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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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einen McAndrew-Antrieb. So nannten ihn jedenfalls die
Menschen – nach Arthur Morton McAndrew, dem genialen
Theoretiker, der das Konzept erstmals beschrieben hatte. Die Menschen
hatten niemals ein Raumschiff mit McAndrew-Antrieb gebaut. Ihnen
fehlte sowohl das Material dazu als auch die technischen
Möglichkeiten. Die Pelzlinge allerdings hatten das zuwege
gebracht. Ihre Schiffe funktionierten nach diesem Prinzip und schufen
den perfekten Ausgleich zwischen Beschleunigung und Gravitation.
    Das Schiff hatte eine Massescheibe aus überdichter Materie,
von deren Mitte eine lange Stange abstand. Ein Mannschaftsmodul
konnte sich frei entlang dieser Stange bewegen. Wenn das Schiff
beschleunigte oder abbremste, rückte das Mannschaftsmodul
dichter an die Massescheibe heran und glich die
Beschleunigungskräfte durch identische, aber entgegengesetzt
wirkende Gravitationskräfte aus. So blieben Lucy und Karim im
Inneren des Schiffes einer konstanten Belastung von 1,6 g ausgesetzt,
was vermutlich der Gravitation auf der Heimatwelt der Pelzlinge
entsprach.
    Damit allerdings die Anziehungskräfte an jedem Punkt des
Schiffes gleich blieben, musste sich der Boden je nach Abstand zur
Massescheibe in unterschiedlichem Umfang aufwölben. Und genau
das geschah in diesem Augenblick. Die Schwerkraft, die auf Lucys
Körper einwirkte, blieb gleich. Sie fühlte gar nichts. Aber
ihre Augen sahen, dass sich der Boden veränderte.
    »Wir bremsen ab«, hauchte sie.
    »Ja. Und zwar rapide«, bestätigte Karim.
    »Hast du schon den Planeten gesehen?« Das war eine dumme
Frage, das begriff sie, noch während sie die Worte aussprach.
Das Schiff bezog seine Energie aus Quantenaktivitäten im Vakuum.
So war es während des Fluges eingehüllt in eine Wolke aus
Plasma, die alle Signale von außen ausschloss.
    »Gesehen noch nicht. Aber es kann nicht mehr lange
dauern.« Karim holte tief Luft, hob eine Hand und ließ sie
in einer hilflosen Geste wieder fallen.
    … nicht mehr lange… Nicht mehr lange, bis sie
einen unbekannten Planeten erreichten, einen Planeten, der nicht den
Pelzlingen gehörte, sondern den Ranken – der dritten
Spezies, die sich in diesem Teil des Weltraums herumtrieb. Eine
außerirdische Rasse, die für die Menschen noch
fremdartiger war als die Pelzlinge. Und das Vermächtnis dieser
Ranken war der einzige Schutz, auf den die Menschen von Greentrees
hoffen konnten.
    Plötzlich sah Karim ein Bild vor seinem inneren Auge,
ungerufen und unwillkommen. Er sah seinen Großvater im
wunderschönen, längst vergangenen Garten seiner Familie in
der irdischen Stadt Isfahan. Der alte Mann rezitierte für den
kleinen Karim aus dem Koran, während der Junge
eingeschüchtert zuhörte. Die Augen des alten Mannes
loderten vor Glaube und Leidenschaft: »Jede Seele soll den
Tod kosten, und wir werden euch mit Gutem und Bösem auf die
Probe stellen, und zu uns sollt ihr zurückkehren.«
    »Komm, Lucy«, sagte Karim, »lass uns zur
Brücke zurückkehren. Wir müssen uns auf die Ankunft
vorbereiten.«

 
1. KAPITEL
MIRA CITY
     
     
    Die Feier strebte dem Höhepunkt zu, die Ansprachen standen
an, und Alex war nirgendwo zu finden.
    Natürlich, dachte Siddalee Brown missmutig,
während sie sich durch die Menge im Park schob, Alex ist nie
da, wo sie sein soll. Sie ist immer unterwegs und macht irgendetwas
anderes – vermutlich etwas Wichtiges, aber eben nie da, wo sie
gerade sein soll. Und natürlich ist es hier und jetzt
genauso!
    Und sie, Siddalee Brown, trug leider die Verantwortung dafür,
dass Alexandra Cutler zu ihren Terminen erschien.
    »Hast du Alex gesehen?«, fragte sie Salah Hadijeh. Salah
trug ein exotisches, fließendes weißes Gewand. Für
die Araber war das typisch: Sie tauchten auf Feiern in jeder nur
denkbaren Gewandung auf, nur nicht in gewöhnlicher Kleidung.
    Salah lachte auf. »Alex? Die habe ich vor zehn Minuten
gesehen, im Mausoleum. Sie war sturzbetrunken.« Er lachte noch
einmal, schwankte und hob grüßend das Glas.
    Alex trank nie, das wusste Siddalee Brown. Aber Salah hatte
getrunken! Mussten sich diese Araber nicht vom Alkohol fern halten?
Es verstieß gegen ihre Religion, hatte Siddalee gehört.
Nicht, dass es sie gekümmert hätte, aber sie nahm es als
weiteres Zeichen dafür, dass bei den jungen Leuten heutzutage so
einiges nicht stimmte. Außerdem war Salahs Hinweis wertlos:
Alex war gewiss nicht im Mausoleum, denn dort hatte Siddalee gerade
erst nachgeschaut und nicht mal jemanden angetroffen, der ihre Chefin
auch nur

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