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Cugel der Schlaue

Cugel der Schlaue

Titel: Cugel der Schlaue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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zogen. Ohne ein weiteres Wort kletterte Varmous in den Wagen, und die Karawane machte sich die Flußstraße entlang auf den Weg.
    Cugel ließ seinen Blick übers Deck schweifen. Die Fahrgäste lehnten an der Reling, betrachteten die Landschaft und beglückwünschten sich zu dieser Reiseart. Fast etwas wie Kameradschaftsgeist hatte sich unter ihnen breitgemacht. Nur Nissifer, die in ungewöhnlicher Haltung neben der Luke saß, schien davon ausgeschlossen zu sein. Auch Doktor Lalanke stand ein wenig abseits. Cugel trat zu ihm an die Reling. »Habt Ihr Eure Mündel aus meiner Kajüte geschafft?«
    Ernst schüttelte der Mann den Kopf. »Sie sind seltsame kleine Geschöpfe, voll Unschuld und ohne Falschheit, und nur von ihren eigenen Bedürfnissen gelenkt.«
    »Aber gewiß gehorchen sie Euch doch!«
    Durch eine ungewöhnliche Formbarkeit seiner Züge brachte Doktor Lalanke es irgendwie fertig, zugleich verlegen wie auch belustigt zu wirken. »Das sollte man annehmen. Ich frage mich oft, als was sie mich sehen. Jedenfalls gewiß nicht als ihren Meister.«
    »Äußerst erstaunlich! Wie gelangten sie in Eure Obhut?«
    »Ihr müßt wissen, ich bin sehr wohlhabend. Ich wohne am Szonglei, unweit von Alt Romarth. Mein Haus ist aus seltenen Hölzern erbaut, aus Tirrinch, Schleierdifono, Skeel, Purpurtronk, Kamfir und Dutzend anderen. Ich könnte wahrhaftig ein Leben in Muße und Bequemlichkeit führen, doch um ihm einen Sinn zu geben und etwas zu leisten, das auch nach meinem Tod noch an mich erinnert, arbeite ich an Erläuterungen zu den Werken großer Magier. Meine Sammlung von Memorabilien und Kuriosa ist beachtlich.« Während er sprach, ruhte sein Blick auf Sprühlicht, das Cugel als Hutzier benutzte. Vorsichtig erkundigte sich Cugel: »Seid Ihr selbst ein Magier?«
    »Ach nein, dazu fehlen mir die Kräfte. Gerade daß mir ein Zauber gegen stechende und beißende Insekten gelingt, und ein anderer, um bellende Hunde zu beruhigen, doch Magie wie Eure, die ein Schiff durch die Lüfte trägt, übersteigt mein Können. Und weil wir schon davon sprechen. Dieses Ding an Eurem Hut hat eine unverkennbar starke Ausstrahlung!«
    »Es hat auch eine ungewöhnliche Geschichte«, erwiderte Cugel. »Doch die erzähle ich Euch zu einer gelegeneren Zeit. Jetzt …«
    »Natürlich! Euch beschäftigen nun die Miminnen, wie ich sie nenne. Möglicherweise wurden sie tatsächlich als solche erschaffen.«
    »Hauptsächlich beschäftigt mich, wie ich sie aus meiner Kajüte entfernen kann!«
    »Ich werde es kurz machen, allerdings muß ich weit zurückgreifen, zum Großmotholam des spätenachtzehnten Äons. Der Erzmagier Moel Lei Laio wohnte in einem Palast, der aus einem ungeheuren Mondstein gehauen war. Noch heute, wenn man durch die Grauschattensteppe wandert, kann man da und dort einen Splitter finden. Als ich die alten Krypten ausgrub, fand ich eine Schatulle mit drei Figurinen aus rissigem und verfärbtem Elfenbein, keine größer als mein Zeigefinger. Ich nahm sie nach Hause mit, um sie zu säubern, aber sie sogen das Wasser auf, so schnell es sie berührte. Schließlich legte ich sie über Nacht in die Wanne. Am Morgen fand ich die drei, wie Ihr sie jetzt seht. Ich gab ihnen die Namen Sush, Skasja und Rlys, nach den trazynthianischen Grazien, und versuchte ihnen das Reden beizubringen. Doch nie äußerten sie auch nur einen Laut, nicht einmal zueinander.
    Es sind wahrhaftig seltsame Geschöpfe, liebreizend auf ihre Art, und ich könnte stundenlang die Einzelheiten ihres Benehmens beschreiben. Ich nenne sie Miminnen, denn wenn sie in der richtigen Stimmung sind, stellen sie offenbar hunderterlei Verschiedenes dar, doch nichts, was ich verstehe. Ich habe mich daran gewöhnt, daß sie tun und lassen, was sie wollen, dafür gestatten sie mir, für sie zu sorgen.«
    »Das ist ja alles schön und gut«, entgegnete Cugel. »Doch nun müssen die Miminnen des späten achtzehnten Äons die Wirklichkeit der Gegenwart kennenlernen, die ich verkörpere. Ich warne Euch. Ich sehe mich vielleicht gezwungen, sie mit Gewalt aus meiner Kajüte zu entfernen!«
    Doktor Lalanke zuckte bedrückt die Schulter. »Ich bin überzeugt, Ihr werdet sie so sanft wie möglich behandeln. Was sind Eure Pläne?«
    »Die Zeit des Planens ist vorbei!« Cugel stapfte zur Kajütentür und schwang sie auf. Die drei saßen wie zuvor und blickten Cugel mit staunenden Augen an.
    Cugel trat zur Seite und deutete zur Tür. »Hinaus! Hebt euch von dannen! Hinweg mit euch! Verschwindet!

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