf dem Boden und
knirschten unter den Sohlen ihrer Stiefel. Viele Geschäfte waren offensichtlich
geplündert worden - die Theken waren zertrümmert, die Einrichtung umgestürzt
-, während man andere anscheinend unberührt gelassen hatte; ihre eigenartigen,
nutzlosen Waren - Schuhe, in denen niemand wirklich laufen konnte, Taschen,
die so klein waren, dass man nichts hineintun konnte - standen noch in den
Schaufenstern. Sie sahen Schilder mit der Aufschrift »Spa Level« und »Pool
Promenade« und Pfeilen, die in andere, abzweigende Korridore zeigten, und
Reihen von Aufzügen, deren schimmernde Türen geschlossen waren. Aber nirgends
fand sich ein Wegweiser mit dem Wort »Treppe«.
    Der Gang endete in einem zweiten offenen
Bereich. Er war so groß wie der erste und verlor sich hinten im Dunkeln, und er
wirkte irgendwie unterirdisch - so, als ständen sie am Eingang zu einer riesigen
Höhle. Der Geruch war hier stärker. Sie knickten ihre Leuchtstäbe und gingen
langsam weiter, die Gewehre im Anschlag. Lange Reihen von Maschinen standen in
diesem Saal, wie Peter sie noch nie gesehen hatte, mit

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