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Cut

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Titel: Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kroeger
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blasser, dünner Bursche, sah aus, als würde er gleich umkippen.
    Hinnarck versuchte sich zu erinnern, was Madita ihm erzählt hatte. Der Junge kam aus guter Familie, sein Vater war Anwalt oder Richter. Er reichte ihm die Hand und fragte sich, was er sagen sollte.
    »Ich freue mich, dass wir uns endlich mal treffen«, sagte Nikolaus. Sie setzten sich nebeneinander auf die roten Plastikstühle.
    »Ja.« Hinnarck wollte sich eine höfliche Antwort zurechtlegen, aber es gelang ihm nicht. »Maditas Mutter braucht sie jetzt. Ich hoffe, Sie unterstützen sie nicht noch mit diesen Flausen über Indien.«
    Nikolaus schüttelte den Kopf. Erst dachte Hinnarck, der Bengel würde sich über ihn lustig machen. Misstrauisch sah er ihn an. Nikolaus legte eine Hand auf seine Schulter. So saßen sie da und schwiegen.

76 Störung
    Die Ärztin sieht nach altem Hamburger Geld aus. Pferdeschwanz, dezente Perlen und eine graue Flanellhose unter dem Kittel. Vielleicht eine Enkelin der alten Frau mit dem Stock, bei der deine Oma geputzt hat. Wie von selbst fährt deine Abneigung hoch. Du hast Mühe, dich auf das zu konzentrieren, was sie sagt.
    »Wir können nicht mit der Therapie beginnen, wenn wir nicht wissen, was es mit der Psychose Ihrer Mutter auf sich hat. Ihr Vater ist – nun ja, nicht sehr kooperativ.«
    Du musst lachen. Hinnarck glaubt zwar an die Macht der Ärzte. Er sieht aber überhaupt nicht ein, was es für einen Sinn haben soll, sein ganzes Leben vor ihnen auszubreiten. »Mein Vater ist eben ein bisschen schüchtern.«
    Sie sieht dich überrascht an. Du wunderst dich selbst, wie viel Wärme in deiner Stimme liegt. Vorhin schon, als du Hinnarck gesehen hast, ist dir aufgefallen, dass es anders war als all die vorherigen Male. Wie oft du mit hochgezogenen Schultern nach Ochsenzoll geschlichen bist! Es ist, als hätte sich in den letzten Wochen in deinem Inneren ein Knoten gelöst, Stück für Stück. Und obwohl die Welt im Moment alles andere als rechtwinklig ist, scheinst du dich darin selbstverständlicher zu bewegen.
    »Ihre Mutter hat eine schwere paranoide Störung.« Die Stimme der Ärztin holt dich aus deinen Gedanken. »Wir müssen versuchen diese Störung zu begreifen. Sie fühlt sich verfolgt von einem Mann. Ein Mann, der aus dem Wasser kommt. Was könnte es auf sich haben mit dieser Figur?«
    Du zuckst die Achseln. »Davon redet sie schon, seit ich mich erinnern kann. Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Sie sind die Psychologin. Wasser, ein Mann. Daran hat sich schon Hamburgs halbe Ärztewelt die Zähne ausgebissen.«
    Du siehst, wie dein Sarkasmus sie trifft. Cal wäre begeistert. Aber kann sie was dafür, dass sie aussieht wie die Enkelin von Krambach?
    Sie scheint sich doch wirklich für Emmas Fall zu interessieren, statt sie einfach mit Medikamenten voll zu stopfen. Wenn Hinnarck schon nicht kooperiert, kannst du es wenigstens versuchen.

    Für einen Moment scheint sie dir etwas entgegnen zu wollen, dann dreht sie sich um und holt eine lederne Aktenmappe vom Schreibtisch. Daraus zieht sie ein gerahmtes Foto ohne Glas. »Natürlich stand Ihre Mutter unter Schock, weil sie Frau Doktor Weidenkamp gefunden hat. Deren Tod bereitet uns im Übrigen auch noch einiges Kopfzerbrechen, aber dazu komme ich später. Ein solcher Schock löst jedoch in der Regel keine Paranoia aus. Dieses Foto hielt sie bei ihrer Einlieferung in der Hand. Sie wollte es nicht loslassen. Wir mussten es ihr mit Gewalt abnehmen, um ihre Schnittwunden zu versorgen. Seitdem hat sie praktisch nicht mehr gesprochen. Sehen Sie es sich in Ruhe an, vielleicht fällt Ihnen ja doch etwas ein.«
    Du nimmst das Foto. Dir wird schwindelig. Ein kurzer Blick genügt. Das gleiche Foto. Hauser, Kher und Weidenkamp in Uniform.
    »Frau Junghans! Alles in Ordnung mit Ihnen?«
    Du öffnest die Augen und siehst in das besorgte Gesicht der Ärztin. »Ja, danke, es geht schon.«
    Abwartend sieht sie dich an.
    »Hören Sie, ich möchte gern mit meiner Mutter sprechen und ich brauche das Foto.«
    Sie blickt sich zweifelnd um, als suche sie nach jemandem, der ihr die Verantwortung abnimmt. »Ich weiß nicht, Ihre Mutter ist noch sehr instabil«, sagt sie zögernd. Dann gibt sie sich einen Ruck. »Also gut, ich bleibe in der Nähe. Wenn sie einen Anfall hat, klingeln Sie bitte sofort.«
    Du reichst ihr die Hand, und sie drückt sie wortlos. Langsam verlässt du den Raum und gehst über den Flur zu Emmas Zimmer. Weiter hinten siehst du Nick und Hinnarck mit dem Rücken

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