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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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spielen, wie es von Hausbesetzern erwartet wird. Sie hat dich nicht verstanden. Genau wie jetzt.
    »Okay, dann wollen wir mal. Bitte stellen Sie sich der Reihe nach an und nehmen Sie Ihre Existenzgründungsförderung in Empfang.« Ihre Stimme trieft vor gut gelaunter Ironie. Sie zieht einen Packen Geldscheine aus dem Umschlag in ihrer Hand, und es entsteht ein lachendes Gewusel um die knisternden Bündel.
    »Und Nummer fünf. Madita.« Theresas Stimme hallt nach in der plötzlichen Stille, als sie merken, dass du immer noch mit deinem Besen dastehst wie in Beton gegossen. Na los, geh schon! Geh hin, nimm das Geld und mach, dass du hier rauskommst.
    »Existenzgründungsförderung!« Zu spät. Die Zeitbombe geht los. »Kaufen lassen haben wir uns! Scheiß dreckiges Investorengeld haben wir genommen, um keinen Stress zu haben mit dem Eigentümer. Ist ja auch super, ein bisschen Kohle fürs private Glück, oder?«
    Markus schiebt sich schützend vor Annette, die ihren Blick kurzzeitig von innen nach außen stülpt und dich betrachtet wie eine ihr völlig unbekannte Spezies.
    »Und für die akademische Karriere, Frau Doktor!« Du knallst den Besen auf den Boden, aber Theresa zuckt nur kurz zusammen und hebt resigniert die Schultern.
    »Das haben wir doch schon hundertmal –«, setzt sie an und guckt zu Nikolaus, der wiederum dich anguckt, als würde er dir am liebsten den Hals umdrehen. Dann drückt sie ihm einen zweiten Packen Geld in die Hand, schnappt ihre Tasche und zischt im Vorbeigehen: »Du kannst mich gerne anrufen, wenn du wieder runter bist. Hat ja keinen Sinn so.«
    Markus legt seinen Arm um Annette, murmelt was von »Wir müssen dann auch mal« und schiebt sie schnell hinterher.
    Nikolaus ist noch unentschieden. Kurz denkst du, er wird gleich auf dich zukommen und dich in den Arm nehmen. Du fragst dich, ob du dann heulen oder ihm eine runterhauen würdest. Aber er bückt sich und hievt seinen Kartonstapel hoch. »Du musst wirklich alles kaputtmachen«, murmelt er in deine Richtung. »Ich fahr schon mal nach Hause.« Dann ist er weg.
    Du blickst dich um, suchst nach jemandem, auf den du noch losgehen kannst, um dein Level zu halten. Aber es ist niemand mehr da.
    Du lehnst den Besen an die Wand. Zeit, nach Hause zu gehen und dein Leben neu zu erfinden, bevor du dreißig wirst. Lange hin ist es nicht mehr. Es kommt dir vor, als würdest du in Zeitlupe nach deiner Jacke greifen und dich in Bewegung setzen. Als du dich ein letztes Mal umdrehst, bemerkst du, wie Hansen senior und junior hinten bei der Leinwand erleichtert ihre Brotdosen verschließen und aufstehen, um sich an die Arbeit zu machen. Für einen kurzen Moment hast du die Vision, die Diva würde ihnen auf den Kopf krachen. Aber sie lässt nur wie immer ein leichtes Klirren hören, als die Tür hinter dir ins Schloss fällt.

5 Dreck
    Seit sie die Fußgängerzone gebaut hatten, war der Dreck deutlich weniger geworden. Hinnarck starrte missmutig auf den kleinen Haufen nasser alter Blätter. Sie verklebten die harten Borsten seines Besens und er musste sich immerzu bücken, um sie mit der Hand abzumachen.
    Im Sommer ließen die Touristen überall ihre Eispapiere und Lollistiele und Sonnencremetubendeckel fallen. Hinnarck hatte immer genug zu fegen und genug zu gucken. Jetzt im Winter war der Bahnhofsvorplatz von Harmsdorf ab nachmittags wie ausgestorben. Trotzdem fegte Hinnarck jeden Montag das Stück Bürgersteig vor seinem Haus. Er machte das, seit er ein Junge gewesen war, gleich nach Kriegsende.
    Damals hatte seine Mutter immer aus dem Küchenfenster geguckt und ihn wissen lassen, dass sie sehr wohl sah, wenn er zu den anderen Kindern entwischte, die am Brunnen spielten und ihre Schilfboote schwimmen ließen.
    Automatisch guckte er nach oben. Seine Mutter war schon lange tot. Da war nur Emmas unbewegliches Gesicht hinter der Scheibe. Er wusste nie, ob sie ihn eigentlich anguckte oder nicht. Aber er sah die lange Aschewurst an der Spitze ihrer Zigarette und schüttelte den Kopf. Irgendwann würde sie das ganze Haus abbrennen und sich selbst dazu.
    Hinnarck fegte weiter. Er hielt seine massige Gestalt aufrecht, auch wenn der Wind ihm ab und zu nasse kalte Fetzen Schneeregen ins Gesicht klatschte.
    »Schönen guten Tag auch, Hinnarck!«
    Manchmal hatte er den Verdacht, dass Charlotte mit Absicht immer dann aufkreuzte, wenn er gerade die Straße fegte. Wie in einem Stück, das er schon zu oft gesehen hatte, trat sie von links auf, mit Persianer und

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