Zeitreise ins Leben (German Edition)
Prolog
Es war einer dieser schönen Herbsttage, warm, sinnlich und angereichert mit bunter Vie l falt. Die Bäume vor meinem Fenster schi llerten in den prächtigsten rot orange Tönen und bildeten einen her r lichen Kontrast zum strahlenden Blau des Himmels. Die Luft war klar und, trotz ihrer Frische, durchzogen vom satten Duft vergorenen Obstes. Die Zartheit des Frü h jahrs und die Kraft des Sommers vereinten sich auf natürliche Weise in diesem Aroma und umspielten meine Nase in herrlicher Reife. M o mente wie diese waren ein Fest für alle Sinne und für einen Genu ssmenschen wie mich, so wichtig wie das tägliche Essen oder der monatliche Gehaltsscheck. Es waren die eigentlich wichtigen Augenblicke im Leben, eine Mö g lichkeit zur Besinnung oder schlicht die Gelegenheit inne zu halten.
So stand ich mit einem Glas Rotwein in der Hand am Fenster und genoss die letzten warmen Sonne n strahlen des Tages. Die Klatschzeitung hatte ich schon lange beiseitegelegt, die Ablenkung nur kurz genossen. Jetzt galt es Energie zu tanken und nachzudenken, denn schlie ß lich hatte ich vor mein Leben gehörig umzukrempeln. Im Prinzip gab es dazu keinen konkreten Anlass, denn an der Oberfläche schien alles in Ordnung und eitle Wonne, So n nenschein. Doch die nagende Unzufriedenheit in meinem Inneren war nicht länger zu ve r leugnen, brodelte regelrecht im Untergrund und forderte eine Veränderung. Ich hatte keinen Partner, doch das war offenbar nicht das Hauptproblem. Es war mehr so eine schle i chende Gleichgültigkeit, die ich witterte und das Gefühl von Wertlosigkeit, das mich regelmäßig zu Boden drückte. Ich wusste, ich war an der Grenze zur Depression, versuchte ta p fer den Kopf über Wasser zu halten und mich auf die schönen Momente des Lebens zu konzentri e ren. Vor allem aber wollte ich keine Tabletten schlucken, nur um unauffällig weiter zu fun k tionieren, in einer Gesellschaft, die an Gleichmut nicht zu überbieten war. Es mus s te etwas geschehen, etwas Essentielles und Leben Verbesserndes ! Das Wie und Wann war mir noch nicht ganz klar, dafür aber die Wichtigkeit und auch das Bedürfnis, nicht nur Sym p tome behandeln zu wollen, sondern gleich die Wu r zel allen Übels zu entdecken . Eine Valium hier, ein One-night-stand dort ... das hatte doch alles keinen Bestand und schon gar keinen Sinn! Ein herrlicher Herbsttag, wie dieser, bot hingegen die Gelegenheit, den normalen Al l tag s fluss zu stoppen, einen Schritt aus dem täglichen Geschehen heraus zu machen und die Sinne zur öffnen für die Welt und ihre wu n derschönen Bilder, für ihren Duft und für ihren exzellenten Geschmack. Für mich war das der richtige Weg, um positive , befruchte n de Gedanken zu schüren , anstatt in dumme Grübelei zu verfallen.
Wenn ich mein Leben also Revue passieren ließ, kam ich zu dem Schluss, dass es mir im Prinzip an nichts fehlte. Ich hatte einen guten Job, eine nette Wohnung und sogar ein A u to, obwohl die öffentlichen Verkehrsmittel diesen Luxus nicht notwendig machten. Ich war unabhängig und vermisste dennoch den essentiellen Kick. Mit 28 war es für eine Midl i fecrisis jedoch viel zu früh und so schob ich meinen Zustand hauptsächlich auf die Anford e rungen meiner Zeit, auf das Zuviel an Nichtigkeiten, die erstickende Fülle und natü r lich ... auf die fehlende Liebe.
Frau Fontner hier, Frau Fontner dort ... liebe Elisabeth dies, liebe Elisabeth das ... so e t was gab es oft genug, doch nie hatte ich das Gefühl wirklich gebraucht oder geliebt zu we r den. Ich vermisste etwas in meinem Leben, das ich nicht genau in Worte fassen konnte, aber jeden Tag zu spüren verhoffte . Es war nicht einfach nur das Fehlen einer Partnerschaft oder einer eigenen Familie, es war bedeutend umfangreicher und subtiler. So als wäre mir der Sinn des Lebens entglitten oder gar ein Teil meines Selbst verloren gegangen. Vielleicht hatte ich irgendwann den rechten Weg verlassen, ohne es zu me r ken und war nun nicht mehr in der Lage umzudrehen oder die nächste Abzweigung zu nehmen. Nachdenklich schwenkte ich das Glas in meiner Hand und bewunderte das Funkeln des herrlich roten Weins. Was für ein Geschenk der Natur ... rubinrot und vollmundig, mit e i nem Duft aus Beeren und Eichenholz! Die Sonnenstrahlen tanzten fröhlich darin herum und ve r stärkten den Eindruck von Kraft und Leben. Ja, Momente wie diese waren kostbar! S ie
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