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Crossfire 2: Feuerprobe

Crossfire 2: Feuerprobe

Titel: Crossfire 2: Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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vollkommen leer: Irgendwo vor ihnen lagen die
Höhlen, die als Sammelstellen für die Evakuierten von Mira
City dienten. Aus einem dieser Löcher hatte Lucy ihn geholt.
Verkrochen sich die Menschen immer noch dort, teilten ihre
Vorräte ein und warteten auf Befehle von Julian Martin?
    Die Sammelstellen, die der Stadt am nächsten lagen, waren
für die Alten bestimmt gewesen, für die Kranken und die
Hilflosen. Jake zweifelte daran, dass Julian Martin diese Bewohner
von Greentrees in absehbarer Zeit aus ihren Verstecken rufen
würde.
    Plötzlich fragte er sich, was wohl aus Alex’
tüchtiger und stets so missbilligender Assistentin Siddalee
Brown geworden war. Er hatte Siddalee immer gemocht.
    Ben fuhr den Geländewagen mit Höchstgeschwindigkeit. Sie
waren nun ohne Deckung und mit Infrarot gut zu erkennen. Perfekte
Ziele. Es wäre wie beim Tontaubenschießen, dachte Jake, auf einem Planeten, der ursprünglich weder
Tauben noch Waffen kannte…
    Aber bisher hatte niemand sie aufgehalten.
    Irgendwann später weckte Ben ihn erneut. Diesmal hörte
Jake die Tränen aus der Stimme des Jungen heraus, tat aber
taktvoll so, als würde er es nicht merken.
    »Hier stand Mira City, Mr Holman. Genau hier.«
    Jake schob sich schwerfällig im Sitz nach vorn. Ben hielt
unvermittelt den Geländewagen an und klappte die
Windschutzscheibe nach unten.
    Nichts. Zu Jakes Linken floss der Fluss dahin, gluckernd und
plätschernd. Die leichte Anhöhe am rechten Horizont musste
der Platz sein, an dem das Mausoleum gestanden hatte. Nicht die
kleinste Spur verriet, dass hier einmal eine Stadt gewesen war –
Häuser, Fabriken, Kraftwerke, genetische Laboratorien,
Parkanlagen, Kinder. Nicht einmal ein Schössling war
zurückgeblieben.
    Aber Bens junge Augen waren schärfer als die von Jake.
»Schauen Sie, Mr Holman – der Bodenbewuchs kommt bereits
wieder!« Er zeigte mit dem Finger hin zu der Stelle, die er
meinte.
    Ein schwacher lavendelfarbener Hauch war zu erkennen, in einer
Senke, wo der Boden feuchter sein musste. Eine erste Andeutung von
Greentrees allgegenwärtiger violetter Grasnarbe, so
unverwüstlich wie Kakerlaken. Noch zwei irdische Monate, und die
Ebene würde erneut aufblühen und Frinchen und… alles
andere einheimische Leben beherbergen.
    »Fahr zur Eisenerzmine, Ben. Du weißt, wo sie
war?«
    »Meine Mutter hat dort gearbeitet«, antwortete Ben und
lenkte den Wagen in eine Kurve.
    Das Bergwerk lag auf der anderen Seite des Flusses, abseits des
Stadtzentrums, das Jake vor seinem inneren Auge noch immer vor sich
sah. Ben fuhr mit dem Wagen durch eine tiefe Furt, über der sich
vor kurzem noch eine Brücke gespannt hatte. Nach gut einem
Kilometer erblickten sie den Eingang zum Minenschacht, ein kahles
Loch in der Flanke eines niedrigen Hügels. Das Gebäude
davor war verschwunden – das Gebäude, von dem aus Bens
Mutter vermutlich die Maschinen gesteuert hatte, die den Schacht
aushoben und nach Erz suchten. Und die Schienenbahn, die es zur
Oberfläche brachte, existierte ebenfalls nicht mehr. Es war ein
bedeutsames Unternehmen gewesen, Alex’ ganzer Stolz. Zu seiner
Blütezeit hatte das Bergwerk siebzehn Leute
beschäftigt.
    »Mr Holman, ich kann allein reingehen. Sie müssen mir
nur erklären, wo ich es finde.«
    »Ich würde gern mitkommen«, sagte Jake. Aber das
war reine Sentimentalität. Je schneller Ben und er das freie
Gelände, das einst Mira City gewesen war, wieder
verließen, umso besser. Jake war dabei nur im Weg.
    »Nein, geh du allein, Ben. Hol es. Rasch.«
    Wie von der Sehne geschnellt sprang der Junge aus dem Wagen und
lief auf das Bergwerk zu.
    Vielleicht hatte Ben als Kind hier gespielt. Vermutlich hatte er
seine Mutter dann und wann zur Arbeit begleitet und war auf dem
violetten Hang über dem Bergwerk herumgetollt. Die
Umweltanpassung hatte die Gegend von Rotem Kriecher und anderen
gefährlichen einheimischen Pflanzen gesäubert, und man
hatte gewiss auch Elektrozäune gegen Raubtiere aufgestellt. War
Bens Mutter inzwischen tot? Hatte er hier mit Brüdern und
Schwestern gespielt, die nun so tot waren wie die Stadt selbst?
    Jake kämpfte gegen die Müdigkeit an und verlor. Erneut
plagten ihn beunruhigende Träume. Lucy und Duncan und Alex und
Rudi Scherer liefen darin herum, und das Gestern vermischte sich
ununterscheidbar mit dem Heute. William Shipley, der
Quäker-Arzt, der den Kühlbehälter in einem verborgenen
Schacht der Mine untergebracht hatte, belehrte Jake: »Wir
schulden es ihnen, Freund Jake.

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