Cryonic: Der Dämon erwacht (Cryonic 1) (German Edition)
hinaus. Nach einer Weile ließ sie sich aber doch zu einer Antwort herab: »Geh davon aus, dass schon Leute unterwegs sind, um ihn zu holen.«
»Und du bist also für den Brennstoff verantwortlich?«, wandte sich Artur an den Sohn des Gouverneurs. »Bist du Ingenieur?«
»Nein«, presste er heraus.
»Deine Kammer sorgt aber dafür, dass Piter genug Öl, Kohle und Torf hat, oder? Und wohl auch Holz?«
»Nur wenn es um Holz zum Heizen geht …«
»Aber die Soldaten, die im Winter halb erfrorene Menschen aufhängen, wenn sie eine Tanne gefällt haben, unterstehen dir, oder?«
»Artur, ich bitte dich, hör auf damit!«, verlangte Arina.
Ihr Mann lief puterrot an, die anderen Verwandten und Christoph, der vorn auf dem Kutschbock saß, schwiegen. Der in eine Decke gewickelte Gouverneur stöhnte leise auf dem hinteren Sitz.
»Und du halt endlich den Mund!«, fuhr Artur sie an.
»Nicht ich schreibe die Gesetze!«, verteidigte sich der Herr Ölbaron.
»Wie alt bist du, Freundchen?«
»Siebenundzwanzig.«
»Hat Lew dich unterrichtet?«
»Nein …«
»Weißt du, wie Öl zu Benzin destilliert wird? Oder ist dir wenigstens bekannt, was man für die paar Kupfermünzen kaufen kann, die ihr den Leuten für Torf und Kohle zahlt? Bist du darüber informiert, wie viel Brennstoff die Stadt für einen Winter braucht?«
»Nein, nein und nochmals nein.«
»Wenn du den kleinen Genossenschaften schon vorschreibst, an wen sie ihr Holz zu verkaufen haben – weißt du dann, wie viele Menschen diese beschissene Regelung schon in den Ruin getrieben hat?«
»Ich führe nur meine Befehle aus!« Der Mann war kurz davor loszuplärren. »Ich habe lediglich die Entscheidungen der Duma umgesetzt …«
»Obwohl dir klar war, dass du die kleinen Händler damit zugrunde richtest? … He! Bist du taub, oder was?! Ich habe dich was gefragt, du Scheißkerl! Ich will wissen, ob dir klar gewesen ist, dass du die Menschen ruinierst?«
»Leicht ist es, nach Gerechtigkeit zu fragen, schwer dagegen ist es, nach dem Gesetz zu fragen«, murmelte der kauende Christoph vom Kutschbock aus.
»Jetzt reiß dich zusammen, Pawel!«, schrie Arina ihren Mann an. »Was jammerst du hier wie ein Weibsbild?!«
»Ja … ja, das ist mir klar gewesen …«, presste der Sohn des Gouverneurs daraufhin heraus. »Aber all das war doch nur zum Besten fürs Volk. Alle Menschen sollten es besser haben … Mein Vater hat mir die Zusammenhänge erklärt, und ich habe ihm vertraut und die Entscheidungen der Duma ausgeführt. Die musst du fragen, wieso sie diese Befehle erlassen haben.«
»Mir steht euer kollektives Verantwortungsgefühl bis hier!« Artur legte die Hand an die Stirn. »Das ist doch krank! Im ganzen Land findet sich nicht ein Mensch, der bereit ist, die Verantwortung für diese Zustände zu übernehmen! Aber gut, ich werde euch schon dazu zwingen …«
Artur hatte auch zwei Sumpfluchse mit in die Kutsche genommen. Sie drohten jetzt nach den Fersen der Familienangehörigen des Gouverneurs zu schnappen, sodass diese immer wieder die Beine hochzogen.
»Und nun zu dir!«, wandte sich Kowal an Arina. »Ich habe mich schon immer gefragt, meine Gute, was Frauen von Banditen so fühlen. Daher wäre ich dir sehr dankbar, wenn du es mir verraten würdest.«
»Pawel ist kein Bandit!«
»Nicht? Und wer ist dann deiner Meinung nach bitte ein Bandit? Derjenige, der Fußgänger in den Straßen beklaut?!«, fuhr Kowal sie an. »Gut, ganz von der Hand weisen lässt sich das nicht. Aber wäre es nicht auch denkbar, dass einige dieser Jungen einfach keinen Vater haben, der sie durchfüttert und sie mal übers Knie legt?! Das macht aus so einem Jungen kein Unschuldslamm – aber im Vergleich zu deinem Schwiegervater ist und bleibt er nur ein kleiner Taschendieb! Und dein lieber Pawlik hat alles, was das Herz begehrt, einen Vater und eine Mutter, eine behütete Kindheit mit Dienstboten und Bodyguards. Er konnte in aller Ruhe fett werden – aber selbst das hindert eure entzückende Familie nicht daran, das Volk auszubluten!«
Er atmete einmal tief durch.
»Oder nehmen wir dich, Arina Rubens«, fuhr er fort. »Ist dir inzwischen ein zweiter Arsch gewachsen?! Wenn nicht, wozu brauchst du dann zwei Schlafzimmer und fünf weitere Zimmer?! Dein Vater hat schließlich auch nie in zwei Betten geschlafen … All die Familien, die ihre Leute zum Schuften in die Stadt schicken müssen, weil sie sonst verhungern – wie können die dir nur egal sein?! Oder das, was dein
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