Cugel der Schlaue
nicht heraus! Cugel hat zweimal versucht, sie aus der Kajüte zu holen, doch statt dessen beförderten sie ihn heraus!«
Ivanello, der lässig an der Reling lehnte, warf ein: »Und welch ein erheiternder Anblick das war! Cugel schoß heraus, als wollte er über einen weiten Graben springen!«
»Sie haben vermutlich Cugels Absicht mißverstanden«, meinte Doktor Lalanke. »Ich schlage vor, wir drei versuchen es gemeinsam. Varmous, Ihr habt den Vortritt, ich folge als nächster und Cugel als letzter. Gestattet mir, die Zeichen zu machen.«
Die drei betraten die Kajüte. Die Maiden saßen schüchtern auf der Koje. Doktor Lalanke beschrieb eine Reihe von Zeichen, und fügsam verließen die drei im Gänsemarsch die Kajüte.
Verwundert schüttelte Varmous den Kopf. »Ich verstehe den Aufruhr nicht! Nun, Cugel, seid Ihr jetzt zufrieden?«
»Ich sage nur: Die Avventura wird weiterhin mit der Karawane segeln.«
Clissum zupfte am fleischigen Kinn. »Da Cugel sich zu kochen weigert, wo und wie kommen wir da zu der köstlichen Verpflegung, die Ihr uns versprochen habt?«
Boshaft sagte Perruquil: »Cugel schlug vor, daß Ihr selbst das Kochen übernehmt!«
»Ich habe wichtigere Pflichten, wie Cugel sehr wohl weiß«, entgegnete Varmous steif. »Es sieht wohl ganz so aus, als müßte ich dem Schiff einen Steward zuteilen.« Er lehnte sich über das Schandeck und rief: »Schickt Porraig an Bord!«
Plötzlich wirbelten die drei Maiden schwindelerregend im Kreis, dann führten sie ein springendes, kauerndes Ballett in verschiedenster Haltung auf und bedachten Cugel dabei mit spöttischen Blicken und frivolen Gesten. Doktor Lalanke erklärte die Bedeutung der Bewegungen folgendermaßen: »Sie drücken ihre Gefühle aus – oder vielmehr ihre Einstellung. Ich möchte lieber davon Abstand nehmen, alles genau zu deuten.« Verärgert wandte Cugel sich ab und sah gerade noch aus dem Augenwinkel einen Hauch von braunem Satin und das Schließen seiner Kajütentür.
»Jetzt hat diese Frau Nissifer meine Kajüte mit Beschlag belegt!« rief er Varmous wütend zu.
»Das geht nun denn doch zu weit!« sagte Varmous ergrimmt. Er klopfte an die Tür. »Madame Nissifer, Ihr müßt Euch schon in Eure eigene Kabine zurückziehen!«
»Ich bleibe hier, da ich die Dunkelheit brauche«, antwortete ein kaum vernehmbares heiseres Wispern.
»Das ist unmöglich! Diese Kajüte steht Cugel zu.«
»Cugel muß anderswohin!«
»Madame, ich bedauere, aber Cugel und ich müssen nun die Kajüte betreten und Euch zu Eurer Kabine bringen.«
»Ich werde eine Besudelung anbringen!«
Varmous blickte Cugel mit verwirrten blauen Augen an. »Was meint sie damit?«
»Das weiß ich auch nicht«, brummte Cugel. »Aber es spielt keine Rolle. Die Passagiere haben sich an die Karawanenbestimmungen zu halten. Dafür müssen wir vorrangig sorgen!«
»Richtig. Ansonsten fordern wir das Chaos geradezu heraus!«
»Hier zumindest sind wir uns einig. Tretet ein, ich decke Euch entschlossen den Rücken.«
Varmous zupfte an seiner Bluse, rückte den Hut auf den blonden Locken zurecht, schob die Tür auf und trat mit Cugel dicht hinter ihm in die Kajüte ... Varmous stieß einen würgenden Schrei aus und taumelte rückwärts gegen Cugel, gerade als diesem ein so ätzender, gräßlicher und durchdringender Gestank entgegenschlug, daß ihm die Zähne im Zahnfleisch schmerzten.
Varmous torkelte zur Reling, stützte sich rückwärts auf die Ellbogen und blickte benommen über das Deck. Dann kletterte er wie zutiefst erschöpft über das Schandeck und ließ sich auf den Boden hinab. Er wechselte ein paar Worte mit Porraig, dem Steward, der daraufhin an Bord stieg. Varmous gab dem Seil mehr Spielraum, und die Avventura schwebte wieder hoch.
Nach einiger Überlegung wandte Cugel sich an Doktor Lalanke. »Ich bin von Eurer Seelengüte beeindruckt und will deshalb großmütig sein. Ich überlasse Euch und Euren Mündeln meine Kajüte.«
Doktor Lalankes Gesicht wurde noch ernster als zuvor. »Das würde meine Mündel nur verwirren. Trotz all ihrer Frivolität sind sie ungemein feinfühlig und zu leicht beunruhigt. Die Backkajüte ist, wie sich herausgestellt hat, recht bequem.«
»Nun, wie Ihr wollt.« Cugel ging zum Backbord und fand, daß der Prediger Gaulph Rabi sich inzwischen in der Nissifer zugeteilten Kabine einquartiert hatte, und Porraig, der Steward, sich in der Zimmermannswerkstatt.
Cugel zischte wütend durch die Zähne. Aus einem zerlumpten Segeltuch errichtete
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