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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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hatte er nur wieder
versucht, sie zu manipulieren? Alex wusste es nicht. Alles war so
kompliziert geworden, einschließlich ihrer Gefühle.
    Tief durchatmen…
    Es war ein wundervoller Greentrees-Morgen. Ein frischer warmer
Wind blies über den glitzernden Fluss. Das
gegenüberliegende Ufer wurde von violetten Bäumen
überschattet, die langen, dünnen Blätter an den
untersten Zweigen hingen in das Wasser hinab, das spielerisch an
ihnen zupfte. Mondlichtspitzen wandten ihre winzigen bläulichen
Blütenblätter dem matten Sonnenlicht zu. Über ihnen
kreiste kreischend ein Schwarm von Klagevögeln. Ein riesiger
Roter Kriecher, groß genug, kleinere Tiere zu umschlingen und
zu verdauen, streckte seine Ranken über das Ufer und lauerte auf
Beute.
    Irgendetwas flog am fernen Horizont entlang, direkt auf Höhe
des Roten Kriechers.
    Alex duckte sich am Flussufer zusammen, dann lief sie zu den
anderen zurück, die das Fluggerät schon gesehen und Jakes
Rollstuhl tief unter die überhängende Böschung
geschoben hatten. Natalie holte die Frühstücksschale, die
sie zum Ausspülen in den Fluss gelegt hatte. Sie kauerten mit
all ihren mageren Habseligkeiten unter Fels und Erde und wagten kaum
zu atmen.
    Der Gleiter flog sehr tief. Er tauchte über den Baumwipfeln
am gegenüberliegenden Ufer auf, überquerte den Fluss und
verschwand.
    »Wenn sie den Geländewagen unter den Zweigen gesehen
haben…«, hauchte Ben.
    »Das haben sie nicht«, behauptete Alex. »Sonst
wären sie gelandet.« Hass brodelte in ihr hoch, so
beißend wie Lauge. Julian saß vermutlich nicht in diesem
Gleiter. Er hatte sich gewiss in irgendeinem neuen
»Befehlsstand« verkrochen, damit ihn die Pelzlinge nicht
aufspürten. Sie versteckte sich vor ihm, er versteckte sich vor
den Pelzlingen. Aber er setzte das Leben von mindestens zwei seiner
irdischen Soldaten aufs Spiel, um sie aufzuspüren.
    Vielleicht schätze sie ihn aber auch falsch ein. Sie hatte
nicht mit einer eigenen Durchsage geantwortet, als Julian die Meldung
von ihrem Tod verbreitet hatte. So weit immerhin hatte sie auf Jakes
Rat gehört. Also suchte Julian vielleicht gar nicht nach ihr
– vielleicht suchte er nach den raumfahrenden Pelzlingen. Oder
er erkundete einfach nur seinen neuen Planeten, den er durch Verrat
und Mord und sinnlose Zerstörung gewonnen hatte.
    »Der Gleiter fliegt nach Westen«, stellte Ben Stoller
fest.
    »Gut«, sagte Lucy. »Wir müssen nach
Süden.«
    Noch etwas anderes schoss über den Fluss und war im Nu
verschwunden. »O mein Gott!«, rief Natalie. »Das war
das Beiboot der Pelzlinge!«
    Eine Sekunde später hörten sie die Explosion.
    Keiner sagte etwas. »Wartet«, mahnte Alex
schließlich mit unsicherer Stimme. »Wenn die Pelzlinge
gewollt hätten, hätten sie den Gleiter einfach
auslöschen können. Stattdessen haben sie ihn explodieren
lassen. Sie wollten, dass die Menschen es mitbekommen,
damit…«
    »Ja«, bestätigte Jake. »Und vermutlich wollen
die Pelzlinge auch, dass Trümmer am Boden zurückbleiben.
Das ist ein Köder, damit weitere Menschen herkommen und nach
Überlebenden suchen. Wir werden uns von diesem Absturzort fern
halten.«
    »Aber wenn es Überlebende gibt…«, setzte Ben
an und verstummte sogleich.
    »Soll Commander Martin nach seinen Überlebenden
suchen«, befand Natalie.
    »Nein, Natalie«, erwiderte Jake. »Das wird er
nicht.«
    Natalie sah ihn verwirrt an. »Die Pelzlinge werden
Überwachungsgeräte in der Nähe des Absturzorts
zurücklassen, Natalie«, erklärte Alex. »Und
Julian wird das voraussehen.«
    »Jetzt denkst du langsam wie ein Soldat«, befand Jake.
Aber seine Stimme klang nicht sonderlich erfreut.
    »Dann können auch wir nicht mehr hier bleiben«,
wandte Natalie ein.
    »Richtig«, bestätigte Jake. »Es sei denn, du
möchtest dich vierundzwanzig Stunden am Tag unter einer
Uferböschung verstecken.« Er sprach zu Natalie, aber sein
Blick war auf Alex gerichtet.
    »In Ordnung, Jake«, antwortete sie. »Wir brechen
auf. Aber nicht alle zusammen.«
     
    Sie verfrachteten Jake und seinen Stuhl in den Geländewagen.
Ben fuhr damit den Fluss entlang in südliche Richtung und hielt
sich dabei so gut wie möglich im Schutz der Bäume. Alex sah
sie davonfahren und dachte daran, wie tapfer die beiden waren: der
Junge, dessen Treue hin- und hergerissen worden war, und der alte
Mann, der den gebrechlichen Körper mit schierer Willenskraft
dazu zwang, dem scharfen Verstand zu folgen.
    Es mochte gut sein, dass sie die beiden niemals

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